Alte Verletzungen und zusätzliche winterliche Kälte hinterlassen wenig Lebensfreude. Ich habe ausser einem elektrischen, stromfressenden Heizkörper Marke Solar, nur einen Arm zur Verfügung. Der reicht nicht einmal aus, um gezielt Schnaps einzugiessen. Wenn ich giesse, kann ich nicht schreiben. Darum greife ich erneut auf eine alte, überarbeitete Geschichte zurück.*
Zum Frühlingsfest am 31. Januar, die Chinesen feiern Neujahr, das Jahr des Pferdes, spielt die Handlung im alten China.
Als leidender, denk- und schreibfauler Poet im Ruhestand, machte ich beim Titel eine Anleihe beim großen William Somerset Maugham. (1)
Käsch ist die Bezeichnung für chinesische, japanische, koreanische, vietnamesische und sino-indonesische Münzen aus Messing, Bronze, Kupfer – seltener Eisen, auch Zinn oder Blei. (2) Sie haben ein quadratisches, selten ein rundes Loch in der Mitte. Während der Ming-Dynastie bestanden diese Münzen aus stark bleihaltigen Bronzen. Deshalb konnten sie leicht gebrochen, halbiert und geviertelt werden. Ungeteilte Münzen wurden auf Schnüre gezogen. Eine Schnur mit fünfhundert Münzen wurde Tiao genannt. Zwei Tiao hatten annähernd den Wert eines Tael Silber von etwa 37 Gramm. Der Wert des Silbers stieg. Ein Tael galt drei Tiao.
Die Münzen wurden samt Schriftbild gegossen. Nach dem Ausbrechen aus einem Guß-Münzbaum und anschließendem Entgraten erfolgte eine Politur. Verglichen mit geprägten Münzen, waren sie viel langlebiger.
Diese Lochmünzen wurden zweitausend Jahre lang, vom dritten Jahrhundert vor Christus bis Anfangs des zwanzigsten Jahrhunderts, produziert.
Noch vor wenigen Jahren verzierten Balinesen ihre Fruchtbarkeitsgöttinnen mit diesen chinesischen Münzen. Ein fragiles Reisstrohgebilde aus Bali fand bei der Räumung meines Hauses eine neue Unterkunft. Meine bange Frage war: Wie geht es dem göttlichen Käsch in fremder Umgebung? Wurde das Stroh durch Mäuse oder Ratten gefressen?
Dewa Rambut Sedana, die balinesische Göttin des Glücks und des Reichtums wurde oft als fast abstrakte, vergoldete Maske, Salang, dargestellt. Zahlreiche Fäden hängen wie Haare herunter. In diese Fäden wurde Käsch als Glücksbringer eingeflochten. Käsch stammt ursprünglich aus dem Sanskrit-Wort karsha.
In einem meiner verpfuschten, vorherigen Leben umwarb ich im Reich der Mitte die außergewöhnlich schöne Xiao Zie, das heißt Fräulein – Silbermond. Wie es genau war, kann ich nicht mehr sagen. Sie bezirzte, sie bezauberte mich. Sie vergoldete ihr Dasein durch ihr einzigartiges Futteral. Aber ich, als eingebildeter, bezopfter, hormongesteuerter Trottel mit dem Titel Mandarin 老爷, bildete mir ein, ich würde sie locker verführen. (3) Dank weiter entwickelten Erziehungs- und Schulungsmethoden gehören solche Fehleinschätzungen heute weltweit zur düsteren Vergangenheit und dürften eigentlich ausgeschlossen werden!
An einem strahlend kalten Neujahrsfest waren wir beide in beste und auserlesen bestickte Seiden gekleidet. Wie es Sitte und Überlieferung gebot, überreichte ich der teuren Schönen drei rotgoldene Orangen, zu Deutsch Apfelsinen, China Äpfel – und eine größere Menge Käsch.
Ihre erlauchte Schlitzohrigkeit, Xiao Zie Silbermond, mit Lotos-Füßchen (4) und perfekt harmonischem Mondgesicht, verlangte listig lächelnd, lispelnd nach einem soliden Goldkettchen, um die kostbaren Münzen aufzuziehen. Ihre fast anspruchslose Begierde war streng definiert: zu einer feinen, möglichst langen Kordel verarbeitete reine Goldfäden. Diese Lösung erforderte meinerseits wiederum größere Mengen Käsch. Es war jedoch wohlüberlegt, die bessere und kostspieligere Investition als jedes textile oder hölzerne Behältnis.
Gong Xi Fa Cai, ist ein Neujahrs-Wunsch – an alle Leser-innen.
Eine spassige, unter Umständen freche Antwort ist:
‚Hang Bao Na Lai‘, den roten Umschlag bitte.
Der rote Umschlag mit goldenen Schriftzeichen, Ang Pow, enthält Banknoten, kein Käsch.
(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Silbermond_und_Kupferm%C3%BCnze
(2) http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%A4sch
(3) http://de.wikipedia.org/wiki/Chinesischer_Zopf
(4) http://de.wikipedia.org/wiki/Lotosfu%C3%9F
*Quelle: Beitrag 1725 vom 17. Januar 2012