Fahrzeug-Navigation am Wurstzipfel

Seit Jahren benutzen wir in Europa, Malaysia und Thailand erfolgreich Navigationsgeräte. In unbekannten Großstädten sind sie für mich unentbehrlich. Sie sind wesentlich hilfreicher als veraltete Stadtpläne, sofern die Fahrzeuglenkerin für den Lautsprecher oder meine Empfehlungen ein offenes Ohr hat.
Wir sassen im nigelnagelneuen Wagen und fuhren trainingshalber Richtung Chiang Rai. Vor zwei Jahren assen wir bei den heissen Quellen unvergesslich gut gewürzte Würste und gegrilltes Schweinefleisch. Das Mahl rutschte von der Zunge ohne Zahnverluste schmerzlos in den Magen, während uns Düfte vom Grill und Schwefel von den heissen Quellen umwehten.

Die Vorgabe war, auf der Strasse 118, mit Ausnahme der Kurven, immer schön gerade aus bis zu den Quellen zu fahren, dann vor dem Springbrunnen gleich links abzubiegen.
Ich erklärte der hungrigen Lenkerin, wie ich mich auf die Wurst freue und dass wir in spätestens fünfzehn Minuten ankommen würden.
Unvermittelt, meine Hymnen auf Würste und Strassen missachtend, bog die Lenkerin von der Hauptstrasse nach rechts auf eine Nebenstrasse ab. Da war eine Hinweistafel: Heisse Quellen, zwei Kilometer.
Ich redete zwei Kilometer lang, sprach Klartext und überzeugte sie, dass wir diese Wurstqualität wahrscheinlich nur an der Hauptstrasse finden würden. Die Magensäfte stimulierten ihr Gehirn. Sie gab auf, wendete das Fahrzeug und folgte darauf gehorsam dem nördlichen Wurstkurs.

Die Expedition „Wurst des Nordens“ hatte ein Vorspiel. Das Fahrzeug verfügt über einen
Multifunktions-Bildschirm mit Menu. Auf Wunsch wird das Radio angezeigt oder der Equalizer. Er kann Filme abspielen oder Fotos darstellen. Fürs Smartphone existiert eine Bluetooth Funktion. Es gibt einen UBS Anschluss. Der Bildschirm dient ebenfalls zur Navigation.
Genau da lag unser Problem. Ich versuchte, in englischer Sprache Chiang Mai oder Chiang Rai einzugeben. Chiang ging gut. Nach der Leertaste schlug die super-intelligente Logik Dao vor und sperrte gleichzeitig die Tastatur. Laut der Navigationshilfe hätten wir nach Chiang Dao reisen müssen. Das wollte ich nicht. Folglich fuhren wir zum Verkäufer und klagten unser Leid.
Einer der jungen Angestellten setzte sich in den Wagen, lächelte und dachte offenbar:
„Ihr Vollblutidioten, das haben wir gleich! Geld für ein Fahrzeug haben diese Leute. Genügend Hirn um die moderne Elektronik zu bedienen – – – haben sie nicht.“
Er fummelte behende, aber hilflos an Tasten herum. Dann sagte er:
„Ich verstehe Englisch schlecht, darum wechsle ich auf Thai.“
Ich grinste hämisch, als ich sah, dass die Logik die Tastatur auch für Eingaben in Thai sperrte. Nach dreissig Minuten warf er das Handtuch und bat einen Kollegen, das Problem zu lösen.
Dieser Herr fingerte noch schneller, noch gedankenloser. Auch er musste sich nach einer weiteren halben Stunde von der Technik geschlagen geben, während ich ihm mein dreijähriges Gerätchen demonstrierte. Wir verliessen die erfolglosen Spezialisten.

Später hatte ich die Idee, das Gerät über Koordinaten und Favoriten wenigstens für den Heimweg zu programmieren. Danach überlistete ich die Technik mit den Vorgaben Robinson und Chiang Rai zu einem nördlichen Kurs.
Während wir schweinisch speisten, wir begnügten uns nicht mit Wurstzipfeln, meldeten die Herren telefonisch, am nächsten Tag würde ein Spezialist um zehn Uhr unser Problem lösen.
Die Programmierung des Navigationsgerätes ist für bescheidene Eingaben zu üppig ausgelegt. Nach vielen Tastendrücken des Fachmanns fand das Navi unser Dorf und dessen Koordinaten. Die genaue Position unseres Hauses konnte der Ingenieur leider nicht eingeben.
Das ausgeklügelte Gerät mit grossem Bildschirm lässt den Fahrer also Orte ansteuern, wo er dann im Tante Emma Laden für nähere Auskünfte anstehen darf.
Unser altbewährtes Nüvi hat noch lange nicht ausgedient, oder der Fahrzeughersteller lässt neue Software schreiben.
Eine der Todsünden dieser Geräte ist, dass Distanzen üblicherweise als Luftlinien angegeben werden. Die Fahrzeit wird dann aus irdischen Kilometern errechnet. In Satun wurde beispielsweise die Distanz nach Padang Besar mit 26 Kilometern angegeben, die berechnete Fahrzeit dagegen betrug annähernd drei Stunden. Die Zeit für den Grenzübertritt wurde nicht einkalkuliert.

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