Die Reise war typisch thailändisch, eine unorganisierte Fahrt ins Blaue. Abgemacht war, daß wir um neun Uhr mit einem Ortskundigen gemeinsam fahren. Knapp nach acht erhielt Dick einen Anruf, unser Reiseführer sei bereits am uns unbekannten Bestimmungsort eingetroffen. Wir fuhren dann bei angenehmen 27 Grad Richtung Süden. Angeblich kurz nach Chom Thong wurden wir in einem Tempel erwartet. Wegbeschreibung gab es keine, außer, der Tempel liege rechts der Strasse. Wenige Kilometer nach Chom Thong steht ein markanter Hügel. Auf ihm verloren vermutlich Außerirdische vergoldete Buddhafiguren. Am Wegrand folgten zahlreiche weitere schmucke Tempel. Südlich von Chom Thong wird die Strasse 108 grosszügig ausgebaut. Die kilometerlangen Baustellen verdienten keine Erwähnung am Telefon. Nach etwa fünfundzwanzig Minuten und emsigem Nachfragen fanden wir rechter Hand eine Nebenstrasse, die nach einigen Kilometern zum gesuchten Ort führte.
Der Grund für den Besuch war eine Ordination, eine Mönchsweihe. Üblicherweise gehen einer befristete Mönchszeit Festtage im Dorf voraus. Oft sind diese Freß- und Saufgelage mit Klamauk wichtiger und dauern länger, als die effektive Dienstzeit im Tempel.
Hier war es anders. Die Novizen wurden während eines Monats auf ihre Pflichten und Aufgaben vorbereitet. Danach nahm der Abt eine Prüfung ab. Dann erst wurde entschieden, ob die Interessenten drei Monate im Tempel verbringen durften. Die Anlage lag leicht abgeschieden in einem Talkessel. Bis zur Hauptstrasse waren es vier Kilometer. Der Abt duldet keine elektronischen Kommunikationsgeräte. Die binär codierte Lehre des Willy Winzigweich ist verpönt – zu Gunsten von Tripitaka und Meditation pur. Ganz im Gegensatz zu Chiang Mai, wo in den Computerzentren zeitweise mehr Mönche anzutreffen sind, als in den benachbarten Tempeln. Zudem wird abends um acht Uhr in der Anlage der elektrische Strom ausgeschaltet.
Der Ort ist eine reine Stätte der Begegnung und der Besinnung. Es hat eine große Halle, in der die Gläubigen Predigten hören, oder dem religiösen Unterricht folgen. Vor der Halle gibt es überdachte Tische mit Sitzgelegenheiten. Ein Stockwerk tiefer liegt eine einfache, aber leistungsfähige Küche. Vergeblich sucht man nach Bauten wie:
Chedi, ein meist glockenförmiger, mit Blattgold überzogener, nach oben spitz zulaufender Turm. Prang, die thailändische Adaption von Tempeltürmen, welche die Khmer im historischen Angkorreich bauten. Prang finden wir in Anlagen aus der Sukhothai- und Ayutthaya-Zeit. Bot oder Ubosot, eine Gebetshalle, der heiligste Bezirk im Wat. Die Mönche halten dort ihre Zeremonien ab. Viharn, ein Versammlungsraum für Mönche und Gläubige. Hor Trai, ein Bibliotheksgebäude, – hier werden die heiligen Schriften aufbewahrt.
Der Abt will nicht weiter bauen, sondern nutzt mit seinen Leuten den Dorftempel . Das Dorf profitiert von den Spenden, welche dem Begegnungszentrum reichlich zufließen. Öffentliche Einrichtungen wie Schule, Spital und Tempel, werden großzügig unterstützt.
Der Obere des Dorftempels nutzt seine Stellung schamlos aus. Anläßlich der Ordination ließ dieser Abt seinen Kollegen nach einem längeren Marsch mit den Anhängern warten. Die Gläubigen sollten nach alten Überlieferungen das Bot dreimal umrunden. Er verlangte zusätzlich Geld für Treibstoff seines Fahrzeuges. Der Bedauernswerte musste seinen wohlverdienten Ausflug, ich frage mich – Freundin oder Schwiegermutter, unterbrechen. Das ist gelebter Buddhismus in Reinkultur. Das Ende der Feier verzögerte sich vom Nachmittag bis neun Uhr abends.
Der Leiter des Begegnungszentrums errichtete im Tal vor Jahren eine erste Unterkunft. Es war ein schroffes, steiniges Gelände. Die Bäume fielen vor langer Zeit Gewinnsucht und Kahlschlag zum Opfer. Die Hitze flimmerte von den Felsen. Der Mann betete nicht nur. Er arbeitete. Er pflanzte Bäume, legte Wasserleitungen und entfernte Geröll im steinigen Bachbett. Daduch entstanden Teiche für die Fische. Sein Lebenswandel beeindruckte einige denkende Menschen. Sie wollten von seiner Weisheit und Güte profitieren. Dann wurden weitere Unterkünfte gebaut. Er benötigt Schüler und Helfer, denn immer wieder gibt es Brandstifter im Tal, und Fischdiebe, die den Eindringling mit allen Mitteln verscheuchen wollten. Er ist gütig und führt ein offenes Haus. Trotzdem erfährt er wiederholt aufs Neue, wie seine Gäste stehlen und wie ungefestigte Schüler vorzeitig davonlaufen. Seine große Stärke ist, er unterwirft sich demütig dem Tyrannen des Dorftempels.
Danke Low für diese Geschichte.
Sie erinnerte mich an Profuuu´s ernsthafte
Erzählung über seine Zeit als „Shorttime Buddha“.
Ich hoffe, es geht ihm gut und er schreibt dann auch
hier mal einen Kommentar.
Gruß, kmr