Am Montagabend, 5. Mai 2014, um 18 08 bestand unser Haus in der Nähe von Hangdong eine echte Zerreissprobe. Wir hielten uns im Badezimmer auf, als das Haus zu schütteln und schaukeln begann. Ich schrie Dick an:
„Lauf hinaus in den Garten, schnell, Erdbeben!“
Als nicht italienischer oder koreanischer Kapitän trug ich für meine Passagierin eine gewisse Verantwortung.
Während zwei Minuten, einer gefühlten Ewigkeit, bewegte sich das Gebäude. Im Schlafzimmer wiegte sinnlos der Schaukelstuhl aus eigenem Antrieb.
Bisher erlebte ich im Dorf drei grössere Beben, jedes Mal im Badezimmer. Das hat den Vorteil, dass bei durch Angst ausgelöster Schliessmuskelschwäche die Bein-Kleidung nicht beschmutzt wird.
Nach zwanzig Minuten fand ich die Bestätigung im Internet. Der amerikanische Erdbeben-Dienst USGS, U.S. Geological Survey, (1) meldete ein Beben mit der Stärke von 6,0. Die Gelogen in Thailand beharren auf 6,3. Diese Erdpissenschaftler eichten ihre Seismographen offenbar nach alter Väter Sitte mit Chang (Bier). Die Erdbewegungen wurden von Hanoi über Bangkok bis Yangon verspürt.
Die meisten Pfahlbauten in Lan Na Land überstanden das heftige Rütteln mit diversen Rissen in den Mauern. Die Strasse von Chiang Mai nach Chiang Rai wurde stellenweise aufgeschlitzt und zerstört.
Ein Buddha am Wat Udom Waree im Bezirk Phan verlor den Kopf. Eine ältere Frau das Leben. Der Künstler und Erbauer von Wat Rong Khun im Distrikt Mae Lao, Chalermchai Kositpipat, musste seine weisse Anlage für Besucher und Touristen aus Sicherheitsgründen schliessen. Einige Gebäude, Dächer und Wandmalereien erlitten leider schwere Schäden.(2)
Chiang Rai liegt nur fünfundzwanzig Kilometer vom Epizentrum entfernt. Die Passagiere des Flughafens flüchteten gedankenlos aus dem Abfertigungsgebäude. Sie standen teilweise genau unter Dachrinnen. Sie bemerkten nicht, dass herabfallende Ziegel auf die ungeschützten Köpfe fallen könnten.
Im Flughafen von Chiang Mai schrien Passagiere in Panik das Personal an:
„Wo ist der Schutzraum? Wo zum Teufel sind die Schutzräume?“
Eine hübsche, mandeläugige Angestellte lispelte listig lächelnd: „Es gibt keinen Schutzraum.“
Für die nächsten Reisen nach Thailand empfehle ich: Anstelle von Lümmeltüte – Schutzraum und Valium im Gepäck. (*)
Es schüttelt munter weiter. Bis 7. Mai 07 00 wurden angeblich 180 Nachbeben mit Intensitäten zwischen 3 und 5,9 registriert. USGS zeigt fünf Nachbeben mit Stärken von 4,4 bis 5,0.
Die Epizentren befinden sich in den Bezirken Phan, Mae Lao und Mae Suai in der Provinz Chiang Rai. Geologen beschuldigen die Phayao-Verwerfungslinie. Sie ist 70 Kilometer lang und liegt sieben Kilometer unter der Erdoberfläche. (3)
Bereits holte uns der Alltag ein. Es regnet. Ein ungläubiger Gärtner giesst zusätzlich. In der einen Hand hält er den Regenschirm, in der anderen Hand einen Schlauch. Der letzte Rest des nicht durch Alkohol oder Drogen ausgeschalteten Hirns, ist offenbar erdbebengeschädigt.
(1) http://www.usgs.gov/
(2) http://wp.me/p2ljyL-JW
(3) http://www.wochenblitz.com/nachrichten/51379-erdbeben-sorge-vor-dominoeffekt.html?utm_source=Wochenblitz+Clean+All&utm_campaign=955c217008-Aktuelle+Nachrichten+aus+Thailand&utm_medium=email&utm_term=0_34a48916ce-955c217008-286912533#contenttxt
(*) Diazepam ist ein Medikament aus der Gruppe der Benzodiazepine. Er wird als Psychopharmakon zur Behandlung von Angstzuständen eingesetzt.
Zum Vergleich:
Bei einem Erdbeben mit 4,2 (RS) wurden am 18. Mai in Südhessen im Mühltaler Ortsteil Nieder-Beerbach mindestens 70 Häuser beschädigt. Das sind 14 Prozent. Die Magnitude oder Größenklasse leitet sich aus dem dekadischen Logarithmus der maximalen Amplitude, auch Auslenkung, im Seismogramm ab. Wegen des dekadischen Logarithmus bedeutet der Anstieg der Magnitude um einen Punkt auf der Skala einen etwa zehnfach höheren Ausschlag im Seismogramm. Dies entspricht näherungsweise der 32-fachen Energiefreisetzung im Erdbebenherd.
Wieder mal spitze geschrieben. Chapeau!
wenn der Buddha den Kopf verliert, dann war das schon Happig
dann heisst es erst recht “ Kopf hoch “
Liebe Grüsse zentao
Ich kann nicht gerade sagen, dass es Spaß macht, über ein Unglück zu lesen, aber die Art und Weise, wie Du die Eindrücke schilderst und Informationen aufbereitest, ist spitze.
ABER … neulich hast Du Dich für Lümmeltüten statt zusätzlichem Fernseher ausgesprochen, jetzt soll man(n) sie durch Psychopharmaka ersetzen (vermutlich nimmt Diazepam auch gleich die Angst vor gewissen Ansteckungsgefahren) … bin gespannt, wie der Tausch weiter geht …
Danke für die Kommentare.
Die häufigen Nachbeben, gestern 8. Mai fünfzehn spürbare, verhindern effizientes Tippen. Die menschliche Sensibilität auf Erdstösse kann durch Bier vermindert werden, ohne dass sich die Bedienung der Tastatur verbessert.