Wenige Wochen genügten, um aus einem hoffnungsvollen Kind einen dorfüblichen Durchschnittstrottel zu formen. Sein Englischwortschatz ging überraschenderweise komplett verloren!
Anstelle, daß er zusätzlichen Stützunterricht erhielt, unterrichtete er kleinere Kinder.Für diese Niedertracht bezahlten wir. Als wir den Knaben nicht mehr zur Abendschule sandten, behielten andere Eltern ihre Kinder ebenfalls im Haus. Die Schule schloß so schnell, wie sie entstanden war. Sie war bloss ein behender Nebenerwerb bedürftiger halbschlauer Lehrkräfte. Sie verloren das Gesicht. Sie zogen aus.
Liebe Leute und ein noch lieberer Onkel erklärten dem Knaben während unserer Abwesenheit, wir seien zu hart mit ihm. Ein Kind müsse täglich mindestens 8 Stunden fernsehen. Knatternde Bleispritzen, hysterische Schreie, hektoliterweise Blut, topfweise Schminke und grellbunte Kostüme anstelle von Hirn, das sei Kultur. Hausaufgaben seien nur für extreme Dummköpfe. Zum Lernen gebe es die Schule. Die Unkrautsamen fielen auf fruchtbaren Boden.
Als drittklassiger Ausländer und Wissensvermittler hatte ich dank der uneigennützigen Aufklärung vollständig verspielt. Der Knabe demonstrierte seine neuen Kenntnisse durch absolute Interesselosigkeit. Der Kopf nickte bei den Monologen wie ein Sekundenzeiger, Fragen beantwortete er nicht mehr, langsam bis gegen drei Zentimeter über die Tischplatte. Bat ich ihn, etwas zu berechnen, zeichnete er. Wenn er eine Zeichnung anfertigen sollte, legte er sich aufs Ohr. Auf Schritt und Tritt zeigte er mir meine Ohnmacht. Ich bestrafte ihn höchstens durch Ignorieren seiner Unaktivitäten und schenkte ihm weder Essen noch andere Aufmerksamkeiten.
Er versuchte, die Bettruhe zu umgehen und verstopfte sich mit teurem Tütenfutter. Er vergaß sämtliche Tischmanieren und heuchelte Appetitlosigkeit. Während Wochen bemühten wir uns, die Beziehungen zu normalisieren.
Gänzlich unhaltbar wurden die Zustände, als sich zusätzliche Personen aus der lieben Familie im Beauty Salon niederließen. Unkontrolliert nächtelang Fernsehen und schändliche Computerspiele wurden der ganze Lebensinhalt eines Kindes. Hilflos und betrübt sah ich dem Treiben meist schweigend zu. Er beobachtete durch sogenannte Respektspersonen ausgeführten Diebereien im Dorf. Familienmitglieder und Großmutter beklaute den Eindringling, den Farang, erfolgreich und folgenlos.
Die Einbrüche zwei Jahre nach erfolgter Hirnwäsche waren nur die logische Fortsetzung des Dramas. Gedankenlos pokerte er, um zu gewinnen. Er verlor seine Gesundheit erneut. Als er beim Essen bleich und müde etwas von Schlafstörungen faselte, brachte ihn Dicks Sohn gleich ins nächstgelegene Krankenhaus. Die Ärzte verordneten wie üblich, reichlich Paracetamol. Nach wochenlangem nächtlichem Computergebrauch flackerten seine epileptischen Symptome wieder auf. Zwölf Stunden pro Nacht am PC schaffte er leicht. Er spielte, bis er in der Schule zusammenbrach. Als die Lehrer handelten, einer schlug fast zufällig seine Krankengeschichte auf, brachten sie ihn in die richtige Klinik. Keck belog er die Ärzte. Er spielte bis zu unserer Rückkehr mit wenigen Ausnahmen jede Nacht. Dicks Sohn entdeckte eines Abends eine Ursache des Leidens und verprügelte den dummen Einbrecher. Das half nicht einmal vierundzwanzig Stunden.
Er gab nichts zu. Er leugnete alles. Ein Gefiederter aus der Familie der Chromstahlspechte pickte an der Stahlstange, bis sie wie ein dürrer Ast brach! Dann behauptete er, er hätte nur meinen PC benutzt. Nach einer Woche kleiner Reparaturen im Hause, bemerkte ich das Fehlen einer Seitenverkleidung an Dicks PC. Sorgfältig startete ich das Gerät und mußte das Datum des Einbruchs um einen Tag vorverlegen. Computer zeichnen dummerweise fast alles auf, vor allem beim Installieren von Programmen. Die Einträge zeigten, daß er am 25. Mai um 16 58 eine Installation von Sun, Oracle beendete und dann bis am 26. Mai 04 18 mit der Maschine beschäftigt war. Die temporären Dateien enthielten noch sämtliche Files, die er anschaute. Da er die Pornofilme auf Mutters Maschine schlecht wiedergeben konnte, wechselte er am Tag darauf auf meinen PC, obwohl sein Laptop für Filmwiedergaben aller Art geeignet war. Dort wirkten wohl Viren.
Dick berichtete niemandem über die Delikte. Es könnte ja ein schlechtes Licht auf uns werfen. Gleichzeitig liess sie sich von den Lehrkräften erpressen und besucht jeden Freitagnachmittag die Schule, angeblich um mit dem Knaben zu arbeiten.
Den Ärzten im Spital geht sie aus dem Weg, um keine Aussagen machen zu müssen. Statt dessen sendet sie ihren Sohn mit dem Übeltäter in die Klinik. Sie kontrolliert jedoch den Bengel spät Abends und morgens um sechs, ob er schläft, oder die Schule besucht. Wie lange dauert es, bis sie begreift, dass das Vertrauensverhältnis zerstört ist. Mit vierzehn Jahren ist es reichlich spät für erzieherische Maßnahmen in einem schlecht geeigneten Umfeld. Solange er nicht ehrlich sämtliche Taten zugibt und bereut, sehe ich keine gemeinsame Zukunft.
Während der Rückreise diskutierten wir, dem Knaben noch eine Gelegenheit zu geben. Fehler begehe schlußendlich jeder. Ich war bereit, zu verzeihen und einen Neubeginn zu wagen. Die angetroffene Situation lässt vorläufig eine erneute Zusammenarbeit nicht zu.
Ich schaue mir das Trauerspiel wortlos an und passe auf, daß ich nicht versehentlich unter einen LKW gerate oder plötzlich Rattengift im Essen habe. Die harten Gepflogenheiten im Dorf sind mir bekannt. Besondere Vorsicht ist empfohlen, weil da ein einst vermögender, nun skrupellos gieriger Onkel unsichtbar im Hintergrund irgend welche Fäden zieht. Die halbe Familie, eingeschlossen Hundezüchter und Großmutter, dient in Onkels Truppe.
Die Geschichte ergänzt meinen Artikel “Vertrauen“ vom 23. Mai 2012. Ich verlor einige Illusionen. An deren Stelle häufte sich zusätzlich Mißtrauen an.
Das sind Zeilen, die nahtlos übetragbar auf sämtliche Gegenden der Welt zutreffen könnten, und, so glaube ich, nicht spezifisch für Deine Gegend so typisch sind.
Mit solchen, oder ähnlichen Problemen pubertierender Jugendlicher haben sich, so glaub ich zumindest, schon Generatoren von Eltern herumschlagen müssen.
Ist sicher nicht lustig, wenn man ja sozusagen nur das Beste will, aber bleib auf Deinem Weg mit Leistung erbringen, und dann Belohnung. Wenn nicht, dann……….nichts……
Patentrezept wird es keines geben, aber glaube ganz einfach an das Gute im Menschen, auch bei diesem Jungen, und gib ihm, wenn auch unter Voraussetzungen die er wissen soll, eine Chance. Ich denke, es wird sich lohnen, und wenn nicht, kannst Du Dir zumindest nichts vorwerfen.
Und mit dem Onkel würd ich es wie Napoleon halten: Wen man nicht besiegen kann, mit dem sollte man sich verbünden. Ich glaube der gute Mann ist froh, wenn wer für ihn die Verantwortung oder die Denke übernimmt.
Ich wünsch Euch alles Gute
Samuispezi