Unter dem Titel “Sinnlichkeit und Würde“ grübelte sich Herr Stv. Chef-Redaktor Marti, mit von Tablets geschädigten Fingern, einen letzten Rest Schmalz aus dem Hirn und schrieb: (1)
Die rasante Verbreitung von Tablets befreit die Menschheit endlich von der Knechtschaft durch Maus und Tastatur.
Einige Kommentare dazu:
„Sinnlichkeit und Würde“? Eher schmierige Benutzeroberfläche…
“Wenn man produktiv arbeiten will, kommt man nach wie vor nicht um einen PC herum.“
“Ich fühle viel eher eine Befreiung wenn ich nach längerer Benutzung des Tablets wieder an einem richtigen Computer arbeite – mit Maus und Tastatur.“
In Hinterindien sind Tablets nichts anderes als teure technische Spielzeuge. Jegliche ernsthafte Nutzung entfällt. Eigentümer fotografieren fleissig. Die Fotos auf Datenträgern speichern oder als Mail versenden, überfordert sie.
Vor wenigen Tagen sassen im Schankbetrieb zwei herausgeputzte, strahlende, junge Frauen neben einer Flasche Wein . Ob es Jungfrauen waren, soll hier nicht diskutiert werden. Sie kauften sich, neben Frisuren, Schuhen, und modischer Kleidung – neue Tablets. Weil sie noch nichts anderes damit anfangen konnten, benutzten sie ihre High-Tech Geräte als – Schminkspiegel!
Mit alten, ausgeleierten, teils gefühllosen oder schmerzenden Fingern und Gelenken, ist es eine Qual, Bildschirme als Eingabegeräte zu nutzen. Kürzlich dachte ich, das Global Positioning System, GPS, sei defekt. Es wäre ja kein Wunder, wenn Elektronik bei tropischen Temperaturen hinter Glas im Fahrzeug nicht überlebt. – Nein, meine grobschlächtigen Finger waren am falschen Ort. Das Gerät funktionierte.
Trotz der Möglichkeit von Spracheingabe, ziehe ich Handarbeit auf einer grossen Tastatur vor. Ein Problem ist, ich spreche schneller als ich denken kann. Dabei ist meine Sprechgeschwindigkeit rein herkunftsbedingt – als Berner – eher langsam und bedächtig. Einer meiner ersten Schulberichte enthielt den Vermerk: „Spricht langsam und schwerfällig!“ Die Synchronisation von Hirn und Maul klappte nie. Wesentliche Fortschritte im Laufe der Jahre bemerkte ich nicht.
Von der Sprache her, bin ich in LanNa Land am falschen Platz. Hier schnattern die Menschen – nicht einmal leichtsinnig, sondern komplett sinnbefreit – schnell drauf los, ohne je das Hirn zu benutzen.
Nach zwei Minuten erinnern sie sich an nichts mehr, was sie erzählten. Deshalb gibt es keine Lügen. Für ihre Handlungen und Taten sind sie nicht verantwortlich. Man funktioniert einfach gedankenlos: sei es Arbeit, Nahrungsaufnahme, Versäuberung oder Geschlechtsverkehr.
Diese autonomen, automatisierten Abläufe fördern das hinterindische Multitasking, die gleichzeitige Ausübung mehrerer Tätigkeiten – nicht nur im Strassenverkehr. Man kann während der Verrichtung der Notdurft zusätzlich essen, trinken, telefonieren, rauchen und onanieren. Bananen, Rüben und Gurken verirren sich gelegentlich in eher unübliche Körperöffnungen. Ist der Griff zu landwirtschaftlichen Produkten durch das Dildo-Verbot in Thailand begründet?
Telefone verbinden sich plumpsender Weise selbsttätig mit Fäkalien. (2, 3,4) Eine Arbeit darüber – aus den USA zeigte: Über 90 Prozent der Menschen mit Geburtsdatum ab 1982 bringen das Handy zu ihren vertraulichsten Sitzungen. Immerhin 60 Prozent schreiben damit. 19 Prozent lassen ihr unentbehrliches Kommunikationsmittel ins Klo fallen. In Japan witterte man eine Marktlücke: Ingenieure konstruierten wasserdichte Smartphones für unheilbare Triebtäter(innen). (5)
Warum Schreimaschinen? Eigentlich schrieb ich Schreibmaschinen. Aber diese Kommunikationsinstrumente werden von Menschen in meiner Umgebung vorwiegend zur Wiedergabe von Filmen benutzt. Dialoge in Porno, Horror, und Kriegsfilmen reduzieren sich auf Schreie. Der zweite Grund ist, die Leute erliegen den Verlockungen des ungebremsten Konsums und suchen ständig nach dem letzten Schrei der Technik.
Schluss folgt.
(1) http://www.derbund.ch/digital/mobil/Sinnlichkeit-und-Wuerde/story/15260612
(2) http://www.beobachter.ch/geld-sicherheit/versicherungen/artikel/versicherung_handy-im-wc-orange-will-nicht-zahlen/
(3) http://de.wikihow.com/Ein-nasses-Handy-retten
(4) http://www.viralblog.com/mobile-and-apps/toilet-talk-cell-phone-usage-in-restrooms/
(5) http://wp.me/p2ljyL-O1