Herr Zopf, seit zwanzig Jahren ordentliches Mitglied der Bezirks-Bäckerinnung, ein Bäckermeister mit Kompetenz und Meisterbrief, erhielt vom Stiftungsrat des Vereins einheimischer Wirtschaftsförderer ein zinsfreies Darlehen, um in unserer Gemeinde eine Bäckerei zu betreiben.
Als der Laden nach zweihundertzweiundzwanzig Einsprachen der insgesamt eintausendachthunderfünfundachzig Einwohner endlich eröffnet wurde, gab es eine würdige Feier mit Blumen, Dorfmusik, Ehrendamen, Fahnen und Turnverein. Weil es an Menschen mangelte, kam es vor, dass Musikanten im Turnverein aktiv waren. Zum Ausgleich blies eine einladend attraktive Ehrendame mit ausladenden Lungenflügeln die Tuba.
Weiss behandschuhte Polizisten in Sonntagsuniform, wühlten zweihändig dämonisch im Verkehrssalat. Die goldene Sonne, sandte voller Wonne aus dem blauen Himmel Licht, um unnötige Verkehrsschilder der Schildbürgergemeinde besser sichtbar zu machen und die Festgemeinde zu erquicken.
Der Geschäftsführer der eigennützigen Stiftung ergriff nach einem rassigen Marsch der dörflichen Hoch- und Deutschmeister (1) das Mikrofon und dozierte mit sonorer Stimme:
„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
nach jahrelangen Bemühungen des Kreiskaminfegermeisters Schwarz-Negri, von Herrn Zinsli, Bank-Direktor, unserer geschätzten Ärztin, Frau Doktor Verena Blasenstein, des aalglatten, entschuldigung – ich wollte sagen, – sauglatten Fahrzeughändlers Franz von Schrott-Stahl, dessen laufend hochschwangeren Gattin Elvira, … Hallo Franz – und meinerseits, als vorausblickendem Grundstückspekulanten und Gemeindevorsitzenden, gelang es uns mit vereinten Kräften, mitten im idyllischen Dorfkern einen Quell für frische Backwaren zu schaffen. Die Gesundheit unserer Bevölkerung und das Wohlergehen der Steuerzahler liegen uns am Herzen.
Ich wünsche Herrn Zopf, Bäckermeister mit Kompetenz und Meisterbrief, alles Gute für die nahe Zukunft. Für die weitere Zeit denken wir bereits an eine Verzinsung von zwanzig Prozent pro Jahr.
Danke! … Hiermit übergebe ich das Mikrofon unserem zukünftigen Brötchengeber!“
Applaus der auf frische gratis Semmeln wartenden Menge, Tusch der Blechbläser.
Herr Bäckermeister Zopf, mit Kompetenz und Meisterbrief, wirkte reichlich nervös und rezitierte mit mehlig belegter Zunge teilweise ab Blatt:
„Liebe Damen und Herren, liebe Kinder, Bädchen und Murschen, hochverehrte Wirtschaftsförderer und Fördererinnen, hochwohlgeborener Herr Gemeindepräsident,
es ist mir eine grosse Ehre, die Gemeinde in Zukunft mit frischen, biologischen Backwaren aus B.. Bodenhaltung zu versorgen. Mein Sortiment wird nicht nur Semmeln und diverse B.. Brotsorten, sondern auch Zopf, die Schweizer nennen es Züpfe, mit einem Teig bestehend aus Weissmehl, Eiern, frischer Milch und reiner Butter, umfassen.
Auf Weihnachten gibt es dann als besondere Überraschung köstliche Honig-Lebkuchen!*
Dennoch, … unsere traditionellen Brotzeitsemmeln sind in Gefahr. Viele Menschen gehen aus Kostengründen in Backshops und zu Grossverteilern, wo nur noch tiefgefrorene Teiglinge aufgebacken werden.
Unsere Bäckerei arbeitet die Teige von Hand auf. Traditionelle Handarbeit ist leider teurer als aufgebackene Inn.., Industriesemmeln. – – – Der festliche Augenblick verschlägt mir die Sprache. Deshalb bitte ich unseren Mitbürger und Geschichtenerzähler Low um einige ofenfrische Worte zum Brot. Herzlichen Dank an alle Festteilnehmer und speziell an meine zukünftige Kundschaft.“
Applaus der auf frische gratis Semmeln wartenden Menge, Tusch der Blechbläser. Trommelwirbel, Blechtrommel von Grass. (2)
Gänzlich unvorbereitet trat ich mit zitternden Knien aus dem Publikum auf die Bühne.
Tusch der Blechbläser, Trommelwirbel. Eine reichlich parfümierte, üppige Ehrendame im enganliegenden Kleid, die mir flüchtig, um so intimer, bekannte Geschäftsführerin des Erotikclubs, knallte mir einen Begrüssungskuss ins Gesicht. Die Knie wurden, nachdem sie bereits zitterten, weich wie Brotteig, während sich irgend etwas versteifte wie ein Pariserbrot.
Ein kleines Mädchen, die blonden Haare in lange Zöpfe geflochten, überreichte mir lächelnd mit Zahnlücken, einen bunten Blumenstrauss mit Schleife. Ich wusste nicht, wohin damit – mit dem Blumenstrauss.
Schluss folgt, ich muss ja überlegen, was ich sagen soll.
(1) http://www.youtube.com/watch?v=MsQOfjYJz9Q
(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Blechtrommel
Honig-Lebkuchen*
(r) http://www.rezeptewiki.org/wiki/Honig-Lebkuchen
Die folgenden Reszepte enthalten, (pfui Teufel), Margarine!
(r) http://en.wikipedia.org/wiki/Berner_Honiglebkuchen
(r) http://www.kochbar.de/rezept/68478/Berner-Honiglebkuchen.html
Nur ein enziges Wort: ERSTKLASSIG!!!!