Neue
Allgemeine Geographische
und Statistische
EPHEMERIDEN
Redigirt
von
dem Prof. Dr. G. Hassel
Weimar, im Verlage des Landes- Industrie Comptoirs
XXII. Bandes viertes Stück 1827
(Nouvelles Annales des Voyages. Fevrier 1826.)
Derjenige Theil von Borneo, welcher der ganzen Insel den Namen, den sie bei den Europäern führt, gegeben hat, ist von den Eingeborenen Brunai genannt, welches ohne Zweifel eine ursprüngliche und einheimische Benennung ist.
Wenn der Flächenraum eines Landes dessen Macht alleine ausmachte, so könnte das eigentliche Borneo für eines der ansehnlichsten Reiche in Asien gehalten werden; denn seine Küsten sind wenigstens 700 Meilen lang und es ersteckt sich 100 bis 150 Meilen in’s Innere; es ist im Westen durch das Gebiet Sambas begränzt; die Gränze von dieser Seite, gegen das Meer zu, ist Tanjong-data (3°N.Br. 110° 36‘ östl. L.). Im Osten gränzt es an das Königreich Suluh und die Mündung von Sandakan (5° 50‘ N- Br., 118° 15‘ O. L.) bildet die Gränze. Im Süden stösst Borneo an die von wilden Stämmen bewohnten Theile der Insel: die mächtigsten dieser Stämme sind die Kayan, die Dusum, die Murut und die Tatao.
Diese blutgierigen Menschen finden Vergnügen daran, Fremden den Kopf abzuschlagen, und sind stolz über die Menge der Schädel, die sie aufhäufen; je grösser die Anzahl solcher Siegeszeichen ist, welche sie ihren Nachkommen überlassen können, desto mehr werden sie geehrt.
Zu Borneo gehören die Inseln Malawelli, Bangghi, Balanbagan, wo die Engländer ehemals zu zwei wiederholten Malen eine Niederlassung gründeten, und deren wahrer Name Berobangan, Balabak und Babullan ist. Sie haben mehrere schöne Häven, welche für den Handel mit China, den Philippinen und den Borneo benachbarten Inseln günstig gelegen sind. Da war es, wo der berühmte Geograph Alexander Dalrymple die wenig anwendbare Idee fasste, die Hauptstadt eines grossen polynesischen Reiches anzulegen; dieser Plan ist, obgleich oft erneuert, in Bezug auf jeden Theil jener Inselwelt schlecht berechnet, wenn man Java ausnimmt und vielleicht nach zwei oder drei Jahrhunderten Neuholland.
Borneo enthält mehrere schöne Flüsse, die für ein Land, dessen Bewohner eine höheren Grad von Civilisation erreicht hätten, als zu dem diese Insulaner gelangt sind, dem Gedeihen des Ackerbaus und des Handels sehr erspriesslich seyn würden. Die grössten sind der Rayung und die Batavia, welche nach Sibita, Hauptstadt der Kayan, die den mächtigsten und rohesten Stamm von Heiden auf der Insel bilden, hinführen; der Mahari, welcher, ebenso wie die beiden vorhergehenden, seine Mündung an der Nordküste hat; der Borneofluss, auf welchem in einer Entfernung von zwanzig Meilen vom Meere Schiffe von 800 Tonnen Last segeln können, und der Sandakan oder China-Batangun auf der Nordküste der Insel.
Neuere Erkenntnisse über Borneo:
Lage: 0° S, 114° O
Fläche: 751.936 km²
Küsten: 4971 km lang
Länge: 1366 km
Breite: 1026 km
Vorgelagerte Inseln: nördlich – Pulau Balambangan, Pulau Banggi, Pulau Malawali und Pulau Matunggong, östlich – Pulau Jambongan und Pulau Tigabu, südlich -Pulau Bohayan, Pulau Tabawan, Pulau Timbun Mata, Pulau Mata Pahi, Pulau Bohey Dulang, Pulau Omadal und Sebatik.
Ich arbeite an einem aktuelleren Bericht über Sabah, Borneo. Die Ermittlungen sind zeitraubender, als ich erwartete. Darum publizierte ich Professor Hassels Übersetzung aus dem Französischen von 1826.