Treu und Redlichkeit

Sanitsuda Ekachai von der Bangkok Post überzeugt immer wieder mit ihren hervorragenden Arbeiten. Möglicherweise schwebt sie in Lebensgefahr, wie manche Journalisten von Matichon, welche in der Vergangenheit fast regelmässig gewaltsam aus der Schreiberzunft gerissen wurden. Meine Auszüge aus ihrem Bericht der Bangkok Post vom 19. August sind äusserst zurückhaltend und vorsichtig formuliert.

Beamte der Dienststelle Sakhon Nakhon bereiteten ihren Vorgesetzten Ärger mit einem Artikel auf Facebook. Als neue Polizisten beschwerten sie sich, sie würden wie Dreck behandelt, während in den oberen Rängen mit Untergrundgeschäften Geld gescheffelt würde.

Die Polizisten schrieben:
Die Hälfte der kargen Entlöhnung müssen in Dienst-Fahrzeuge, Treibstoff, Uniformen, Computer, Drucker, Papier, Tinte, ihre Bewaffnung und sogar in das Mobiliar investiert werden!
Der Rest reiche kaum für ihre Familien, für Miete, Schulgelder, Elektrizität, Wasser, Kleider und Lebensmittel. Sie seien gezwungen, Geld zu leihen und gerieten in Schulden!
(1)

Was ist mit den Phuyai, den reich dekorierten Vorgesetzten? Haben sie Schulden? Nein, die sind reich. Wieso? Ende des Monats beziehen die Herren Einnahmen aus Spielhöllen, illegalen Casinos und Bordellen, von Drogenhändlern und so weiter.
Wir fordern die Antikorruptions-Behörden auf, zu ermitteln. Wir verlangen Gerechtigkeit.

Die Militärregierung verbot Staatsangestellten die Datenverarbeitungssysteme für Filme, Spiele und Facebook-Konten zu verwenden. Davon wussten die neu angestellten Polizisten offenbar nichts. Die armen Kerle fanden nicht einmal Zeit, die neuesten Dienstvorschriften zu studieren, bevor sie sich selbst ins Wespennest setzten.
In einer für hinterindische Verhältnisse unglaublich schnellen Reaktion wurden die verleumderischen Bits und Bytes der Dummköpfe in das Nibbana des Internets befördert.

Wie wenig Freude und gesegnetes Karma für bedauernswerte Polizisten und ihre Familien abfallen, erlebten wir kürzlich. Vor dem kleinen Haus des Beamten in der Nachbarschaft stehen ein weisser und ein schwarzer Hyundai City. Mopeds gibt es ebenfalls.
Eines frühen Morgens besuchte die Gattin des Offiziers Dick im Schönheitssalon.
Sie gestand, dass sie den Wagen von Dicks Tochter beschädigt hatte. Am koreanischen Chevrolet entstand nur ein leichter Lackschaden, während ihr Fahrzeug auf der ganzen Länge mit deutlichen Kratzern und Dellen verziert war. Wenn sie mich als Elektroniker und Fachmann nach den Ursachen der Dellen befragen, antworte ich:
„Die Dellen wurden eindeutig durch Mikrowellen eines Smartphones in der Nähe des Lenkrades verursacht!“

Das durch buddhistische Ethik – nicht stehlen, lügen, betrügen, morden – sowie strenge Lan Na Dorf-Logik begründete Anliegen der Frau war:
„Haben sie eine Versicherung? Ich habe keine. Wenn sie den Schaden melden und angeben sie wären gefahren, wird ihre Versicherung die Reparatur meines Wagens bezahlen.“

(Lied) https://www.youtube.com/watch?v=hPzfRuZlvvs
(1) https://hinterindien.com/2015/08/09/schulden/
http://www.bangkokpost.com/opinion/opinion/661128/minnows-cop-it-hard-as-big-fish-prosper

Üb immer Treu und Redlichkeit
Ludwig Christoph Heinrich Hölty (1775)
Wolfgang Amadeus Mozart (1791)

Üb immer Treu und Redlichkeit
bis an dein kühles Grab,
und weiche keinen Finger breit
von Gottes Wegen ab.

Dann wirst du, wie auf grünen Au’n,
durchs Pilgerleben gehn;
dann kannst du, sonder Furcht und Graun,
dem Tod ins Auge sehn.

Dann wird die Sichel und der Pflug
in deiner Hand so leicht;
dann singest du beim Wasserkrug,
als wär dir Wein gereicht.

Dem Bösewicht wird alles schwer,
er tue was er tu;
der Teufel treibt ihn hin und her
und läßt ihm keine Ruh.

Der schöne Frühling lacht ihm nicht,
ihm lacht kein Ährenfeld;
er ist auf Lug und Trug erpicht
und wünscht sich nichts als Geld.

Der Wind im Hain, das Laub im Baum
saust ihm Entsetzen zu;
er findet nach des Lebens Traum
im Grabe keine Ruh.

Dann muß er in der Geisterstund
aus seinem Grabe gehn
und oft, als schwarzer Kettenhund,
vor seiner Haustür stehn.

Die Spinnerinnen die, das Rad
im Arm, nach Hause gehn,
erzittern wie ein Espenblatt,
wenn sie ihn liegen sehn.

Und jede Spinnestube spricht
von diesem Abenteuer
und wünscht den toten Bösewicht
ins tiefste Höllenfeuer.

Der alte Kunz war bis ans Grab
ein rechter Höllenbrand:
Er pflügte seinen Nachbar ab
und stahl ihm vieles Land.

Nun pflügt er als ein Feuermann
auf seines Nachbars Flur
und mißt das Feld hinab hinan
mit einer glühnden Schnur.

Er brennet, wie ein Schober Stroh,
dem glühnden Pfluge nach
und pflügt und brennet lichterloh
bis an den hellen Tag.

Der Amtmann, der die Bauern schund,
in Wein und Wollust floß,
trabt nachts, mit seinem Hühnerhund
im Wald auf glühndem Roß.

Oft geht er auch am Knotenstock
als rauher Brummbär um
und meckert oft als Ziegenbock
im ganzen Dorf herum.

Der Pfarrer, der aufs Tanzen schalt
und Filz und Wuchrer war,
steht nachts als schwarze Spuckgestalt
um zwölf Uhr am Altar.

Paukt dann mit dumpfigem Geschrei
die Kanzel, daß es gellt,
und zählet in der Sakristei
sein Beicht- und Opfergeld.

Der Junker, der bei Spiel und Ball
der Witwen Habe fraß
kutschiert, umbraust von Seufzerhall
zum Fest des Satanas.

Im blauen Schwefelflammenrock
fährt er zur Burg hinauf.
Ein Teufel auf dem Kutschenbock,
zwei Teufel hinten auf.

Sohn, übe Treu und Redlichkeit
bis an dein kühles Grab,
und weiche keinen Finger breit
von Gottes Wegen ab!

Dann suchen Enkel deine Gruft
und weinen Tränen drauf;
und Sommerblumen, voll von Duft
blühn aus den Tränen auf.

Das Kasten-Wesen Thailands

Wir sind hier nicht in Indien, bloss in Hinterindien. Das genügt zum vollständigen Schubladisieren verschiedener Bevölkerungsgruppen.
Laut den Menschen in und um Bangkok, sollte man den Bewohnern des Isan, auf Pali ईशान्य īsān oder Sanskrit ईशान्य īśān „Nordosten“, die Wahlberechtigung entziehen. Sie seien schlecht geschult und zu wenig gebildet für das moderne Leben und neuere Politik.
Möglicherweise sind Bürger des Isan bereits durch niveaulose Seifenopern zahlreicher Fernsehstationen total überfordert. Gestylte Grossstadtbewohnerinnen dagegen fühlen sich durch die Serien in ihrem Lebenswandel, hauptsächlich durch die Anwendung teurer Kosmetikartikel, bestätigt.
Dass sich die Bürger Bangkoks, die Gäste aus der Ferne eingeschlossen, auf eher derb-spassige, im Isan herkömmliche Art vergnügen und fortpflanzen, stand nie zur Diskussion. Drittklassige Töchter des Isan verrichten in Bars und Massagesalons der Hauptstadt gesuchte, gut besuchte Gefälligkeiten unter dem Motto: Isan erbringt Dienstleistungen, Bangkok kassiert!

In Dorf am Reisfeld wurden wir zurück gestuft. Der Grund war die Beschaffung eines neuen Fahrzeugs. Anstatt standesgemäss einen fahrbaren Untersatz für mindestens zwei Millionen zu erwerben, kaufte der geizige Farang eine Zweit-Klass Karre für lumpige 600‘000.00 Baht. Die durch mehrere teure Wagen überschuldeten Fahrzeughalter fühlen sich durch unser asoziales Verhalten gedemütigt. Je höher die Schulden, desto lauter waren die Proteste.
Solange Ackerland zur Herstellung von Treibstoffen, nicht für Nahrungsmittel genutzt wird, während auf dieser Welt Hunger herrscht, kann ich damit einen Beitrag zur Reduktion des Verbrauchs leisten. Der Motor des neuen Wagens benötigt bei ähnlichen Fahrleistungen fünfzig Prozent weniger Treibstoff. Das Fahrzeug weist einen Drittel weniger Gewicht auf, als der Vorgänger. Dementsprechend ist der Hubraum des Triebwerks reduziert. Unsere Reisen nach Satun werden preisgünstiger und belasten die Umwelt weniger.
Aber: Technik ist in Hinterindien kein Argument, um billiges Gerät zu kaufen. Für Armeen beispielsweise, ist nur das Allerteuerste gut genug.

Die niedrigste Kaste im Land ohne Socken sind die Behinderten. Behinderungen aller Art sind auf fehlendes oder schlechtes Karma zurück zu führen. Deshalb stehen sogenannte Behindertenparkplätze für die Allgemeinheit uneingeschränkt zur freien Verfügung, weil Behinderte ihre Gebrechen selbst verschuldeten und somit schlechte Wesen sind. Dies ist eine verbreitete Meinung auf Grundlagen der Thai-Gelbrock-Interpretation der Karma Lehre.

Die höchste Klasse ist die kastenlose Gesellschaft. Sie hat nicht nur Karma, sondern vorwiegend Kapital im Überfluss. Für diese höheren Wesen gelten überall Sonderregelungen.
Die „Siam Paragon Shopping Mall“ reagierte nach Klagen der Superreichen mit der Schaffung von Sonder-Parkplätzen für Wagen der Preisklasse ab acht Millionen Baht. Solche Edelkarossen können unmöglich neben einem unwürdigen Fahrzeug stehen.
Wie beim Umgang von Gentlemen mit billigen Strassenmädchen bösartige Krankheiten lauern, könnte sich ein Supercar neben einem ordinären Fahrzeug beispielsweise mit einer Zylinderkopfinfektion anstecken. Können sie sich die Auswirkungen auf Acht- oder Zwölf-Zylinder Maschinen vorstellen?
Kürzlich gab es einen Aufschrei in der Presse. Da stand in den heiligen Hallen der Siam Paragon Superclub Parkplätze ein unterklassiger Nissan Almera. Der Fahrer war jedoch ein Mitglied der Elite, der 19-jährige Student Thanapat Tantisaewaekul.
Khun Thanapat ersteigerte vor wenigen Wochen das Nummernschild 1 กก 1111 für schlappe 25 Millionen Baht. Herr Tantisaewaekul montierte das Kennzeichen ohne Hintergedanken am Nissan Almera. Fahrzeug-Nummer
Mittlerweile gibt es überall Parkplätze für die diskriminierte High-Society, sogar in Chiang Mai.

(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Karma
(2) http://bangkok.coconuts.co/2014/10/15/common-car-supercar-parking-beginning-downward-spiral

Umzug in die Kaulquappen-Lagune

Schlagartig wich unsere Freude am Fischtrog ernsthafter Besorgnis. Eine Mückenfarm vor dem Wohnzimmer wollten wir wegen Dengue- und Malaria-Gefahr nicht.
Dick hatte die Idee, die Dollar-Haie abzuwerten und sie positiv denkend, in der Kaulquappen-Lagune anzusiedeln. Gemeint war damit die zukünftige Unterkunft in den Zementröhren. Für die Umquartierung benötigten wir dringend Netze.
Wir fuhren in die Stadt und hielten vergeblich Ausschau. Kurz vor dem Abbruch unserer Bemühungen entdeckten wir auf den Treppen einer Bankfiliale prall gefüllte Beutel und Flaschen mit einzelnen bunten Kampffischen einer Fischhändlerin aus Songkhla. Sie arbeitete jeweils am Samstag in Satun.
Um unser Karma zu verbessern, stellten wir das Fahrzeug auf den gesegneten Grund von Wat Chanathipchaloem und pilgerten den Weg zur von Buddha persönlich gesandten Fischfachfrau. Natürlich bot sie ebenfalls kleine Netze an.

Im Fischtrog errichteten wir in der Nähe des bevorzugten Versteckes unserer nächtlichen Fleischfresser ein Mäuerchen aus Backstein. Danach pumpten wir fast die Hälfte des Wassers ab. Dick war im Umgang mit den Netzen sehr geschickt und erfolgreich.
Nach kurzer Zeit genossen die etwa fünfzehn Zentimeter langen Fische als Willkommensapéro erste Kaulquappen in der Lagune.
Wir füllten im Trog das Wasser wieder auf, entfernten die Mauer und setzten dann behutsam einige neue Zahnkarpfen, Guppy, aus. (6)
Das Verhalten der Fische im Trog änderte sich von hektisch auf beschaulich, als die Lebensgefahr beseitigt war.
In der Kaulquappen Lagune dagegen versuchten einige junge Frösche über die Wände zu entkommen. Seitdem die Chitala Ornata dort leben, laichten keine Frösche mehr, oder die Fische verzehrten spurlos Laich samt Fröschen. Nun müssen wir Futter importieren. Aber die Fische sind nicht wählerisch. Sie verschlingen auch Schnecken und Würmer.

Die Trilogie zeigt eindrücklich, wie kompliziert das einfache Leben in Thailand ist.
Die Wasserhyazinthe wurde als Problemfall am Fernsehen gezeigt. Niemand, ausser Betroffene, kümmern sich darum – und wenn – geschieht es auf bewährte, traditionelle Weise. Man schmeisst das Unkraut aus dem eigenen Teich in den des Nachbarn. Gleichzeitig befischt man sich dort für die Morgengabe!

Beim Einrichten eines Aquariums gilt, sich mit dem Lebensraum und den Eigenschaften der gewählten Fische vertraut zu machen, ist reine Zeitverschwendung und Luxus. Wenn die einen Fische andere auffressen, ist das ein Schauspiel ähnlich wie Thai Boxen. Wie viele Fische pro Liter Wasser Platz finden, wird in der Regel nur durch das Einkommen bestimmt.
Diese Denkweise gilt ebenfalls betreffend Familie, Mia Noi – das sind Nebenfrauen, Liebhaber triebgesteuerter aufgetakelter Fregatten, für technische Geräte wie Fernseher, Smartphones und Automobile. In zehn Jahren las ausser mir niemand die Beschreibung unseres Fahrzeuges, denn Verkehrsmittel funktionieren ohne all den Papierkram wie Ausweise und Versicherungen – oder fragen sie den sechs jährigen Verkehrsexperten mit Moped, nachdem er eine Alte, die nicht auswich, mit einem komplizierten Hüftgelenkbruch beglückte.
Die leidende Verunfallte hätte nun Zeit, eingehend das Wachstumsverhalten von Wasser-Hyazinthen zu beobachten und darüber einen detaillierten Report zu Handen des NCPO, National Council for Peace and Order, zu verfassen.

(6) http://de.wikipedia.org/wiki/Lebendgeb%C3%A4rende_Zahnkarpfen

Leere, Bildung, Lehre

Eine weitere Geschichte von 2009.

Zitat von Profuuu – Short Time Buddha: (im Tempel)
„Überall wird gehandelt und werden Dinge verkauft. Dieses Wat hat einen Ruf, ähnlich wie der Erawan Schrein, als Glücksbringer und wird deshalb täglich von sehr vielen Menschen mit dem Wunsch nach irgendetwas besucht. Tanha, Samsara, Karma, und die Illusion des Ichs liegen fühlbar in der Luft, und niemand scheint auch nur den winzigsten Gedanken an die Auslöschung dieser leidhaften Zustände zu verschwenden. Im Gegenteil. Ich will mehr…
Er erkennt die Lehre Buddhas in diesem Treiben nicht wieder. Zu seiner Beruhigung wird er nicht von irgendwelchen Verkäufern belästigt. Seine ‘Buddha‘ Robe schützt ihn davor. Er glaubt, die Gedanken der betenden Menschen lesen zu können. Bittet diese Frau dort um ein neues Auto, oder bloss eine Glücksnummer der Lotterie? Vielleicht sorgt sie sich um ihre Gesundheit, bittet für eine Drittperson; vielleicht um Erfolg im Beruf. Vorwiegend ist es Gier nach Geld, Macht und Einfluss.“Silk1

Innere Einkehr. Selbstbesinnung. Meditation.
Ein Novize fragt den Buddha:
„Buddha, was ist für dich eine Million Baht?“

„Eine Million Baht ist nichts. Du kannst sie nicht essen oder trinken.
Wenn du sie hast, lockt sie Gesindel und Diebe an. Du bemühst dich um den Schutz der Million und vergisst dabei die Freuden und den Sinn des Lebens.
Die Million schafft Verdruss, Abhängigkeit und Frustration.“

Der Novize fragt den Buddha:
„Buddha, was ist für dich eine Million Jahre?“

„In der kosmischen Zeitrechnung ist eine Million Jahre nichts.
Sie ist wie ein Bruchteil einer Sekunde im Leben eines erfahrenen, gereiften weisen Schülers.
Hast Du noch eine Frage?“

Der Novize fragt den Buddha:
„Buddha, gib mir bitte eine Million Baht.“

Der Buddha antwortet:
„Warte eine Sekunde.“

Quelle: Low, Geschichten aus Hinterindien, TIP Forum, Buch: Zenos Verlag, Segnitz.(Seite 120)

Teures Nibbana

Zwei Wochen Vorbereitungen für sechs Tage fragwürdiges Mönchstum empfand ich als krass. Gäste reisten zusammen gezählt zehntausende von Kilometern mit Bahn und vorwiegend Automobilen. Das bedeutet nicht Stickoxyde und Luftverschmutzung, sondern Karma! 

Der Wunsch einer verstorbenen alten Frau wurde mit immensem Aufwand erfüllt. Die geglückte Inszenierung mit all den Spenden, Geschenken, Kleidern, Haartrachten und sonstigen Kleinigkeiten dürfte einige Hunderttausend Baht gekostet haben.
Dabei hatten lebende Mumien wie ich, eindeutig das Nachsehen. Das Theater ist nicht vorbei.
Anstatt sich mit kalten, frühmorgens eingesammelten Nahrungsmitteln zu begnügen, lud sich der Abt zum frisch zubereiteten Mittagessen bei seinem ehemaligen Mönch ein.
Die Safrangewandeten kriegten in den letzten Wochen mehr warme Mahlzeiten als ich. Aus reiner Notwehr griff ich zu Kochtöpfen.

Vielbeschäftigte Mönche segnen Häuser, Banken, Einkaufszentren, Neugeborene, Schüler, Verstorbene, Fahrzeuge, Flugzeuge, Panzer, Schiffe und Kanonen. Da ist jeweils ein opulentes Mahl verbunden mit grosszügiger Geldspende vor Mittag inbegriffen.
Während die geistlichen Herren nach der Ausübung ihrer heiligen Riten tafeln, wartet das gewöhnliche Publikum, um sich anschliessend gierig auf reichlich Reste zu stürzen.

“Weck mich bitte um sechs“, sagte Dick am Sonntagabend: “Ich muss früh auf den Markt.“  Während Wochen wurden Einkäufe fürs Haus vergessen und vernachlässigt. Aber für Hochwürden mit Anhang ist ausgiebig Zeit, Musse und Geld vorhanden. Da gelten für verwirrte Farang plötzlich neue, unbekannte Massstäbe.

Fünfzehn fettleibige Schwätzer(innen) meldeten sich nach eingehender Befragung als Mitesser an, als sie den einstigen Mönch beim erneuten Frühjahrsputz innerhalb von zwei Wochen beobachteten. So sorgt tiefer Glaube für intensive Reinlichkeit, hochgradige Hygiene und überflüssige Kalorien.

Im Land des ohne Socken Lächelns stehen über dreissig Tausend Tempel. Dreihunderttausend Mönche beten darin. Die für Touristen attraktivsten Wat wurden durch zahlungskräftige Monarchen errichtet. Zahlreiche Bauten entstanden durch Spenden der Bevölkerung. Es gab und gibt immer wieder Personen, welche in kürzester Zeit immense materielle Werte anhäuften. Wenn plötzlich die selbsterschaffene Glitzerwelt durch Leid, Krankheiten und unvermeidlichen Tod getrübt wurde, flossen und fliessen riesige Summen für Tempelerweiterungen oder Neubauten. Irgendwo im Kleinhirn versteckt lauert das Wort Karma!

In der Umgebung zerfallen leider ältere, durchaus sehenswerte Anlagen mit erlesenem Handwerk lokaler Künstler. Dagegen schiessen neue Wat industrieller Fertigung, wie in Europa einst Banken und Tankstellen, wie Pilze aus dem Boden. Niemand kann sich erlauben, gegen (profane) sakrale Bauten Einspruch zu erheben. Das Kasikorn Research Center ermittelte, dass allein in der Mönch-Versorgungs Branche pro Jahr ungefähr 10 Milliarden Baht umgesetzt werden.

Die Firmenpolitik entzieht sich diesen Einflüssen nicht. Es gibt keine Einkaufszentren und Fabriken ohne Geisterhäuser. Ein Teil des Profits tröpfelt in die Tempel. In meiner Sammlung fehlen nur noch Bilder christlicher Kirchen oder Moscheen mit gepflegten Geisterhäusern.

Der Lebensstandard Angestellter staatlicher Betriebe im Dorf übertrifft deren Lohnsummen bei weitem. Die Direktoren solcher Unternehmen scheffeln ganz nebenbei Millionen. Um günstiges, leicht zerbrechliches Karma zu fördern und zu schmieren, fliessen gewaltige Summen der Vorgesetzten und der Belegschaften in die Tempel.
Kein distinguierter Herr Direktor würde einem ehrwürdigen Abt einen Scheck zustellen lassen. Spenden will zelebriert sein. Diskretion und Bescheidenheit wären Todsünden.

Geldstaude

Geldstaude

Spezialisten verwandeln Bananenstauden in Geldbäume. Eine präparierte Staude könnte locker eine Million tragen. Aber es ist eindrücklicher, mehrere Geldbäume in langen Prozessionen zu den Tempeln zu bewegen.
Eine Brigade kräftiger Schlagzeuger sorgt mit durchdringendem Lärm für Aufmerksamkeit. Auf Schwerhörige wirken Fahnen, Banner und buntgekleidete Tänzerinnen. Ausserhalb der Wahlkämpfe sind Laster mit Lausprecherwänden und Popmusik preiswert. Sie provozieren, selbst in krankhaft wirkenden Fetthaufen unter den Zusehern, rhythmisches Muskelzucken. Danach folgen auffällig dekorierte Kleinlaster mit den Geldbäumen.
Dahinter fahren all die Angestellten samt Familien in sauber gewaschenen, auf Hochglanz polierten Fahrzeugen. Verschämt versteckt surrt eine Luxuskarosse. Neben einer unter schwerem Goldschmuck unsäglich leidenden Schönheit, sitzt selbstbewusst der erfolgreiche Buchhalter des Unternehmens am Steuer. Karma. Ich war dabei, mit gebügeltem Anzug, Krawatte und leerem Geldbeutel.

Gebeutelt
Low

http://de.wikipedia.org/wiki/Stickoxide

Karmische Wasserspülung

Nach Leos Fragen  (http://wp.me/p2ljyL-11z) versuchte ich mühsam mit gegen achthundert Worten zu erklären, Karma sei ein Konzept, nach dem jede unserer Handlungen, physisch und geistig, Folgen hat, ähnlich wie der Flügelschlag eines blauen Schmetterlings im Amazonasgebiet im fernen Europa ein Unwetter auslösen könnte.
Die Lehre des Karma ist verbunden mit dem Glauben an Samsara, dem Kreislauf der Wiedergeburten.
Eine einfachere Denkweise sagt, unsere Tätigkeiten erzeugen Karma automatisch. Differenziertere Ansichten erklären, es gibt zwei Ursachen für die Bindung der Seele, das Nichtwissen und die Begierde. Sie bewirken, dass die Tätigkeit der Sinnesorgane Unruhe und Trübung der Erkenntnis verursachen. Es gibt Menschen, welche diese Unruhe durch Einnahme von Lao Khao oder ähnlicher Flüssigkeiten zu dämpfen versuchen. Die weiseste aller Überlegungen ist, überhaupt kein Karma zu erzeugen. (1)Knabe1503

Der Jainismus weist im Vergleich mit anderen indischen Religionen eine Besonderheit auf. Karma wird als etwas Substantielles aufgefasst. Jains erwähnen feinstoffliche, nicht wahrnehmbare Karma-Partikel, karmische Materie. Sie können zwischen 148 Arten unterscheiden. (Folglich gibt es mehr Karma-Arten als chemische Elemente.)

Wenn zum Todeszeitpunkt die vier unschädlichen Karma-Arten von der Seele abfallen, erreicht sie im Nibbana die endgültige Befreiung von erneuter Wiedergeburt und kehrt nie wieder in den Kreislauf des Samsara zurück.
Nach ausführlichen achthundert Worten bremsten mich höhere Einsichten.

Im Leben der Bewohner von LanNa Land ist dieses Gedankengut viel zu kompliziert. Höchstens Äbte und altgediente Mönche kennen solche Weisheiten und Erklärungen.
Buddhistische Philosophie und Lehre sind nicht Allgemeingut. Die Menschen lügen, stehlen, quälen und töten Tiere – ohne jegliche Überlegungen.
Tempel mit allen ihren Einrichtungen werden benutzt, so wie nach reichlichem Som Tam Genuss, Hong Nahm, Toiletten aufgesucht werden.
Kein Mensch denkt beim angenehmen Verrichten der Notdurft an all die technischen Feinheiten und Erkenntnisse sanitärer Einrichtungen. Die wenigsten zweifeln am Funktionieren der Wasserpumpen. Wozu stehen denn schmucke Geisterhäuser mit frischen Opfergaben in den Vorgärten?

Thainess obsiegt. Thainess ist die Idee einer gemeinsamen kollektiven Identität. Sie beruht auf drei Elementen: Der Thai-Sprache, der (nicht beachteten) buddhistischen Religion und der Monarchie. Diese werden nie in Frage gestellt.
Der Buddhismus bröckelt. (2, 3, 4,)
Netiwit Chotipaisarn, ein Gymnasiast, zweifelte im Fernsehen an der Thainess. (5)
Und auf Facebook doppelt er nach:
„Kinder werden zum Buddhismus gezwungen, weil sie als Buddhisten geboren werden. Die Lehre Buddhas praktizieren sie nie.“
Freundlichere Meinungen forderten darauf Netiwit auf, seine Heimat zu verlassen. Es gab auch unfreundliche Mitmenschen!

Fortsetzung folgt

(1) http://wp.me/p2ljyL-V
(2) http://wp.me/p2ljyL-10o
(3) http://wp.me/p2ljyL-Sz
(4) http://wp.me/p2ljyL-Md
(5) http://www.youtube.com/watch?v=wwpUk4RT45c.
(6) http://de.wikipedia.org/wiki/Karma

Sind bloss die Geister bescheuert?

Wenn ein liebesbedürftiger Farang eine Thai-Frau seiner Wahl endlich erobert hat, in Wirklichkeit dürfte es eher umgekehrt sein, dann teilt er sie mit ihrer Familie und unbewußt mit zahlreichen Geistern.

Geplagte Mitmenschen frönen dann ihrem gelebten Aberglauben und versuchen, dunklen Mächten und Einflüssen mit allen Mitteln, heiligen, geweihten Amuletten und viel Geld, ein Schnippchen zu schlagen.

Da stand ein behagliches Haus am einer T-förmigen Straßenverzweigung. Hätte man aus dem T ein Kreuz + gemacht, hätte man geradeaus vor dem Haus Parkieren können. Das aber war aber wegen Mystizismen und irgendwelchem Karma schlicht unmöglich. Am eigentlichen Ende einer Strasse wenige Meter weiterfahren, wenn auch nur zwecks Abstellen des Wagens, war undenkbar. Das spirituell logische Konzept sah nun vor, den Eingang für das Fahrzeug zehn Meter nach rechts zu verlegen, verbunden mit zwei eleganten Schwenkern.
Diese Lösung erlaubte es, unter erhöhtem Treibstoffverbrauch und daraus resultierender Luftverschmutzung, überhaupt kein Karma zu erzeugen.

Um solche Zusammenhänge verständlicher zu machen, recherchierte ich für weniger geistkundige, dafür sachverständige Experten in Frauenfragen etwas in der gespenstischen Unterwelt.                                                                                           Christen glauben offenbar auch an Geister. Wir kennen den Spruch: Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Da wird die Dreifaltigkeit, weiblich, aufgerufen, um ein männliches Trio zu verherrlichen. Versteckt sich eventuell im heiligen Geist das ewig Weibliche?

Geist sind mir als verwirrende Inhalte aus Flaschen, in Form von Gras, Pillen, Pulvern und Spritzen bekannt.                                                                                                          Wieder andere Geister betören durch anmutige Körperformen mit ausgeprägter, verführender Mimik. Diese meist teuren Verwirrungen pflanzen sich bis unter die Gürtellinie fort. Sie führt, unter primitivsten Leibesübungen, Logik Null und Eins, und viel Gekeuche bis zum Austritt von etwas Körperflüssigkeit. Wesentlich mehr Effizienz und Ausdünstung verspricht das Spalten eines Klafters Buchenholz. Dazu ist weniger Geist als Kraft erforderlich. Zusätzlich bleibt die Keuschheit gewahrt.

In Thailand mangelt es an Buchen. An Geistern und Geisterhäuschen, San Phra Phum, herrscht Überfluß. Böse Geister sind, wie bei den Menschen, zahlreicher als gute. Thais nennen Geister Phi. Nicht jeder Phi ist ein böser Geist oder Dämon. Es könnte sich um den harmlosen Geist eines oder einer Verstorbenen handeln.

Geister- und Dämonenexperten unterscheiden drei Hauptkategorien: Waldgeister, Höhlengeister und Wassergeister. Sie können weiblich, männlich oder beides zugleich sein. Götter und Göttinnen berücksichtigte ich meist nicht. Doch gibt es einige Unschärfen, wo der Unterschied Geist und Gott, ähnlich wie bei Geist und Geld, minim  und für aussenstehende Betrachter schlecht erkennbar ist. Ist Mae Posop, die Reismutter, eine Göttin oder ein Geist? Die verwandte Reisgöttin  Dewi Sri wird von den Balinesen niemals als Göttin angesehen.