Fortsetzung
Dann versuchte ich, den beschlagnahmten, elektronischen Schlafverhüter zu starten. Es ging harzig, mit Fehlermeldungen: Kein freier Speicher. Die Festplatte ist in vier virtuelle Laufwerke aufgeteilt. C: ist eigentlich für das Betriebssystem und häufig benötigte Programme reserviert. Trotz wiederholter Einführung und eingehenden Erklärungen, müllte der vergessliche Benutzer C: einmal mehr unbeirrt mit gigabyteweise Musik zu.
Vier Megabyte Speicher enthalten drei Minuten MP3 Musik. (MP3 nutzt die Psychoakustik mit dem Ziel, nur die bewusst hörbaren Audiosignale zu speichern. Dadurch ergibt sich eine starke Reduktion der Datenmenge. Eine Compact Disc könnte das Achtfache in MP3 Kompression speichern.) Ein Gigabyte speichert 250 Titel, mal drei ergeben 750 Minuten, gleich 12,5 Stunden Lärm und Geräusch. 10 Gigabyte berieseln 125 Stunden, immerhin 5 Tage, nonstop
Ohne jegliche Selektion speicherte er jeden Mist, doppelt und dreifach. Nicht auf den fast leeren Partitionen D:, E:, oder F:, sondern auf C: – bis nichts mehr ging. Heutige Festplatten für Süchtige und Filmfreunde haben Speicher im Terabyte Bereich!
Nach dem Entschrotten schaute ich die Benutzungszeiten des Gerätes genau an. Der listige Dreckskerl startete üblicherweise nach Mitternacht, oder wenn bei uns im Haus die Lichter ausgingen. Er benutzte das Gerät bis 4 Uhr morgens. Zwei Stunden Schlaf reichten dann für die Regeneration seines ausgebrannten Betriebssystems nicht mehr aus.
Irgendwoher kriegte er einen Internetzugang. Meinen bestimmt nicht. Ich schraubte für den Hausgebrauch beim dLink die Antenne ab. Die Reststrahlung genügt für die Innenräume.
Eine weitere Überraschung zeigten Email und soziale Netzwerke mit dreitausend empfangenen Mitteilungen pro Monat!
Der Inhalt: Links auf Porno, Spiele, YouTube und MP3. Fingern an Smartphones macht aus Hohlköpfen Giganten!
Hundert Prozent meist fehlerhafte Kommunikation in Thai. Nach einem einzigen Satz waren Gehirn und Finger überfordert. Zwei Drittel der Botschaften stammten von Mädchen mit der wichtigen Aussage: “Muschi und ich benötigt Freund.“ Nach mehreren Dutzend ähnlichen Botschaften, verweigerte begreiflicherweise die überforderte Dolmetscherin den Dienst.
Unsere Lösung: Zwecks Förderung der Nachtruhe verschenkten wir seinen Laptop. Er benutzte in den letzten Monaten kein einziges der Office- oder anderen Programme. Unsere Mails aus Europa beachtete er nicht.
Er erhält bei guter Führung einen MP3 Spieler mit 4 Gigabyte. Der muss seinen sämtlichen zukünftigen Anforderungen genügen.
Ich bin kaum besser. Mein Bewusstsein sagt: Blog ist höchstens Edel Spam! Wenige Artikel sind lehr- und hilfreich. Andere amüsant, langweilig und unnötig. Bisher konnte ich in und mit Hinterindien einige Menschen vor Schaden bewahren. Viele lachten, wenige dachten. Darum blogge ich vorerst unverzagt weiter. Zumeist vor Mitternacht.
http://de.wikipedia.org/wiki/MP3
http://de.wikipedia.org/wiki/Psychoakustik
http://www.koepenick.net/mp3.htm
Facebook:
http://www.blick.ch/news/ausland/15-jaehrige-von-auftragskiller-ermordet-id2007176.html
Die Regierung scheint betreffend Facebook den Angestellten grosse Freiheiten zu gewähren: http://www.bangkokpost.com/news/local/311386/interior-ministry-bans-facebook-use
Hallo Rolf
Ich bin kaum besser
Deine analytische Selbstkritik zeichnet Dich aus!
Viele lachten, wenige dachten.
Dies ist eine Kernaussage, nicht nur für Deine Leserschaft !
Ich danke Dir für den „Edel Spam“ und nicht verzagen vor Schaden zu bewahren.
Hinterindien ist eigentlich überall, wenn man richtig hinsieht und hinhört!
Gruß Klaus
Hallo Klaus,
Stichwort Selbstkritik (anal).
Seitdem ich ein Ultrabook besitze, tippe ich öfters an einem eher stillen Örtchen.
(Nachdem mein Arbeitsraum schändlich missbraucht wurde.)
Dem Ort, wo bei Wolfram von Gästen mangels Bibliothek Bücher gelesen werden.
Danke für die ermutigenden Zuschriften.
Grüsse aus Phitsanulok, Low