Der Abt von Wat Sala ist achtzig Jahre alt. Frühmorgens um vier weckt er seine Untergebenen nicht mit lauten Gongschlägen oder hecktischem Glockengebimmel.
Er wischt mit einem Besen gleichmässig ruhig in der Tempelanlage. Von vielen Bäumen fallen täglich Blätter. Totes Geäst kracht zu Boden. Nach kurzer Zeit finden sich alle Mönche zur gemeinsamen Arbeit unter den Bäumen.
Nach dem Duschen wandern die Mönche in die Dörfer und holen sich die Tagesrationen von den Gläubigen. Unser Mönch war täglich etwa neunzig Minuten barfuss unterwegs. Mein bescheidener Beitrag an die Ernährung waren italienische Nudeln (Eliche) mit Wurstsalat. Irgendwann vor acht teilen sich die Männer das Frühstück.
Der Vorsteher gestattet seinen Mönchen keine zeitgemässen elektronischen Kommunikationsmittel. Wer unbedingt Rauchzeichen von sich geben will, erledigt das ausserhalb der Mauern.
Etwa achtzig Teilnehmer, bedeutend weniger als die Dreihundert beim Zechen mit Karaoke, fanden Zeit und Weg zur Ordination. Ich umrundete den heiligen Bau dreimal im Uhrzeigersinn und schleppte als Vaterersatz die Opferschale des zukünftigen Mönches.
Der leibliche Vater wurde aus mehreren Gründen nicht eingeladen. Er behauptet von sich, er sei ein gläubiger Christ. Auch als Christ hätte er gegenüber seinen Kindern Pflichten gehabt. Er kümmerte sich nie um seinen Nachwuchs. Er bezahlt keinen Baht Unterhaltbeiträge oder Schulgelder. Dafür zeugte er als provinzweit bekannter Gratis-Samenspender mehrere aussereheliche Kinder, für die er ebenfalls nichts übrig hat. Anlässlich der Scheidung vor einigen Jahren quetschte er das Möglichste aus seiner einstigen Gattin. Der absolute Hammer war, als er vor etwa einem Jahr Söhnchen und dessen Partnerin jammernd um hunderttausend Baht erpresste, weil er sterbenskrank sei. (1) Er hatte jedoch bloss akutes, nicht auszuschliessen durch Viagra ausgelöstes Stengelfieber. Dagegen ehelichte er als bekennender Christ inoffiziell, nur mit Saufgelage, eine sechzehnjährige Laotin. Trotzdem besuchte er unser Festmahl, in seinem Falle das freie Gruppensaufen. Seine junge Schönheit liess er wohlweislich im Hotel zurück.
Am Freitag wurde unser Mönch nach nur sechs Nächten vom Abt in einer würdigen Zeremonie aus dem Tempelleben verabschiedet. Der Vorsteher öffnete, anders als am Samstag, für vier Personen seinen Prunksaal und unterhielt sich mit dem komischen Farang. Eine strenggläubig fette Kakerlake fühlte sich durch das plötzlich flutende Sonnenlicht und die unerwünschten Eindringlinge in ihrem Reich gestört.
Anschliessend an die schlichte Feier wurden wir Zeugen einer Prozession zwecks Kerzensegnung. Einige Unentwegte schleppten sogar Leuchtstofflampen in den Tempel. (2)
Nach zwei Wochen harter Vorbereitungen wurde unserem Publikum eine mehrtägige tolle Show geboten. Der Einritt in den Tempel wäre mit einem Elefanten oder gar auf einem Krokodil weit spektakulärer gewesen. Über die erworbenen Verdienste der Teilnehmer im Nibbana bin ich allerdings ahnungslos.
(1) http://wp.me/s2ljyL-ipenis
(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Leuchtstofflampe
Bullshit-Index :0.14 Ihr Text zeigt nur geringe Hinweise auf ‚Bullshit‘-Deutsch.
Hallo Low, da ging die Geschichte ja trotz aller Geschmacklosigkeiten nicht ganz katastrophal aus. Mal wieder ne Frage: Wenn das gewonnene Karma-Plus auf den Arbeitgeber abfärbt, gehen dann einmal im Jahr ganz viele Angestellte ins Kloster – sozusagen als Social Corporate Responsibility Event? Und gibt es sowas wie eine Halbwertszeit der erworbenen Verdienste? Fragen über Fragen. Grüße. Leo
Danke Leo für die Fragen.
Eigentlich sind sie mit meiner Aussage: “Über die erworbenen Verdienste der Teilnehmer im Nibbana bin ich allerdings ahnungslos“, mindestens teilweise beantwortet.
Ich werde mich bemühen, im nächsten Beitrag konkretere Antworten zu geben. Es gibt noch einige Bilder aus Wat Sala, die ich gerne mit den Leser(innen) teilen würde.
Grüsse aus dem Wunderland, (man wundert sich dauernd mehr)
Low