Störend finde ich in vielen Teilen von Südost-Asien, den grosszügigen, ja verschwenderischen Umgang mit Nahrungsmitteln. Wenn bei einer Einladung nicht mindestens fünfzig Prozent der angebotenen Delikatessen fortgeschmissen werden, gelten Gastgeber als Geizhälse.
An Dorffesten in Nordthailand verschlangen am Ende die Hunde überzählige Brathähnchen. Was die vollgefressenen Köter kotzten, kauten und verdauten die Ratten. Sie legten an Gewicht und Trägheit zu und wurden Opfer hungriger Schlangen.
Weil ein Schlänglein, vielleicht litt es an Sehschwäche, eines von Kleptomanewitschs Hündchen verschluckte und darauf einen Verdauungsschlaf benötigte, fing der Tierfreund die schnarchende Schlange mit Hund im Schlund. Herr Kleptomanewitsch beabsichtigte, den gefüllten Lindwurm in einem Kochtopf zu verarbeiten. Europäer essen bekanntlich gefüllte Gänse.
Sogar Familien mit finanziellen Problemen werfen täglich Lebensmittel weg. Entspricht dieses Verhalten traditionellen Überlieferungen oder können Köchinnen und Köche schlicht nicht rechnen? Letzte Woche widmeten sich die Medien Malaysias dem Problem. Es wurde berechnet, dass täglich achttausend Tonnen, das sind acht Millionen Kilogramm, Lebensmittel weggeschmissen werden. An Fest-und Feiertagen steigt die Menge auf zehn Millionen Tonnen. Aber noch lange nicht alle in Malaysia leben im Überfluss.
Achttausend Tonnen Lebensmittel könnten sechs Millionen Menschen ernähren. Auf dieser Welt darben über eine Milliarde Leute und leiden an Hunger und Unterernährung.
Wir alle, Einzelpersonen, Familien, Kantinen, Restaurants und Hotels beteiligen uns an diesem Unsinn. Überflüssige Nahrungsmittel werden gedankenlos in Kehrichtsäcken oder im Klo entsorgt. Abfuhr und Deponierung des Materials verschlingen noch einmal hunderte Millionen Ringgit pro Jahr.
Fettleibigkeit, Übergewicht und damit verbundene Gesundheitsprobleme sind weit verbreitet. Sogar Schulkinder sind betroffen.
Eigentlich wären Buffets zur Selbstversorgung ideale Speiseangebote, sofern der Verstand mitmacht. Jeder sollte in der Lage sein, Hunger und Fassungsvermögen abzuschätzen und sich entsprechend bedienen. Aber da wird sinnbefreit und gedankenlos Futter angeschleppt, das niemand verzehren will oder kann.
Das Frühstück ist im Zimmerpreis inbegriffen! Oh ja, ich beglich es mit meinen, im Schweisse meines Angesichts, schwer erarbeiteten Scheinchen.
Die hübschen Kleinen lernen die Verschwendung spielend schnell, denn sie spielen mit dem Essen. Mama würde den verschleierten Mund nie aufmachen und erklären:
„Klein-Ali, der grimmig dreinblickende Farang findet es nicht reizvoll, wenn du deine, mit gelbem Rührei, roter Konfitüre und grünem Kaugummi verzierten Patschhändchen, an seiner Hose abwischst.“
Durch Kleidung, Kreuze und Turbane geben Zeitgenossen sämtlicher Geschlechtsorientierungen zu erkennen, dass sie gläubig sind und höhere Wesen bedingungslos verehren. In Thailand könnten es mittlerweile Generäle sein. Glaube, gepaart mit Unvernunft, zeigt absolute Respektlosigkeit gegenüber jenen höheren Wesen, die wir verehren, der Schöpfung und den Mitmenschen. (1)
Mir schlug dieses arrogante Fressgebaren zahlreicher Statisten kurz nach Sonnenaufgang auf den überempfindlichen Magen. Fortan verzichtete ich auf das grandiose Frühstückstheater im Hotel. Im Grunde weiss ich, dieses Opfer bringt, ausser dass Ali nun mit verkleisterten Händen frei herum läuft, schlussendlich nichts.
(1) ‚Doktor Murkes gesammeltes Schweigen‘ ist der Titel einer Kurzgeschichte von Heinrich Böll.
(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Doktor_Murkes_gesammeltes_Schweigen
(1) http://www.youtube.com/watch?v=-JQ6NzeMsGU
Interessant! Erschütternd! Danke – LG Ulrike
Von Murkes Schweigen gibt es eine „des höheren-Wesen-das wir verehren“-lich komische Verfilmung mit Dieter Hildebrandt. Dem höheren Wesen, das wir verehren sei Dank.
Danke für die Wortmeldungen, Low