Hektische Hühner- und Hunde-Halter im Advent

Als junger Mensch dachte ich, wenn Hennen Eier legen und ausbrüten, sei das gelebte Brutalität. Das Internet dagegen sagt: Brutalität ist eine Einstellung oder ein Verhalten, das von Rücksichtslosigkeit, Grausamkeit und Gewalttätigkeit geprägt ist. Abscheuliche Brutalität lernte ich bei den ach so sanften und scheuen Buddhisten wie nie zuvor kennen. Diebstahl, Ehebruch, Korruption, Lüge, Mord und übelste Verleumdung gehörten bereits im Dorf des Nordens zur praktizierten täglichen Vollkommenheit.
Diese lieben Lebewesen lagen offenbar immer gerade dann mit Grippe, Malaria oder Dengue-Fieber darnieder, wenn in friedlich wirkenden Tempeln von scheinheiligen Gelbröcken über die Lehre Buddhas, menschliche Sanftmut und verborgene Tugenden gesprochen wurde.

Während sich Menschen im Abendland in der Adventszeit bei Kerzenlicht und sanfter Musik auf Weihnachten einstimmen, verspüren wir in der südlichen Wärme bei oft regnerischem Wetter – mit dem eintönigen Chanten der Mönche und den Gebetsrufen der Muezzin – keinen Hauch von Feststimmung. Tief in meinem Magen regt sich ein religiöses Bedürfnis nach duftendem Gebäck, Dresdener Stollen und Nürnberger Lebkuchen. Stimmung gibt es trotzdem, wenn auch mit anderen Vorzeichen. Im Umkreis von wenigen hundert Metern übertrafen sich die Ereignisse:

Ein Hund drang in ein bewohntes Grundstück ein und biss elf Hennen tot, ohne eine einzige zu verspeisen.
Der geschockte Hühnerhalter erkundigte sich nach dem Hundebesitzer. Da der Hund offenbar niemandem gehörte, ergriff er seine Flinte und erschoss das Tier. Der empörte, wütende Hundebesitzer nahm darauf seinen Schiessprügel. Er sandte den Hühnerhalter diskussionslos ins Nibbana.
Die Polizei nahm den Mörder nicht fest, mit der Begründung, Hunde hätten ein Anrecht auf Leben! Da könnten wohl einige Scheinchen den Besitzer gewechselt haben. Über den Munitionsverschleiss weiss ich, wie über sämtliche Nummern und Zahlen in Thailand, nichts Genaueres.
Frohe Weihnachten! Sie geniessen wohl eher Gans oder Truthahn, als Hörnli mit Apfelmus und Hackfleisch.

Grassierende Unsicherheiten

Die netten Dorfbewohner und Nachbarn in Klong Khut sind verunsichert. Die Arbeitsplätze sind kaum garantiert, wie die Räumaktion bei den Ordnungshütern zeigte. Der unkontrollierte Straßenverkehr verläuft trotz Regeln chaotisch. Die Verwaltung ist wie üblich undurchschaubar.

Andauernd ist man Betrügern und Dieben ausgesetzt. In Einkaufszentren werden von Geräten Kleinteile wie Schrauben und Dichtungen entfernt. Zerbrochene Gläser ergänzen Schurken aus Original-Packungen und hinterlassen ihre Scherben. Grosspackungen werden angeschnitten. Einzelne Beutel mit Kaffeepulver finden Wege neben den Kassen. Bessere Kaffeesorten haben wie Spirituosen Diebstahlschutz. Süssigkeiten werden vor dem Bezahlen durch Schnellfrass eliminiert und können kaum als Diebesgut nachgewiesen werden. Nur äusserst selten bricht ein Gauner mit einem in der Luftröhre steckengebliebenen Hotdog vor einer Kasse zusammen. Dämmerung
Diese allgemeinen Verunsicherungen führen dazu, dass in Häusern und Wohnungen die ganze Nacht Licht brennt. Wenn es hell wird, vergisst man dann, die Schalter zu betätigen. Sämtliche Häuser sind von Mauern und Zäunen umgeben. Die Fenster sind von innen oder aussen vergittert, obwohl kaum wertvolle Gegenstände in den Wohnräumen zu finden wären. Der teuerste Besitz steht meist vor oder neben den Gebäuden – es sind die Fahrzeuge. Deren Motoren laufen während Stunden. Die Schlüssel stecken natürlich.

Keine Angst zeigen die Einwohner dagegen vor Insekten. Dengue-Fieber und Malaria kennt man nicht. Elvis Presley wird noch immer verehrt. Mückengitter gibt es kaum. Schmeiss-Fliegen würzen frisch gekauften Fisch und Fleisch mit Eiern. Glückliche, fette Maden krabbeln später in den Kühlschränken herum.
Die Häuser sind vermeintlich mit dekorierten Gittern gegen Diebe gesichert. Ich werde keine Schutzgitter montieren. Unser Hintereingang ist wie bei acht weiteren Häusern, eine grössere Stahltüre. Bei Sonnen-Einstrahlung erhitzt sich die dunkelbraune Fläche auf siebzig Grad. Wir spritzten das Eisen mit Aluminiumbronze um. Die Temperatur in der Küche sank danach um zwei Grad Celsius. Stahlrahmen auf Holz
TermitenspurenDer Stahlrahmen wurde mit 12 Schräubchen in morsche, von Termiten angefressene hölzerne Türrahmen geschraubt. Die Schrauben könnten von unwillkommenen Besuchern in wenigen Minuten geräuschlos entfernt werden.

Die Baumängel sind grenzenlos, der Pfusch unbeschreiblich. Als wir das Lavabo entfernten, fielen die Haltebügel beinahe aus der Wand. (1) Die Arbeiter machten sich ein Vergnügen daraus, anstatt der mitgelieferten Kunststoffdübel, handgeschnitzte Holzdübel – möglichst aus Bananenstauden, zu verwenden.
Für sechs Schrauben wurden 12 Löcher gebohrt. Wir kauften ein etwas schmäleres Waschbecken vom selben Hersteller. Die Aufhängung sollte kompatibel sein, war es aber nicht. Wir konnten das Gerät nicht mittig anbringen. Ich hätte neue Löcher bohren müssen, wagte es jedoch nicht, denn die Wand glich bereits einem Emmentaler-Käse. Wir befreiten das ursprüngliche Gerät vom Silikon, benutzten neue Kunststoffdübel, sägten die Rohrstücke auf gemessene und berechnete Werte. Ohne Tricks, Leim, Silikonband oder Silikonpaste war die Abwasserleitung dicht und gerettet.Waschbecken

(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Waschbecken
Bild zur originalen Montage:
https://hinterindien.com/2015/11/14/facharbeiten-im-los-land-ohne-sachverstand/

Umzug in die Kaulquappen-Lagune

Schlagartig wich unsere Freude am Fischtrog ernsthafter Besorgnis. Eine Mückenfarm vor dem Wohnzimmer wollten wir wegen Dengue- und Malaria-Gefahr nicht.
Dick hatte die Idee, die Dollar-Haie abzuwerten und sie positiv denkend, in der Kaulquappen-Lagune anzusiedeln. Gemeint war damit die zukünftige Unterkunft in den Zementröhren. Für die Umquartierung benötigten wir dringend Netze.
Wir fuhren in die Stadt und hielten vergeblich Ausschau. Kurz vor dem Abbruch unserer Bemühungen entdeckten wir auf den Treppen einer Bankfiliale prall gefüllte Beutel und Flaschen mit einzelnen bunten Kampffischen einer Fischhändlerin aus Songkhla. Sie arbeitete jeweils am Samstag in Satun.
Um unser Karma zu verbessern, stellten wir das Fahrzeug auf den gesegneten Grund von Wat Chanathipchaloem und pilgerten den Weg zur von Buddha persönlich gesandten Fischfachfrau. Natürlich bot sie ebenfalls kleine Netze an.

Im Fischtrog errichteten wir in der Nähe des bevorzugten Versteckes unserer nächtlichen Fleischfresser ein Mäuerchen aus Backstein. Danach pumpten wir fast die Hälfte des Wassers ab. Dick war im Umgang mit den Netzen sehr geschickt und erfolgreich.
Nach kurzer Zeit genossen die etwa fünfzehn Zentimeter langen Fische als Willkommensapéro erste Kaulquappen in der Lagune.
Wir füllten im Trog das Wasser wieder auf, entfernten die Mauer und setzten dann behutsam einige neue Zahnkarpfen, Guppy, aus. (6)
Das Verhalten der Fische im Trog änderte sich von hektisch auf beschaulich, als die Lebensgefahr beseitigt war.
In der Kaulquappen Lagune dagegen versuchten einige junge Frösche über die Wände zu entkommen. Seitdem die Chitala Ornata dort leben, laichten keine Frösche mehr, oder die Fische verzehrten spurlos Laich samt Fröschen. Nun müssen wir Futter importieren. Aber die Fische sind nicht wählerisch. Sie verschlingen auch Schnecken und Würmer.

Die Trilogie zeigt eindrücklich, wie kompliziert das einfache Leben in Thailand ist.
Die Wasserhyazinthe wurde als Problemfall am Fernsehen gezeigt. Niemand, ausser Betroffene, kümmern sich darum – und wenn – geschieht es auf bewährte, traditionelle Weise. Man schmeisst das Unkraut aus dem eigenen Teich in den des Nachbarn. Gleichzeitig befischt man sich dort für die Morgengabe!

Beim Einrichten eines Aquariums gilt, sich mit dem Lebensraum und den Eigenschaften der gewählten Fische vertraut zu machen, ist reine Zeitverschwendung und Luxus. Wenn die einen Fische andere auffressen, ist das ein Schauspiel ähnlich wie Thai Boxen. Wie viele Fische pro Liter Wasser Platz finden, wird in der Regel nur durch das Einkommen bestimmt.
Diese Denkweise gilt ebenfalls betreffend Familie, Mia Noi – das sind Nebenfrauen, Liebhaber triebgesteuerter aufgetakelter Fregatten, für technische Geräte wie Fernseher, Smartphones und Automobile. In zehn Jahren las ausser mir niemand die Beschreibung unseres Fahrzeuges, denn Verkehrsmittel funktionieren ohne all den Papierkram wie Ausweise und Versicherungen – oder fragen sie den sechs jährigen Verkehrsexperten mit Moped, nachdem er eine Alte, die nicht auswich, mit einem komplizierten Hüftgelenkbruch beglückte.
Die leidende Verunfallte hätte nun Zeit, eingehend das Wachstumsverhalten von Wasser-Hyazinthen zu beobachten und darüber einen detaillierten Report zu Handen des NCPO, National Council for Peace and Order, zu verfassen.

(6) http://de.wikipedia.org/wiki/Lebendgeb%C3%A4rende_Zahnkarpfen

Endlose Plackerei (mit Rosinen)

Im Dorf an den Reisfeldern versuchte ich, Selbständigkeit zurück zu gewinnen. Physiotherapeuten im Spital, Masseusen aus der näheren Umgebung, unterstützten mich.
Mit der linken Hand konnte ich keine Dart-Pfeile werfen. Die Distanz war zu lang, das Ziel zu hoch. Ich übte während Monaten. Bevor mir die Zielscheibe samt Pfeilen gestohlen wurden, traf ich wieder. Leider keine ausgewählten Ringe.

Im November sass ich im Wohnzimmer bis zu den Knien in den Fluten einer ortsüblichen Überschwemmung. Ernsthaft stellte ich mir die Frage, wie verrichten Damen von Welt, oder Gentlemen, in dieser Situation die Notdurft, denn die ganze Wohnung hat Badezimmer-Pegel. Besitzer eine Flügels von Steinway & Sons könnten ihr Geschäft diskret hinter dem Instrument verrichten. (1)
Einige Wochen zuvor dachte ich daran, das Häuschen auszubauen, ein rollstuhltaugliches Badezimmer und eine kleine Terrasse als Esszimmer zu errichten. Nach der Flut plante ich einen Neubau, mindestens einen Meter über dem Strassenniveau. Ich zeichnete Pläne und konstruierte ein behindertenfreundliches Gebäude mit leichten Steigungen, ohne Schwellen und verkehrsbremsende Türen. Für die Fussgänger gab es unvermeidliche Treppen. Für mich dreissig Meter Umweg. 2004 Haus 141 Das Haus steht und ist seitdem meine bevorzugte Unterkunft, das beste Hotel Asiens.
Weil ich nun fast während des ganzen Jahres in Chiang Mai lebte, litt ich zunehmend unter dem kühlen Winterwetter. Die Temperaturen fallen nachts manchmal im Garten unter zehn Grad Celsius. Mit elektrischen Heizkörpern, konnten wir bloss ein kleines Zimmer wärmen.

Letztes Jahr verreisten wir nach Sabah, bevor es grimmig kalt wurde. Danach wollte ich eigentlich im Raum Singapur – Malaysia überwintern. Kurzfristig konnte ich die notwendige Medizinaltechnik nicht erwerben. Zwangsläufig reisten wir am 19. Januar nach Chiang Mai zurück. Am 20. Januar erlebte ich ein böses Erwachen. Die Kälte lähmte mich. Die Schmerzen waren unerträglich. Ich begann den grössten Fehler meines Lebens: Ich schonte mich. Innerhalb weniger Wochen waren meine Muskeln verschwunden. Ich schaffte die lebenswichtige Strecke vom WC in den Rollstuhl nicht mehr. Ich konnte weder Flaschen noch Getränkedosen öffnen.
Masseusen verschlimmerten meine Leiden, weil sie versuchten, die Gelenke zu behandeln. Die Beste und Teuerste versuchte es mit heissen Umschlägen, bis ich sie in die Wüste schickte. Sechs Monate arbeitete ich daran, die Kraft zurück zu gewinnen und riss mir dabei verschiedentlich den Hintern auf. Zusätzlich waren die Hüften vom Liegen und Anprallen von Dekubitus-Geschwüren dekoriert. (2)
Mein Bruder war schwer krank. Ich wollte ihn besuchen und war unfähig zum Reisen. Ich hasste mich.

Dick arbeitete, nach dem sie mich frisch gepflastert hatte, im Salon. Es war gut so, denn auf diese Weise musste sie sich nicht den ganzen Tag lang mein gequältes Stöhnen anhören. Eine Schwierigkeit war, dass sie um fünf Uhr nachmittags kurzfristig zu abendlichen Sitzungen der Gemeinde aufgefordert wurde. Dort wurden Probleme nur gewälzt, nie gelöst. Anstelle feiner Häppchen gab es geisttötendes Palaver.
Sofern die Gemeinde keine dringenden Anliegen hatte, waren es Nachbarn und endlos die Familie, drei erwachsene Kinder, deren Kinder, Onkel, Tanten, am Häufigsten – die Mutter. Weitere Abwesenheiten waren Geburtstagsfeiern, Hochzeiten und unvermeidlich, unplanbar – Kremationen. Wenn Dick nach zehn bis vierzehn Stunden Abwesenheit ermüdet vom Tagewerk zurückkam, vergass sie die Einkäufe. Es gab kein Futter im Haus.
Mein Ziel war klar: Ich wollte dringend weg. Zwecks Umgehung der neunzig Tage Regel verreisten wir üblicherweise spätestens alle neunzig Tage. Nun war ich seit Januar gefangen, in meinem selbst gebauten Verlies. Ende August war es soweit, ich schaffte den Badezimmer-Transfer und reiste in die Schweiz. Mein Bruder verstarb am Tag der Abreise.2012 Haus  März Seit September suchten wir in Malaysia eine Unterkunft an der Wärme.
Auf Lankawi, Kuah, fasste ich Mitte Oktober einen überflüssigen Dünnpfiff. Der schwächte mich. Erneut fehlte die Kraft zum Stützen. Bei Transfers vom WC in den Rollstuhl riss ich wieder den Hintern auf. Ich war allein. Dick besuchte ihre Mutter in Chiang Mai und litt später an Dengue Fieber.
Meine Wunden eiterten. Dick war zur Stelle. Wattestäbchen, Betadine und sechs Meter Pflaster halfen etwas. Das Zeug ist zugeflickt, nicht ganz dicht, dafür immer noch schmerzhaft. Weil Dick nur dreissig Tage in Malaysia bleiben kann, pendeln wir zwischen Langkawi und Satun.

(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Steinway_%26_Sons
(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Dekubitus

Gesundheitliche Gefahren in Malaysia

Die grösste Gefahr lauert in den Kochtöpfen. Die Menschen essen zu viel. Sie schleppen Übergewicht mit sich herum. Sie leiden unter Zuckerkrankheit. Reichliche, zudem falsche Ernährung bewirken hohe Blut-Cholesterinspiegel.
Interessant: Cholesterinsenker stellen das weltweit umsatzstärkste Segment des Pharmamarktes dar. Bereits vor zehn Jahren wurden mit Cholesterinsenkern weltweit Umsätze von 27 Milliarden US-Dollar erzielt.Kedai Makanan
Bis im September 2014 wurden in Malaysia 68’144 Fälle von Dengue-Fieber registriert. Das ist das Vierfache gegenüber der Vergleichsperiode vor einem Jahr. 2014 starben bereits 131 Menschen.
Unter dem Einfluss der Militärregierung sind in Thailand seit Beginn des Jahres nur 6’420 Personen an Dengue erkrankt, so wenig wie seit 5 Jahren nicht mehr. (Das illustriert deutlich, dass Zivilregierungen wenig taugen oder Militärs bessere Statistiker haben.)

Die Gesundheitsbehörden in Malaysia klagen allgemein über einen Anstieg der Infektionskrankheiten. Sie machen vor allem illegale Einwanderer dafür verantwortlich. Eigentlich wären Vorsorge-Untersuchungen für ausländische Studenten und Arbeiter obligatorisch. Schwarzarbeiter kümmern sich kaum um staatliche Vorschriften und Gesetze.
Tuberkulose verbreitet sich ungehindert. Die Sterberate durch Tuberkulose ist höher als bei Dengue.
Von 1‘270‘000 Gastarbeitern versäumten 45‘000 die Zweituntersuchung. Ein zeitlich begrenzter Straferlass der Regierung für ungefähr 1‘300‘000 Schwarzarbeiter steigerte die Erfolgsquote für Untersuchungen kaum. Nur 400‘000 Illegale meldeten sich. Von diesen hatten 24’000 Menschen ansteckende Krankheiten.

Impfstoffe gegen Tuberkulose, Diphterie, Kinderlähmung, Keuchhusten und Hepatitis B sind vorhanden. Diese Krankheiten waren, wie Lepra, praktisch ausgemerzt. Nun werden diese Seuchen wieder durch Leichtsinn und Dummheit verbreitet.

Als vorsichtiger Mensch trinke ich viel Tee zur Bekämpfung von Bakterien und Viren. Zum Frühstück mag ich Pefferminztee. Am späteren Nachmittag, nach anstrengenden Wanderungen, bestelle ich üblicherweise ‚Long Island Tee‘. Dieser Tee ist verwandt mit einem Getränk namens ‚Borneo Tea Party‘ aus Kota Kinabalu. (1) Der feine Unterschied ist, in ‚Borneo Tea Party‘ wurde weniger Eis, dafür mehr Schnaps verwendet.

Annie Freeda Cruez, Foreign ills, The sun, 29. Sep. 2014 (2)
(1) https://hinterindien.com/2014/01/15/borneo-tee/
(2) http://en.wikipedia.org/wiki/The_Sun_(Malaysia)

Harte Hammerschläge aus der Schule

Mowgli fehlte wegen Dengue-Fieber zwei Wochen in der Ausbildungsstätte. Er kündigte seinen erneuten Schulbesuch telefonisch an.
Der Lehrer war glücklich. Der Klassenbestand reduzierte sich am Wochenanfang auf einen Schüler. Andere Jugendliche nahmen offenbar Fieber-Urlaub oder demonstrierten für fünfhundert Baht pro Tag bei freier Fahrt plus Verpflegung in Bangkok. (1)
Zusätzlich gab es drei bis vier abwesende Schüler, welchen ein Ausschluss der weiteren Teilnahme am Unterricht droht.
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Zwei lebenslustige junge Frauen fielen dem Hammer zum Opfer. Sie feilten, bis sie schwanger wurden. Genau gesagt, sie arbeiteten nicht am Schraubstock. Sie schonten ihre zarten Hände und verreisten mit ihren Kollegen lieber zum Karaoke. Diese Schuppen sind reine Anmach-Biotope. Einige heisse Liebeslieder – und nicht nur die Jugendlichen wenden Texte praktisch an. Latex gibt es in Hinterindien meist nur in Form von Bäumen.

Als ich neu im Dorf im Grossraum Chiang Mai war, fiel mir ein – wie ein Filmstar aufgetakeltes, glitzerndes, Schulmädchen auf. Die reine Verführung in Person. In dieser Aufmachung arbeitete sie gewiss nicht im Reisfeld. Ich sprach die junge Frau an. Hüftenschwingend antwortete sie mit blitzenden Zähnen:
„I’m a sing a song girl”!
“Aber sie kann nicht singen”, sagte Khun Poo im Vorübergehen. Dennoch war die Bezaubernde die unangefochtene Karaoke-Königin heisser Nächte. Die Nächte begannen bereits am Nachmittag, nachdem Masseuse, Frisöse und Visagistin ihre Dienste vollendeten und die ersten Bewunderer ihrer Hingabe in Luxus-Karossen ins Dorf rollten.
Nach unzähligen Liebhabern fand sie einen kapitalkräftigen Verehrer aus Singapur und heiratete ihn.

Das Schicksal traf einen jungen Mann, ebenfalls in einem Karaoke-Etablissement. Als genügend Stoffe sein Hirn umnebelten, kitzelte er zugedröhnt mit einer langen Messerklinge den Bauchraum seines Kollegen. Wie lange er im Knast sitzt, bestimmen nicht die Götter, sondern wie üblich die Währung der Gerechtigkeit, der Baht.
Wegen Drogen holte die Polizei zusätzlich einen Jungen von der Schule ab.

Auf diese Weise reduzierte sich die Anzahl der Schüler seit Semesterbeginn im November von dreizehn auf neun, eventuell zehn. Am Anfang waren es achtzehn verheissungsvolle, junge Leute!
Nun verstehe ich die Aussage des Lehrers im Beitrag “Der Hammer“: … wenn drei Schüler einen erfolgreichen Abschluss schafften, seien sie zufrieden.*

(1) http://www.wochenblitz.com/nachrichten/bangkok/45700-demonstranten-besetzen-finanz-und-aussenministerium.html#contenttxt
(1) http://www.spiegel.de/politik/ausland/bangkok-thailands-machthaber-jagen-anfuehrer-der-revolte-a-935654.html
(1) http://www.blick.ch/news/ausland/demonstranten-in-thailand-dehnen-proteste-aus-id2549717.html
(*) http://wp.me/p2ljyL-1aV

Heisse Tropen-Fieber-Träume

Jahrelang empfahl ich allen Bewohnern und Gästen beim Betreten unserer Häuser in LanNa Land:
“Bitte die Moskitogitter unverzüglich schliessen. Mücken sind nicht nur unangenehme Blutsauger. Sie übertragen Krankheiten wie Chikungunya, (1) Dengue (2) und Malaria (3).“
MückeNik
Das Chikungunya-Virus wird durch den Stich verschiedener Stechmücken wie der Malariamücken Anopheles, Aedes, Culex und Mansonia übertragen. (4) Das Krankheitsbild ähnelt teilweise dem Dengue-Fieber oder dem Gelbfieber. Das Chikungunya-Virus ist mit dem O’nyong-nyong-Virus aus Ost- und Zentralafrika verwandt.

Bei Dengue existieren vier verschiedene Untergruppen des Virus. Die Krankheit zeigt häufig unspezifische Symptome oder solche, die einer schweren Grippe ähneln. Die Symptome umfassen Fieber bis 40 °C mit Schüttelfrost, Lichtempfindlichkeit der Augen und starke Kopf-, Muskel- und Gliederschmerzen. Ein heftiger Krankheitsverlauf tritt bei „Hämorrhagischem Denguefieber“ mit inneren Blutungen auf. Es gibt ein Dengue-Schock-Syndrom.
Gegen Dengue Erkrankungen gibt es zur Zeit weder Impfung, noch eine spezifische antivirale Behandlung.

Malaria, auch Sumpffieber oder Wechselfieber genannt, wird durch einzellige Parasiten der Gattung Plasmodium hervorgerufen.
Die Symptome der Malaria sind hohes, wiederkehrendes und periodisches Fieber, Schüttelfrost, Beschwerden des Magen-Darm-Trakts und Krämpfe.
Die Behandlung wird zusehends schwieriger, weil viele der Medikamente gegen die Erreger unwirksam sind (Resistenzbildung).

Ich erklärte oft:
„Ich litt bereits zwei Mal an Dengue. Es gibt verschiedene Arten. Der nächste Stich könnte tödlich sein“.
Mowgli und Dick hörten sich meine Warnungen, wenn wieder ein Gitter offen blieb, reaktionslos an. Die Mücken mögen mein Farangblut. Sie, die Einheimischen, werden seltener gestochen.
Weil sich keiner um den Schutz bemühte, wurde ich unfreundlich und beendete in den letzten Wochen meine Sprüche mit:
„Hoffentlich sticht Euch die nächste Anopheles- (Tiger-) Mücke!“

Ende Oktober hatte ich extreme Muskelschmerzen. Wegen der Augen mied ich das Licht. Die Körpertemperatur war normal. Das liess mich an meine Dengue-Erlebnisse denken.
Mehrere Mücken beglückten mich.
Wenn ich überall sprayte und salbte, stachen mich die Viecher in die Finger. Es kann vorkommen, dass mein Uhren-Armband etwas locker auf der Haut liegt. Ein frecher Blutsauger benutzte die Gelegenheit und stach unter das Armband.
Es gibt verschiedenste Mücken Sprays. Unter vielen fand ich Citronella, auf der Basis von Zitronengras. Mit der Zeit gab es Hautreaktionen. Dann wechselte ich auf ein anderes Präparat. Dick hat zwei Parfums, die komischerweise und unbeabsichtigt Schutzwirkung zeigen.

Im Dorf grassiert gegenwärtig eine Dengue-Epidemie.
Seit vier Tagen hatte Mowgli hohes Fieber mit Schüttelfrost. Der erste Bluttest war ergebnislos. Fehldiagnose im Spital. Zwei Tage später wussten wir, es ist Dengue-Fieber.
Der Oberarzt war wütend, als er die Schludrigkeit der ersten Blut-Analyse entdeckte.
Das Distrikt Spital ist gegenwärtig voller Dengue Patienten. Wirksame Medikamente gibt es keine, ausser Paracetamol gegen das Fieber.

Im laufenden Jahr, bis zum 6. November 2013, seien in Thailand 129 Menschen an den Folgen von Dengue-Fieber gestorben. Insgesamt erkrankten 139’681 Menschen. Alle die Opfer, welche keine Ärzte sahen und alle die Ärzte die Dengue nicht diagnostizieren konnten, verfälschen die genauen Angaben, die man getrost mit 1,987 multiplizieren kann.

Ich gönne Mowgli die neue, schmerzhafte Erfahrung, denn in seiner Behausung installierten wir die sinnvollen Gitter vergeblich.
In spätestens vier Wochen vergisst er seine Krankheit und meine Hinweise. Der ermüdende Gitterkrieg wird fortgesetzt.
Moskito Gitter sind für die Einheimischen unnötiger Luxus. In vielen Häusern stehen mehrere Fernsehgeräte. Die paar Baht für Gitter fehlen. Und wenn man Gitter hätte, müsste man lernen, sie zu benutzen.
Gegen Mücken schützen in Hinterindien Amulette. Die holt man sich nicht in der Apotheke, sondern im Tempel. Die Gelbröcke dürften weder Amulette herstellen, segnen, noch verkaufen. Der Handel floriert. Die heiligen Dinger schützen nicht nur vor Mücken, sondern wirken ebenso gegen HIV, Mundgeruch und Verkehrsunfälle!

Norbert Blüm schrieb in der Süddeutschen Zeitung vom 7. Oktober 2003:
„Die Pharmaindustrie gibt weltweit doppelt so viel Forschungsmittel im Kampf gegen Haarausfall und Erektionsschwächen aus wie gegen Malaria, Gelbfieber und Bilharziose. Das ist marktwirtschaftlich konsequent, denn die Kunden mit Erektionsschwächen und Haarausfall haben in der Regel mehr Kaufkraft als die Malaria- und Gelbfieberkranken.“

(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Chikungunya-Virus
(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Denguefieber
(3) http://de.wikipedia.org/wiki/Malaria
(4) http://de.wikipedia.org/wiki/Anopheles
(n) http://www.20min.ch/wissen/news/story/Tigermuecken-Eier-noerdlich-der-Alpen-nachgewiesen-10191306
(n) http://www.thailand-tip.com/nachrichten/news/thailand-droht-eine-der-groessten-dengue-fieber-epidemien/

Reisen II

Im Süden Nepals befindet sich der Chitwan National Park. Dort leben neben Tigern,  Leoparden, Lippenbären, Rotwild, Insekten, Schlangen, Nagern und unzähligen Vogelarten über fünfhundert einhörnige Panzernashörner. Das Reservat umfasst 932 Quadratkilometer. Südlich anschliessend, auf indischem Territorium, liegt der Valmiki National Park. Östlich des Chitwan schliesst das Parsa Reservat an.
Zusammengerechnet sind das über 2000 Quadratkilometer Fläche. Ein schöner Weideplatz für viele grosse, wilde Tiere.

Unsere Freunde reisten einst nach Nepal und besuchten mit Boot und Führer den Park.
Im reichlich mit Krokodilen dekorierten  Rapti Fluss, gelangten sie durch lichten Dschungel* an eine günstige, nach den Spuren zu schliessen, öfters benutzte Anlegestelle. Dann begann in der schwülen, drückenden Hitze alles andere als ein gemütlicher Sonntagsspaziergang im unwirtlichen Gelände.
Wie bei einem Erdbeben erzitterte plötzlich der Boden. Mit Getöse und Schnauben rannte mit einer Geschwindigkeit von annähernd 45 Kilometern pro Stunde, ein in seiner Ruhe gestörtes Panzernashorn auf die Gruppe zu. Der nepalesische Führer erkannte die drohende Gefahr, schnappte sich die Dame und ging mit ihr in Deckung.
Ähnlich wie einst Arnold Winkelried (1) in der Schlacht von Sempach, opferte sich der Reisegefährte und nahm unfreiwillig die volle Wucht des Hornes des wütenden Tieres mit seinem Hintern auf. Au Backe!

Das Grüppchen mit dem blutenden, grausam Verletzten fand in einem kleinen Dorf einen Arzt. Im einzigen Haus mit Fenstern und etwas Tageslicht reinigte und nähte der Medizinmann, begutachtet von sämtlichen Einwohnern, sie drückten sich die Nasen an den Scheiben platt, die grässliche Wunde zusammen. Ob er noch Garn für die Hose übrig hatte, entzieht sich meiner Kenntnis.
Mit viel Glück und einem Flugzeug einer europäischen Armee wurde der Verletzte nach Euroland geflogen, wo er sich in einem Krankenhaus vom Nashornstich erholte.

Zweimal stachen mich winzige Mücken ins Krankenlager. (Dengue Fieber, 2). An drei Kilogramm Horn verschwende ich besser keine Gedanken.

Als die staunenden Grosskinder eines Tages die Nashorngeschichte vernahmen, glaubten sie anfänglich kein Wort. Ein ganz gewitzter Gernegross rief:
„Grossvater, das ist unglaublich. Das will ich sehen. Mach bitte die Hosen runter!“
Immer wieder fragten die Kinder bei Besuchen:
„Wie geht es deinem Hintern? Dürfen wir noch einmal schauen?“

Wir hatten keine Ahnung vom gewaltigen Schicksalsschlag, der den tapferen Mann traf. Kein nepalesisches Panzer-Nashorn konnte ihn von weiteren Reisen abhalten.

Der Velust ist schmerzhaft und mit gebührenden Respekt schreibe ich:
‘Ruhe sanft, grosser Wanderer.‘

(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Arnold_Winkelried
(2) http://www.msf.ch/de/unsere-einsaetze/was-wir-tun/ueberblick/dengue-1/?gclid=CL3-2fC6r7ICFVEX6wodqQEAMw

* Zum Vergleich: Im dichten Dschungel Malaysias erlaubte die Dunkelheit das Fotografieren nicht. Kommunistische Kämpfer, sie fochten gegen die Kolonialmacht Grossbritannien und versteckten sich seinerzeit lange im Urwald, verrieten sich oft durch ihre helle Hautfarbe.