Unser kleiner Garten-Dschungel bietet Wohnraum für viele Tiere. Die seltensten Bewohner waren die roten Panda. Nachbar Kleptomanewitsch frass sie. (1) Zahlreiche Vögel brüten. Sie haben es schwer mit der Aufzucht des Nachwuchses. Es gibt halbwilde Katzen im Dorf. Mäuerchen von hundertsechzig Zentimetern überqueren sie leicht. Schlangen winden sich im Geäst der Bäume. Eine Art Eichhörnchen, eine ganze Sippe, springen von Baum zu Baum oder rasen die Stämme hoch, klauen sich frech ein Frühstücksei oder zwei aus einem Nest.
Eisvögel holten sich Fischlein aus dem Teich. Fisch-Reiher fingen Zwerg-Welse von zwanzig Zentimetern Länge. Eine Taube erstickte an einem kürzeren Fisch. Ein dichter Pflanzenteppich schützt nun die Fische vor den grossen Fliegern. Die Eisvögel richten kaum Schäden an.
Vor einigen Wochen beobachtete ich zwei neue, seltene mittelgrosse Gäste mit weisser Brust und dunkeln Federkleidern im Garten. Vom stolzen Gang her erinnerten sie mich an die Kraniche auf Labuan. (2) Es sind Rallen, Rallidae, eine Familie der Kranichvögel, Gruiformes. Je nach wissenschaftlicher Auffassung gibt es zwischen 131 und 165 Arten. Rallen werden in drei Unterfamilien geteilt: Die „echten“ Rallen, Rallinae, die Teich- und Sumpfhühner, Gallinulinae und die Blässhühner, Fulicinae.
‘Unsere‘ Vögel sind sehr scheu. Trotzdem beobachtete ich, wie sie Material zum Nisten in den Garten brachten. Das Nest selbst sah ich nie.
Eines Mittags dachte ich, Dicks Mutter schneide Gemüse in einem Höllen-Tempo auf einem Holzbrett. Ich wusste, es war unmöglich für die Alte und schaute prüfend zum Fenster hinaus. Auf der Mauer sass eine Ralle und warnte mit dem durchdringenden Hackgeräusch. Der zweite Vogel hüpfte mutig vor einer Katze und lockte sie, die Gefahr missachtend, offenbar vom Nest weg. Diese Rallen brüten am Boden. Der Vogel hopste gemächlich zum Teich. Die hinterhältige Katze oder der ungestiefelte Kater verfolgte ihn geschmeidig. Die Ralle bewegte sich dann vorsichtig Schritt für Schritt unerreichbar über die Schwimmpflanzen. Die Katze zuckte am Ufer nervös mit dem Schwanz und riss vergeblich den Schlund weit auf. Alleine, ohne Hilfe, getraute ich mich nicht in den Garten, um den unerwünschten Eindringling zu vertreiben. Dick war irgendwo unterwegs.
Pfefferkörner haben ungefähr viereinhalb Millimeter Durchmesser. Ich besuchte die Küche. Dort schluckte ich einen wohldosierten Schnaps gegen die Schmerzen und das Zittern in den Händen. Weiter benötigte ich einige getrocknete Pfefferkörner aus biologischem Anbau und die Luftpistole „Made in Germany“. Schwer bewaffnet schlich ich ins Schlafzimmer. Die Mieze lungerte immer noch am Teich und lugte nur auf den langbeinigen Vogel. Lautlos öffnete ich das Mückengitter.
Ein Knall, ein Pfefferkorn grub sich in das Fell der Katze. Wie von Kugeln getroffene Darsteller in Western-Filmen, sprang sie in die Luft und verschwand danach blitzschnell.
Die Vögel dankten. Vor einigen Tagen sah ich Familie Ralle im hohen Gras in Begleitung von drei pechschwarzen, flauschigen Federknäueln, den Küken.
Leider gibt es noch keine Bilder der Vögel. Nur als vielarmiger indischer Gott hätte ich gleichzeitig schiessen und fotografieren können.
(1) https://hinterindien.com/2013/10/21/skandal-kleptomanewitsch-frisst-feuerfuchs/
(2) https://hinterindien.com/2013/05/16/schillerndes-labuan/
20. Sep. 19 00: Die Jungvögel leben noch.
Ich habe diesen Vogel/Katzenkrimi mit Genuss gelesen und bin auch ein bisschen neidisch auf euren vielseitigen Garten. L.G.
Liebe Martina,
der Garten, respektive die Bäume, Farne und Bambus spenden Schatten, Blumen – Orchideen, Strelizien, Gardenien, Jasmin rot und weiss, unbekannte blühende Sträucher – von denen wir nicht einmal die Namen kennen und zudem Früchte wie Bananen, Mango, Rosenäpfel, Rambutan, eine teure, pflaumenartige gelbhäutige Frucht, Macadamia Nüsse, Gemüse wie Basilikum, Galanga, Chili und frische Fische. Heute erschien ein neuer Feind der Küken, ein Hecken-Kuckuck. Bald verreisen wir 2’000 Km in den Süden, weil es mir hier zu kalt wird.
Danke für das Verständnis, dass ich die Mieze vertreiben musste. Rallen gibt es in LanNa Land weniger als Katzen. Das nächste Mal verwende ich Blei.
Schattenspender, dafür sind auch wir sehr dankbar und haben deshalb einen 30 Meter hohen Gingko Biloba. Deine Früchte schmecken mir schon sehr, Rambutan kenne ich jedoch nicht (Habe sie jetzt auf dem Internet gesehen). Rallen haben wir vor allem nicht nur Amseln und Spatzen!.Wir haben auch Kiwi, Mandeln, Oliven, Birnen usw. Also, gute Reise in den Süden. L.G. Martina
Schöne, plastisch geschriebene Geschichte, Low.
Man kann sich Deinen „Dschungel-Garten“ sehr gut
vorstellen.
Vielleicht montierst Du noch eine Webcam,damit Du
auch im Süden diese kleine Welt in HangDong sehen
und beobachten kannst, was z.B. dieser Kuckuck aus-
heckt. Mögen die Rallen sieben Leben, wie die Katzen
haben.
Eine Kamera würde nicht ausreichen.
Der Süden stellt eigene Flora und Fauna. Früchte wie in Chiang Mai würden von den Affen verspiesen. Ich frage mich, überlebten die Diskusfische?
Unser Gartenspezialist, der Mann der Vermieterin, ist angeblich schwer erkrankt. Ich vermute, er ertrug wie wir, den Schimmel nicht, den die Lehrerin in ihren Häusern erfolgreich züchtet.
Genial was Du alles erlebst
Liebe Grüsse zentao
Danke. Nein, es ist nicht unbedingt genial. Es ist bloss der Gebrauch der Sinne. Unsere jungen Leute stolpern im Garten eher über Schildkröten oder Schlangen, als dass sie die Tiere sehen. Dick bemerkt wenig, wenn ich sie nicht darauf aufmerksam mache. Wir leben in verschiedenen Welten.
>Wir leben in verschiedenen Welten.
Zum Glück repräsentiert deine Umgebung nicht das gesamte Thailand, auch wenn es manchmal so scheinen mag. Ich kenne genügend Thai, die ihre Sinne gut nutzen und nicht durch das Leben stolpern.
Könnte es nicht sein, dass wir Farang hier in Thailand in einer Umgebung und Gesellschaftsschicht leben, die wir in Deutschland gemieden haben?
Eine gute Frage. Im Westen war ich zu 75 % Berufsmensch. Meine Arbeit forderte unglaubliche Präsenz. Daneben war ich 25 % Familienmensch – mit Häuschen am Waldrand, Feigen- und Rosenliebhaber.
Thais leben anders und setzen Werte und Prioritäten auf ihre besondere Weise, Thainess. Das bemerkte ich bereits vor Jahrzehnten als Instruktor junger Menschen aus Europa und Asien. In Thailand gibt es zusätzlich das Nord- Süd-Gefälle. Im Norden überwiegen ganz klar die laotischen Einflüsse.
Bösartig behaupte ich, das Interesse an Flora und Fauna ist äusserst gering, sofern man die Dinge nicht in einen Kochtopf geben kann.
>Bösartig behaupte ich, das Interesse an Flora und Fauna ist äusserst gering, sofern man die Dinge nicht in einen Kochtopf gebe kann.
Ich fürchte, das beschränkt sich nicht nur auf Thailand. In Deutschland ist lediglich die Entfremdung von der Natur und den Nutztieren und -pflanzen so groß, dass das Interesse sich auf den Einkauf im Supermarkt verlagert hat. Natur findet dann meist beim verhätschelten Haustier oder der langsam sterbenden Pflanze auf dem Fensterbrett statt.
Wer Thai versteht, wird hier sehen, dass es genügend Naturliebhaber gibt:
http://board.trekkingthai.com/board/index.php
btw: Low, kann man mit die auch über E-Mail Kontakt aufnehmen?
Grüße … Ralf
Hier gehören gleich 2 Rallenarten zum Inventar, wobei die eine so dumm ist, immer wieder von Katzen erwischt zu werden, die andere sich jedoch durch Wasser schützt. Letztere wird bevorzugt von den Wilden totgeschlagen, die eine absolute Null-Beziehung zur Natur haben.
https://minahasato.wordpress.com/2009/08/12/apotheose-der-ralle/
Danke Tom,
seit 1500 sollen 22 Arten Rallen ausgestorben sein. Gegenwärtig haben wir schwere Niederschläge. Daher konnte ich die Vögel nicht beobachten. Der Ranzen des Panda fressenden Nachbarn ist nicht grösser geworden.
Gruss Low
Du hast ja mindestens so unangenehme Nachbarn wie ich!
Übrigens haben wir hier seit Jahren zum ersten Mal wieder eine grösse Dürre.