Zu Beginn schien alles ganz einfach. Die Ankunft in Johor Bahru war angenehmer und schneller, als ich in den kühnsten Träumen erhoffen durfte. Ich wartete auf Dick. Sie würde sicher nicht vor zwei Uhr des folgenden Tages eintreffen. Nach zwei Cocktails in den Abendstunden, suchte ich im Internet nach einem Bungalow. Idealerweise sollte er in der Nähe von verlockenden Verpflegungsanstalten und einem Einkaufszentrum liegen, ohne dass ich in ein Fahrzeug einsteigen musste.
Ich fand ein solches Objekt. Ein uns bekanntes China-Restaurant war in weniger als zehn Minuten erreichbar. Ins Einkaufszentrum mit mehreren günstigen Essgelegenheiten und einer Tesco-Filiale waren es ein paar Meter mehr.
Ich kletterte zum dritten Mal ins Bett, als gegen fünf Uhr die hustende und müde Dick vor der Tür stand und klingelte. Vorausblickend kaufte ich in der Schweiz eine gelbe Dose mit vierhundert Gramm Kräuterzucker.
Nach einem Mittagessen, einer gesunden Portion pflanzliches und tierisches Malaysia, die sie unmöglich verschlingen konnte, spazieren wir zum Bungalow. Ich liess mein GPS-Gerät im Hotel liegen und fragte deshalb einige Einheimische nach dem Weg. Wie erwartet, wurden wir erst in die falsche Himmelsrichtung geschickt.
Wir schauten uns die Häuschen in leichter Hanglage in einer beinahe dörflichen Umgebung mit vielen Gärten an. Überschwemmungen waren unmöglich. Moscheen mit Minaretten und leistungsfähigen Lautsprechern entdeckten wir keine. Aus der Ferne, zerrissen vom erfrischenden Wind, vernahm ich Fragmente eines Gebetsrufes.
Nur geringe Distanz trennte die Idylle von Trubel und Lärm der Grossstadt. Wir trauten unsern Augen kaum, als wir unser künftiges Heim sahen. Bereits für den nächsten Tag vereinbarten wir einen Termin mit Eigentümer und Makler.
Im Haus gab es zwei möblierte Schlafzimmer, zwei WC mit Duschen, eine grosse Küche mit möbliertem Esszimmer und vier weiteren Räumen.
Dick sorgte sich um die Höhe des Grases im Garten. In Gedanken pflanzte sie bereits Blumen, Gemüse und Sträucher.
Wir einigten uns schnell mit Eigentümer und Makler. Bei einer Peking-Ente und einer Flasche Syrah feierten wir unsere Zukunft. Anstatt zu schlafen, schrieb ich Verzeichnisse mit den unentbehrlichsten Einrichtungsgegenständen. Qualitäts-Korkenzieher kaufte ich bereits in der Schweiz ein.
Am Tag darauf besichtigten wir im Einkaufszentrum Gegenstände wie Geschirr, Staubsauger und Haartrockner.
Ein Telefonanruf setzte mich brutal in die Wirklichkeit zurück. Dicks Mutter war wieder einmal im Krankenhaus und soll demnächst operiert werden. Dick will ihre Mutter betreuen und nach Thailand zurück reisen. Für mich, mit reduziert leistungsfähigen Gelenken, war der Traum in Hanglage damit zu Ende. Mit schwerem Kopf und voller übler Gedanken schrieb ich dem Makler, unser grossartiger Luftballon sei leider durch unbeeinflussbare Ereignisse zerstört worden.
Ihr Text: 2958 Zeichen, 429 Wörter, Bullshit-Index :0.13
Ihr Text zeigt nur geringe Hinweise auf ‚Bullshit‘-Deutsch.
Lieber Low,
ich hoffe, Du hast einen
Plan B in der Tasche.
Alles Gute!