Meistens fälschen junge Menschen beim Lernen eines Instrumentes unfreiwillig klassische Kompositionen. Das Notenpapier hat eine jedoch derart aussergewöhnliche Qualität, dass die Werke sämtliche Torturen von Generationen übender Musikanten unbeschadet überstehen.
Erste Werksverzerrungen erlebte ich mit annähernd zehn Jahren, als der Knabe des Nachbarn den Schneewalzer auf einer Handharmonika in Schneematsch verwandelte. (1) Später zerhackte eine Freundin, sie hiess nicht Elise, auf einem Piano Beethovens „für Elise“. (2) Solche Musikanten beginnen ihre Karrieren nicht nur als Notenfälscher, sondern auch als Falschspieler. Meine Kinder machten als geborene Künstler beim Üben keine Fehler, oder ich erinnere mich schlecht daran.
Neulich belästigte der kleine Goon mein Gehör. Er beschwatzte mich während eines lieben langen Nachmittags. Er sah beim Big C ein Lego Haus. Das sei mindestens einen halben Meter hoch und die Farbe: Lila! Kein Mensch kümmere sich um seinen Wunsch und würde dieses Haus für ihn kaufen. Er kniff und tätschelte mich.
Seine Aussagen stimmen. Seine Mutter ist Karrierefrau und kümmert sich nicht um ihre Knaben. Sie lebt nur für ihre Geschäfte.
Tischmanieren kannte der Kleine nicht mehr. Er stopfte sich den Mund voll. Danach begann er irgend etwas zu erzählen, während er, wie van Gogh in Frankreich, mit einem Messer aus rostfreiem Stahl, sein Ohr bearbeitete. Kein Wunder, weil die vorbildliche Mutter als Multitalent mit einem halben Hamburger zwischen den Zähnen, ihre teuren Smartphones der Extraklasse, kauend sprechend mit gehacktem Fleisch und Zwiebeln garniert.
Der knapp Sechsjährige brät sich Eier ganz alleine, wenn seine Betreuerin keine Zeit findet, nach Hause zu gehen und gesunde Mahlzeiten auf den Tisch zu stellen. Mama Beutelsuppen isst der Bedauernswerte mittlerweile als Trockenfutter. Das sind üble Zustände. Nicht vorhandene Behörden sollten rasch schützend eingreifen und solche Spiele verunmöglichen.
Nach einigen Recherchen fanden wir heraus, Goon sah sein Traumhaus im Central Festival. Ich überlegte, sobald das lila Haus gebaut ist, wäre das Spiel leider zu Ende und verstaubt unbenutzt.
Dann erzählte ich dem Knaben, ich sei knapp bei Kasse. Ich hätte ihn zu einem bewaffneten Banküberfall überreden können. Aber ich war bescheiden und begnügte mich mit der Aufforderung, ein paar Scheinchen zu zeichnen, möglichst mit Werten in Millionenhöhe. Tags darauf übergab er mir fünf Scheine zu tausend Baht.
Seine Banknoten sind unzweifelhaft gut geraten. Jeder durchschnittlich ausgebildete Banker erkennt den erlauchten, heute leider verstorbenen Herrscher mit Brille. Einzig das ungewöhnliche Format, A4, verrät den Fälscher als Anfänger. Das gesammelte Papier investierten wir in Lego.
Den wichtigsten Arbeitsschritt unterliessen wir. Professionelle hinterindische Notenfälscher patinieren ihre Erzeugnisse mit schmutzigen Schweissfüssen.
(1) https://www.youtube.com/watch?v=a-G9DakCe5M
(2) https://www.youtube.com/watch?v=hsi0i1jIzIM