Es war ein komisches Erwachen morgens um sieben. Ich wusste nicht, wo ich war. Von der Wand lächelte von einem Ölgemälde ein mir bekanntes Kindergesicht. War ich in der Schweiz? Entsprechend frisch war es, mit bloss zweiundzwanzig Grad im Raum. Nach Satun, mit stetig intrigierendem, angenehm warmem Wind, war es ein Klimaschock.
Fast schmerzhafte Stille und Ruhe herrschten im kleinen Zimmer. Die Luft roch nicht nach Fungus und Schimmel, sondern leicht nach abgestandenem Rauch. Wir waren 1667 Kilometer nördlich von Satun wieder im ehemaligen Dorf an Reisfeldern. Heute wurde das Vorletzte aufgefüllt.
In der Gegend von Langkawi und Satun bemerkten wir während vier Monaten einen beunruhigenden Mangel an medizinischer Versorgung. Viele Medikamente wurden von mehreren Geschäften preisgünstig angeboten. Gut ausgebildete, sorgfältig arbeitende Ärzte, fehlten jedoch. Sie bevorzugen Patienten in Ballungszentren und Grossstädten.
Problemfälle des Krankenhauses in Langkawi werden auf dem Festland in Alor Star behandelt. Satun hat ein unterklassiges Provinzspital. Versorgung und Betreuung in Hat Yai sind bereits wesentlich besser.
Am Freitagabend fühlte ich in Satun Gevatter Sensemann eine Schnapsglasnasenlänge zu nahe. Ich musste etwas unternehmen, weil ich Dick in der Fremde mit noch wenigen Freunden nicht mit den Problemen eines Todesfalles belasten wollte. Im Dorf in Lan Na Land hätte Dick zumindest beim Feiern Unterstützung durch die Verwandtschaft. Spezialisierte Ärzte in Chiang Mai würden die Überlebenschancen verbessern. Die Chancen, auf einen blossen Numismatiker oder einen betrügerischen Hochstapler mit gefälschtem Diplom hereinzufallen, sind geringer.
Zusätzlich zur Gesundheit, erschwerte eine Bankkarte seit unserem letzten Aufenthalt in Langkawi unser Leben. Wir konnten den Geldautomaten weder in Thailand noch in Malaysia, nicht einmal mit zusätzlichen Streicheleinheiten, Scheinchen entlocken. Zum Glück war der Franken auf Langkawi plötzlich mehr Wert. Anstatt 3.5 MR gaben Banken 4.1 Ringgit für Bargeld. Taxis und Schnaps wurden noch preisgünstiger.
Da wir im Süden im Haus die Infrastruktur verbessern müssten, beschloss ich, nach Chiang Mai zu fliegen. Ich wusste, die kalten Winternächte waren vorbei. Bei nächtlichen Aussentemperaturen von siebzehn Grad würden im Haus angenehme vierundzwanzig Grad herrschen, sofern Fenster und Türen rechtzeitig geschlossen würden.
Die kälteste Nacht im Haus seit meiner Abreise im August wurde mit 15.8 Grad registriert. Das dürfte einer Temperatur im Garten von neun Grad entsprechen. Auf Doi Inthanon, unserem Hausberg, gab es währenddessen mit minus drei Grad einen neuen Kälterekord.
Die Abreise aus Satun liess wenig gutes erhoffen. Die Verleiherin des Wagens wollte ihre Freundin mitnehmen, damit sie nicht alleine zurückfahren musste. Die Freundin hatte eine Panne mit dem Motorrad. Wir warteten. Als wir viele lange Telefonanrufe gewartet hatten, änderte sie ihre Meinung und wählte ihren Sohn als Begleiter.
Wir warteten nur kurz auf den Sohn. Dann legte Dick los. Sie fuhr in dreieinhalb Stunden zum Flughafen von Krabi. Die Rural Road 416 entpuppte sich grösstenteils als gut ausgebaute, vierspurige Strasse.
Der Flieger verliess Krabi pünktlich. Die Verspätungsteufel warteten in Bangkok. Anstatt um neun Uhr waren wir erst um Mitternacht zu Hause. Dann ging es nach monatelanger Abwesenheit ans Reinemachen. Ich ersetzte Filter in der Umkehrosmose-Wasseraufbereitung und verfolgte die Wasserqualität. Bei üblichen vier ppM, (Teilchen pro Million), war ich zufrieden. Dick widmete sich den unzähligen Exkrementen unserer Haustiere, unerwünschter schmutziger Eindringlinge, die sich wie allgemein verbreitet, um Vorschriften keinen Scheissdreck kümmern.
Lieber Low,
ich hoffe, dass Du Dich nach Beseitigung der
Stoffwechselrücksände wieder wohl fühlst im
Haus am (verbliebenen) Reisfeld.
Gut, dass nur Kleintiere Hausbesetzer spielten
und nicht die liebe Thai-Verwandtschaft.. Alles
Gute jedenfalls und halte den Gevatter noch lange
auf mehr als Schnapsglas-Abstand.
Schönes Bild übrigens. Mini-Low schaut hellwach
und freundlich in die Welt.
Das Bild malte mein Vater 1943, wahrscheinlich im Urlaub vom Militär. Als wir das Haus räumten, versteckte es Dick in ihrem Koffer.