Fischfang im Garten

Mein Grossvater in Aarau war mein bewunderter Lehrmeister betreffend „abendliches Baden von Würmern“ im rauschenden Fluss Aare. Das gemeinsame, meist ergebnislose Angeln, hinterliess tiefe Eindrücke und weckte mein Interesse für Fische.

Am 1. Juli traten in Thailand neue Regeln der Regierung für das Fischereiwesen in Kraft. Die Marktpreise für Meeresfrüchte stiegen darauf sofort um zwanzig bis dreissig Prozent. (1) Die weitverbreitete, landesübliche Garnelensuppe „Tom Yum Goong“ (2) könnte sich zur Spitzen-Delikatesse reserviert für Generäle, Mafiosi und andere Grossverdiener entwickeln. Für Ausgebeutete, mit bescheidenen Durchschnittseinkommen von dreihundert Baht pro Tag, wenn die Frau mitverdient etwas mehr, werden Meeresfrüchte unerschwinglich.

Um noch von den günstigen Preisen zu profitieren, schulterten wir unsere Angelausrüstung am letzten Juniabend und wanderten im Garten zum grösseren Teich. Dort siedelten sich durch Überschwemmungen zahlreiche neue Fischsorten an. Sie verdrängten und frassen die Ureinwohner, zumeist Vertreter der Familie der Fadenfische. Die Zuzüger unter dem Bambus, dem Mango- und dem Chompoo-, dem Rosenapfel-Baum, vermehrten sich schnell. Es rieseln dauernd Ameisen, Bambuswürmer und Früchte ins grünliche, von Algen durchsetzte Wasser.
Dick entdeckte mindestens zwei, zwischen Pflanzen versteckte, Halbmeter lange „Tausend Dollar Fische“, Chitala Ornata. Neben Guppy bevölkern etwa vier Generationen Catfish, Welse und Zwergwelse den Teich. (3) Es hat Jungfische, eine Menge in idealer Bratpfannengrösse und wenige Riesentiere.
Meine hochtechnisierte, verstellbare Superrute mit extrem leichtgängiger Angelrolle, mit dem Gerät landete ich alleine problemlos Siebenkilo-Brocken, wurde von Ausländern gestohlen. (4) Thais als geborene Buddhisten lügen, stehlen und morden nicht – nie.
Jetzt benutzen wir einen heimtückischen Billigstimport. Das Garn dürfte ab wenigen Kilogramm Last reissen. Kämpfende Fische werden die billige Rute brechen. Bei unaufmerksamen Anfängern wie Mowgli, frass die Rolle bereits meterweise Leine in die Schraube.

Die Kamerafrau stellte ihr Gerät sorgfältig auf. Sie wollte den Riesenfischfang als einmaliges Dokument festhalten. Mowgli und ich konzentrierten uns auf Angelhaken und Schwimmer. Zu dritt holten wir zum Verspeisen fünf Welse aus dem Teich. Zwei minderjährige Kandidaten setzten wir unverletzt in den Teich zurück.
Wir dachten, wir hätten einen langen Film: Drei Personen fangen sieben Fische! Nein, die beschäftigte Künstlerin vergass, die Batterien zu laden. (Video) Wegen der Barteln heisst er CATFISH

Der erste Kandidat versuchte vergeblich zu entkommen. Sein Kollege, der zufällig in das Netz geriet, hechtete nach Wels Art hinaus und wählte die Freiheit. (5) Unser Fisch, ein Nachahmer, machte sich dünn und schlüpfte trickreich durch die Maschen. Aber – er hing noch am Haken. Darum lachten wir.

Zwei der Fische fanden den Weg in unsere Küche. Eine Bratpfanne, einige Tropfen Öl,
etwas Salz und eine Spur Thymian bereiteten aus den Welsen ein Festessen. Dazu genossen wir frisches Brot und eine Flasche Pinot Grigio, Grau-Burgunder.
Das delikate Fleisch war zart, ohne den typischen Fischgeschmack, wie wir ihn von gekauften Tieren her kennen.
Ich behaupte, das Menu mit Catfish war weitaus besser, als eine Polenta mit Pilzsosse, ergänzt mit Nachbars Katzen, gegrillt à la mode du Chef.

(1) http://www.wochenblitz.com/nachrichten/bangkok/65286
(2) http://www.eatingthaifood.com/2014/08/tom-yum-soup-recipe/
(3) https://de.wikipedia.org/wiki/Echte_Welse
(4) https://de.wikipedia.org/wiki/Angelrute
(5) https://de.wikipedia.org/wiki/Wiktor_Andrejewitsch_Krawtschenko_(Diplomat)
(Video) http://www.youtube.com/watch?v=cGmkqVP37BY

Anmerkung: Die Geschichte enthält Widersprüche. Kein Mensch wird beispielsweise mit einer Religion im Bauch oder in den Genen geboren.
Der Unterschied zwischen Wels und Zwergwels ist einerseits die Grösse, andererseits die Anzahl der Barteln, Wels 6, Zwergwels 8.

Jagdinstinkt und Wissenschaft

In Satun, am Ta Li Klai Fluss, gibt es mehrere Affenfelsen. Einen weiteren fanden wir im Khao to Phaya Wang Park. Im Gegensatz zum Gebiet westlich – an der Satun-Thani 5 Allee – betteln die Affen. Sie sind dennoch freundlich und nicht aufdringlich, wie die beinahe unerträglichen Bestien in Lopburi. Dort beherrschen die Viecher die ganze Stadt. Sie sind aggressiv, schnappen sich Handtaschen und alles was ihre Begierde erweckt.
Auf den Inseln um Langkawi sind die Tiere ebenfalls durch Touristen
geschädigt. Einem Bekannten stahl ein Säufer-Affe seine geöffnete Bierdose. Als der durstige Australier nach der Reserve hinter sich greifen wollte, war diese bereits verschwunden.
Aeffin mit Kleinem
Im Park in Satun warten die Tiere geduldig am Eingang auf Mitbringsel der Besucher. Ein Bananenverkäufer macht gute Geschäfte, ohne dass sich die Äffchen die Ware in Selbstbedienung abholen.

Die Landschaft mit Pflanzen, Bäumen, Lianen ist grossartig. Die Felsen zeigen Spuren der Erdgeschichte, wie sie durch ungeheure Kräfte offenbar schräg aus dem Wasser gehoben wurden. Ein trauriges Kapitel unserer Wegwerfgesellschaft offenbart der Fluss, der beinahe am Abfall zu ersticken droht. Durch den Einfluss von Ebbe und Flut fliesst der Abfall nicht weg, sondern wird nur hin und her geschoben.
Die besondere Attraktivität für uns war dennoch das Gewässer. Wir brachten unsere kleinen Netze mit. Ich dachte, eventuell finden wir neue, unbekannte Fadenfische, denn die Händlerin aus Songkhla verkaufte uns kranke Guppys. Als wir zum Einsetzen der Fische den Beutel öffneten, roch ich Tetracycline oder ähnliche Antibiotika. (X) Mein Verdacht bestätigte sich, als wir täglich neue Rückenschwimmer fanden.
Nicht nur zur preisgünstigen Gewinnung von Garnelen, sondern ebenfalls in der Fischzucht wird Chemie durch Laien im grossen Stil eingesetzt. An entstehende Schäden durch den Verzehr gedopter Speisen oder durch die unvermeidbaren Rückstände in der Landschaft denkt in Hinterindien – ausser Buddha im Nirwana – keiner. Bäume im Park
Dick brachte mir nach kurzer Zeit eine Flasche mit sieben kleinen kaulquappenartigen Tieren. Sie bewegten sich in der bräunlichen Brühe zu rasch und hatten keine verräterischen Schwänze.
Zu Hause gossen wir behutsam frisch gepumptes Wasser nach. Ich staunte. Die Lebewesen ähnelten nun Miniaturausgaben von Diskusfischen.
Teilweise war die Streifenzeichnung deutlich sichtbar, andere Muster waren eher punktförmig. Wir hatten keine Wahl, als den Fang in den Trog zu geben. Wir befürchteten, in wenigen Augenblicken sämtliche Tiere zu verlieren. Die Kleinen schwammen in Formation und zeigten teilweise sofort Farbe. Der Kopfteil einiger Fische war gelb, ob dunkle Vertikal-Streifen oder bloss Punkte die Körper zieren, wissen wir bis heute nicht eindeutig. Es ist möglich, dass einige Tiere Streifen, andere Punkte haben. Für einwandfreie Fotos waren die Schwimmer zu schnell, zu klein und unsere Ausrüstung eher ungenügend. Befürchteten Angriffen der grösseren Fische entkamen die Kleinen durch ihre Geschwindigkeit.

Wie Wikipedia zeigt, stammen die Diskusfische, ebenfalls als Diskusbuntbarsche bekannt, ursprünglich aus dem Amazonasgebiet. (Y) Im November 1833 fing der österreichische Forschungsreisende Johann Natterer am Rio Negro im Stadt-Bereich von Manaus, Brasilien, ein Exemplar der von Johann Jakob Heckel 1840 als Symphysodon beschriebenen Buntbarschgattung. Diese Cichliden haben einen hochrückigen Korper. Die gerundeten Rücken- und Afterflossen unserer Fische sind noch kaum erkennbar.
Möglicherweise handelt es sich um eine Art thailändischer Buntbarsche. Wenn nicht, wie gelangten die Amazonasbewohner in den Ta Li Klai?
Vielleicht wissen wir in einer Woche dank aufmerksamer Leser mehr. Dicks Jagdinstinkt und mein wissenschaftliches Interesse jedenfalls sind geweckt.

(X) http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0025326X0200320X
(Y) http://de.wikipedia.org/wiki/Diskusfische

Trojanische Pferde im Fischtrog II

Fischtrog WegweiserErste Fischlein fingen wir in den durch rücksichtslose Bauarbeiten übel zugerichteten Rinnsalen am Ta Li Klai. Dann holte die Vermieterin von einem Nachbarn einen Wasser-Schöpfer voller lebendgebärenden Guppys. (2) Es ist ein wundervoller Anblick, wenn ein knapp vier Zentimeter kurzes Fischweibchen mehrere Jungtiere ins Wasser setzt. Diese Fische hatten durch jahrelange Inzucht Grösse und Farben verloren. Abhilfe und frisches Blut sollten meines Erachtens einige Guppy aus einer Fisch-Handlung bringen.

Den optimalen Fisch-Besatz stellte ich mir mit zusätzlichen Gurami vor. (3) Die dekorativen Gurami sind einheimische Fadenfische. Sie sind durch ihr Labyrinth-Atmungsorgan an warmes, sauerstoffarmes Wasser gewöhnt. Es gibt sie in allen Spielarten und Grössen, bis zum riesigen Speisefisch. Berühmt sind die küssenden Gurami. Am aggressivsten sind die farbenprächtigen kleinen Kampffische. Ich wünschte blau marmorierte Fische zwecks Farbe, blassrote und silbrige Fadenfische, jugendlich schwarz gestreift, zum späteren Verspeisen.
Wir suchten während Tagen ein Geschäft mit Zierfischen. In Satun gibt es keine Aquarienhandlung. Man nimmt ein Netz und holt sich den Bedarf im nächsten Gewässer. Das einzige verfügbare Netz im Haus war das Stromnetz.

Der wohlwollende Gemahl der Vermieterin überreichte Dick auf dem Markt einige Plastiksäcke mit Fischen aus Hat Yai. Als sie mir die Geschenke präsentierte, murmelte ich: „Zu viele Tiere! Das Wasser wird grün. Wir haben keine Filter.“
Der erste Beutel enthielt einen farbenfreudigen, vielversprechenden Schwarm von Guppy. Im zweiten Behälter schwammen durch den Transport erblasste blau marmorierte Fadenfische. Ein Quartett junger Speisegurami war im nächsten Sack.
„Zu viele Fische für die paar Kubikmeter“, dachte ich. Ich sah den letzten Behälter und erbleichte. Da war ein Pärchen „Tausend Dollar“ Fische, Chitala Ornata. Gute Nacht! (4,5)
Chitala Ornata, Pla Klaey, sind scheue, schuppenlose Fische. Sie leben in den Gewässern Thailands und einiger Nachbarländer. Der Name „Tausend Dollar“ stammt möglicherweise von den eingeprägten Nullen auf dem schlanken Körper. Die Tiere verstecken sich während des Tages. In der Dämmerung und in der Nacht werden sie aktiv, das heisst, sie jagen und fressen alles, was ins Maul passt. Die Tierlein wachsen schnell bis zu einer Länge von einem Meter. Das Gewicht liegt dann bei sechs Kilogramm. Mit der Grösse dieser Fische nimmt deren Appetit zu.
Zum Schutz der Guppy und Fadenfische fütterten wir zusätzlich Kaulquappen aus dem Garten. Frösche legen täglich Eier in Pfützen von zwei Zementröhren. Dennoch schwänzten eines Morgens bereits etwa die Hälfte der Guppy den Frühstücksapell. Einen Tag später konnte man die Überlebenden an einer Hand abzählen. In wenigen Tagen würden Guppys zum Vertilgen der Mückenlarven fehlen. Wenn die Fadenfische nicht schnell genug wachsen, werden sie selbst zu Fischfutter. Diese „Tausend Dollar“ Fische sollten Vegetarier imitieren und sich von Wasser-Hyazinthen ernähren. Dann wären gleichzeitig mehrere Probleme gelöst.
Bitte schenken sie uns keine Fische oder nur in Form tiefgefrorener, panierter Dorsch-Filets, dazu ein bekömmliches Fläschchen Lebertran – AOC, selbstverständlich.

(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Guppy
(3) http://de.wikipedia.org/wiki/Fadenfische
(4) http://de.wikipedia.org/wiki/Tausenddollarfisch
(5) https://hinterindien.com/2012/08/20/kein-fischerlatein/

Kein Fischerlatein

Hinter und vor dem Haus gibt es je einen Teich. Anfänglich setzte ich Zahnkarpfen und Fadenfische ein. Liebliche Seerosen erfreuten das Auge. Papyrus wucherte. De Fische gediehen und vermehrten sich. Die wachsenden Gurami frassen die Seerosen ratzekahl. Zum Gemüse verschmähten sie Guppy nicht. Dick fütterte die stets hungrigen Speise Gurami, Osphronemus gorami, mit Kokosraspel und Gemüseabfällen. Bei guter Laune fiel hin und wieder ein Häppchen für mich ab. Später verspiesen wir diese Fische selbst. Das Fangen war nicht ganz einfach. Die einst kleinen Fischlein entwickelten sich zu gewaltigen Brocken und wogen an die sieben Kilogramm.

Bei Überflutungen des Gartens hatten die Fische zwar freien Ausgang. Sie weideten unter Palmen und Sträuchern. Wenn der Wasserpegel sank. kehrten sie freiwillig in die Becken zurück. Von den grossen Gurami verloren wir keine.
Nur als sie erst halbwüchsig waren, also in der Pubertät, verirrte sich mal einer zum Beauty Salon. Vermutlich wollte er ein Schuppenmittel.

Die Mosaik- und Marmor-Fadenfische fanden wir wieder, als die Trübung verschwand. Die Fadenfische zeigen ein interessantes Brutverhalten. Die Männchen bauen Schaumnester und übernehmen die Pflege. Ungefähr einen Tag nach dem Laichen, schlüpfen sehr kleine Larven. Sie tragen einen  Dottersack mit einem Ölanteil. Dessen Auftrieb hält sie weiter im Schaumnest. Aus dem Nest gespülte Larven werden vom Männchen mit dem Maul eingefangen und zurück in das Nest gespuckt, sofern Väterchen nicht unter Schluckauf leidet.

Möglicherweise nahmen einige lebendgebärenden Zahnkarpfen (Poeciliinae),vor allem Guppy, Reissaus. Aber bei deren Gebärfreudigkeit spielte das keine Rolle. Vielmehr zeigte sich eine wundersame Vermehrung der Arten. Aale fühlten sich in den Wurzeln des Papyrus wohl. Wir fanden zwei Gattungen, die wir ohne Netz und Angeln fingen.
Die Schlangenkopffische gehen in der Regenzeit auf Wanderschaft.
Ein Suprabranchialorgan im Kiemenraum, das aus einem gefalteten und gut durchbluteten Epithel besteht, ermöglicht ihnen Luft zu atmen. Die sammelten wir wiederholt im Gras ein.

Wandernder Schlangenkopffisch. Zwischenstation auf dem Weg in die Bratpfanne.

Kampfbereit und aggressiv sind die Tausenddollarfische, Pla Klaey, Chitalata Ornata, bei Revierkämpfen. Diese aussergewöhnlichen Raubfische sind zugewandert. Ich hatte keine Ahnung von ihnen. Dick fand innerhalb weniger Tage zwei. Sie sprangen im Garten in den Tod. Die Länge betrug ungefähr fünfundfünfzig Zentimeter .

http://de.wikipedia.org/wiki/Fadenfische
http://de.wikipedia.org/wiki/Lebendgeb%C3%A4rende_Zahnkarpfen
http://www.aquatips.de/bild.htm
http://joomla.igl-home.de/phpBB3/viewtopic.php?f=19&t=4137
http://de.wikipedia.org/wiki/Schlangenkopffische