Erinnerungen, Missverständnisse, Hilfsbereitschaft

In meiner Bibliothek stand ein Buch, das ich immer wieder bestaunte, dessen Texte und Bilder mir in Erinnerung blieben.
Der vierzig jährige Maler und Fotograf Gotthard Schuh verreiste im März 1938 elf Monate nach Singapur, Sumatra, Java und Bali. Nach seiner Rückkehr veröffentlichte er das faszinierende Werk: Inseln der Götter. (1)
Eine Episode beschrieb, wie Schuh in Indonesien aufgehängte Spiegel vorfand. Gegen Transportschäden wurden die empfindlichen Ecken mit Karton abgedeckt. Weil niemand den Sinn dieser Schutzfunktion erkannte, wurden die Schutzecken nie entfernt.
In Satun dachte ich sofort an Schuhs Geschichte, als ich den Wandschmuck im Hotelzimmer betrachtete. Überlegen und Nachdenken sind nicht die Stärken der Thais. Deshalb leben die Eckenschoner im südostasiatischen Raum noch heute weiter. Ecken
Nach Wochen des Verzichts auf die thailändische Sprache, sprudelten in Satun aus Dicks Mund freudig heimatliche Laute. Die Verständigung unter Thais klappt nicht immer. Eine Ursache der Pannen könnte das Schulwesen sein. Die Kinder schalten das Gehör für langweiliges Dozieren unausstehlicher Pädagogen ab, um ungestört zu dösen. Geistige Abwesenheiten unter Einfluss von Alkohol, Drogen und unbekannte Einflüsse wie Schlafmangel, sind bösartige Unterstellungen dritter.
Wir waren im Restaurant, bestellten Getränke und Speisen, als Dick sah: “Gratis WIFI, verlangen sie bitte unser Passwort!“
Sie fragte nach dem Passwort, um mit ihrem Smartphone weltweit Bits und Bytes aufzuspüren. Die Anzeige benötigte dringend frische Fettschichten und gefühlvolle Streicheleinheiten.
Wir tranken und assen ohne Eile. Dick wartete während dessen gespannt auf das Passwort. Nach der Stärkung, die Mägen waren bis zu den Halszäpfchen gefüllt, schleppte der Kellner vor Anstrengung keuchend, fetttriefende Fritten an. Sie waren das Passwort, um das Dick gebeten hatte!

Als wir in Satun beim Hotel ankamen, blockierten unzählige Mopeds der Angestellten den Weg zur Rampe für Kinderwagen und Rollstühle. Die erste Stufe war mit annähernd zwanzig Zentimetern zu hoch geraten. Zwei Stunden später verliessen wir die Unterkunft zur ersten Stadterkundung. Die Mopeds waren weg. Ein freundlicher Geist hatte zudem die hohe Kante mit einem Brett entschärft. Wir waren dankbar für die unaufgeforderte Hilfe.
Rampe Bei der Rückkehr vom Spaziergang mischte ein Arbeiter Zement, um die erste Stufe definitiv zu entschärfen! Bei so viel Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft fiel es uns leicht, den Aufenthalt von zwei auf acht Nächte zu verlängern.

(1) http://ursramseyer.blogspot.com/2009/05/gotthard-schuh-in-bali.html
(1) http://www.artef.com/Gotthard-Schuh/index.htm

3 Gedanken zu „Erinnerungen, Missverständnisse, Hilfsbereitschaft

  1. Ist in Europa so etwas jemals vorgekommen, daß eine Stufe für einen einzigen Gast so „entschärft“ wurde?
    Ich finde, der Satz „Überlegen und Nachdenken sind nicht die Stärken der Thais“ kann deshalb korrigiert werden in „Überlegen und Nachdenken sind die Stärken der Thais“.

    Ich mein ja nur!
    Da ich immer noch in Deutschland lebe, könnte ich jeden tag tausendmal schreiben „Überlegen und Nachdenken sind nicht die Stärken der deutschen Behörden und Parteien“. Und nicht der Deutscher Botschaften. Und und und!

    • Danke für den Kommentar. Die Hilfsbereitschaft der Menschen in Südthailand und Malaysia ist grossartig.
      Der Architekt erfüllte seine Aufgabe nicht, weil er die Auffahrt am Anfang schlicht vergass. Oft finden wir sogar signalisierte Auffahrten und Rampen. Einige hundert Meter weiter stehen wir an einem gefährlichen Abgrund.
      Auf Langkawi ist praktisch jedes Hotel mit Rampen erschlossen. Die Türen ins Badezimmer sind oft zu schmal, unter 60 Zentimetern. Dafür erreichen dann die Matratzen Höhen von 75 Zentimetern.

  2. Hallo Hessenhenker

    Ich hoffe, dass Dein Name kein Programm, sondern nur einen vorpupertären, relativ unreifen Wunsch darstellt.
    Ferner zeigst Du auch mit diesem Satz …
    -Ich finde, der Satz “Überlegen und Nachdenken sind nicht die Stärken der Thais” kann deshalb korrigiert werden in “Überlegen und Nachdenken sind die Stärken der Thais”.-
    … dass Realitätssinn nicht unbedingt Dein Steckenpferd ist.
    Denn: Eine hilfsbereite, rücksichtsvolle Schwalbe ist zwar ein wunderbares Wesen, macht aber alleine noch lange keinen Frühling.
    Dir mehr zu schreiben, verbietet mir meine Höflichkeit.

    Hallo Low

    Mit Vergnügen und auch Schaudern, manchmal mit einem lachenden Auge und zuweilen mit einem weinenden Auge, lese ich Deine hochinteressanten Geschichten, Reiseberichte und Essays – voll skurriler Formulierungen.
    Du Meister der augenscheinlich leichten Feder, die dennoch schwer errungen ist.

    Etwas entsetzt bin ich über Deinen Urlaub in Satun. Du bist also sehenden Auges in eine der südlichen Provinzen Thailands gereist, in denen brutale, verblendete Islamisten (die glauben wirklich an 72 willigeJungfrauen pro Allah-Krieger, falls sie z.B. im Kampf gegen Dich ihr „tolerantes“ Leben aushauchen sollten [unsereins lernte schon im Kindergarten realistischere Mathematik]) unter meist Unschuldigen aus dem Hinterhalt mit Schusswaffen und ferngezündeten Sprengstoffen für eine Bomben-Stimmung sorgen.

    Aus purem Egoismus hoffe ich, dass Du wieder vermehrt friedliche Gefilde bereist. denn ich möchte noch viel von dir lesen.
    Dabei mag sein: Vielleicht sehe ich die Lage im Süden Thailands zu sehr in düsteren Farben.
    Jedenfalls:
    Beste Grüße an die schlanke Dick und Dich

    Achim

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