Verfehlte Leben

Der Schluss der letzten Geschichte ist wenig glanzvoll. Empfindliche Menschen leiden mit. Anfänglich leistete ich in ähnlichen Fällen Entwicklungshilfe. Die miserable Erfolgsquote mit all den zusätzlich schlechten Erfahrungen, zwangen mich zur Aufgabe privater humanitärer Hilfe und technischer Zusammenarbeit.
In Notfällen behandelte ich Unfälle und Krankheiten. Eine meiner anregenden Arbeitsstellen war an einem Institut für Pathologie. Die Armee, der Zivilschutz, erteilte später Kurse für erste Hilfe. Die höchst bescheidene Ausbildung gewährte Hilfesuchenden mehr Wissen, als ein hübsch gerahmtes Diplom, echt vergoldet, aus Bangkoks Khao San Road als fauler Zauber-Medizinmann und ein Dutzend Paracetamol-Tabletten. Preisgünstige Klinikpackungen für professionelle Verteiler und Grossfamilien, vier Frauen – zwanzig Sprösslinge, finden sie bei Makro!
Vor allem für Kinder spenden wir regelmässig gekochtes Essen. Sie schleppen die Nahrung nicht nach Hause, um Eltern, Hunde und Katzen zu füttern, sondern speisen bei uns.
Unterricht erteile ich nicht mehr. Der Rest des täglichen Überlebens ist ähnlich wie Fernsehen: zuschauen und möglichst oft abschalten.

Als Blogger und bescheidenem Schreiberling blieb mir genügend Sarkasmus, um „Zwanzig Jahre leben im Überfluss oder überflüssiges Leben“ (1) doch noch ein operettenhaftes Ende anzufügen.

Der gütige Onkel vermietet dem unerfahrenen jungen Vater, ausgebildeter Analphabet ohne weitere Kenntnisse – ausser dem Gebrauch von Motorfahrzeugen ohne Ausweise, ein überteuertes Zimmer. Onkels Frau und die Mutter des Mieters könnten, vom Strickmuster nicht gelebter Verantwortung her, Schwestern sein. Jetzt sorgt Onkels First Lady für den kleinen Erdenbürger. Böte Mia Noi bessere Bedingungen?
Mir wurde erzählt, das geistig hochentwickelte Baby, es trifft mit seiner Kacke mitten in die Windeln, telefoniere mit acht Monaten bereits mit seinem Vater.
Diese frühe Lebenserfahrung könnte dazu führen, dass der Kleine dereinst als Jüngling eine Marine-Offiziersausbildung absolviert. Dort lernt er dann von seinen Vorgesetzten ausser strammstehen, wie man fachmännisch Smartphones zertrümmert. (2, 3)

(1) http://wp.me/p2ljyL-1Rx
(2) http://wp.me/p2ljyL-1Rq
(3) https://www.youtube.com/watch?v=OH_-WRX-hHc

Sodom und Gonorrhoe

Drei Grossverteilergruppen für Lebensmittel und Haushaltgegenstände in Thailand sind seit kurzer Zeit alle in derselben Hand. Aber denken sie nicht, dass innerhalb der Firmen keine Preisunterschiede bestehen. Dieselben Artikel fanden wir im einen Geschäft bis dreissig Prozent günstiger! Andere Erzeugnisse, sie werden in Chiang Mai als selbstverständlich angeboten, suchten wir in Satun vergeblich.
Einer der Grossmärkte bietet in der Nähe chinesischer Bohrmaschinen, elektrischen Sägen (Zahnmedizin und Amputationen für Heimwerker?), neben Autopolitur – günstige Medikamente wie Paracetamol, Tylenol und Kopfwehtabletten in Grosspackungen an.
Familienpackungen von Potenzmitteln und Antibiotika fand ich nicht. Diese Spezialitäten verkaufen diverse Apotheken. Zu drei Packungen Viagra gibt es für Schnorrer prophylaktisch als Zugabe eine Dosis Bakterienkiller. Eine Kurpackung davon kostet weniger als ein Zehntel einer einzigen Bockpille.

Zu Beginn des Jahrtausends fielen mir in Thailand die vielen Telefonanbieter und die zahlreichen Apotheken auf. Um alle diese medizinischen Fachgeschäfte am Leben zu erhalten, müssen die Thais Weltmeister im Pillen-Schlucken sein. Sie sind es.
Bereits im März 2012 erklärte Dr. Praphon Tangsrikiatkul vom Gesundheits-Ministerium, Thais hätten im Vorjahr täglich 128 Millionen Pillen geschluckt. Ungefähr zwanzig Prozent davon waren Antibiotika, weniger als die Hälfte von medizinisch angelerntem Personal verordnet!

Ein Grundübel verschiedener Klein-Praxen sind die Gefälligkeitsdiagnosen.
Die Diskretion endet am Bildschirm im Warteraum. Da steht für jeden gut sichtbar: Patient in Behandlung “Low“. Die Live-Diskussion mit dem Arzt wird dem interessierten Publikum noch nicht vermittelt.
Der Mediziner, dekorative Diplome an der Wand hinter beeindruckendem Schreibtisch, fragt nach freundlicher Begrüssung: „Wo liegt ihr Problem?“
Patient: „Er hängt und tropft wie Joghurt. Er schmerzt und steht nicht mehr. Ich habe möglicherweise eine Infektion.
Herr Doktor – ehm … wird diese Krankheit durch Mücken übertragen?“
Der Arzt lächelnd: „Das haben wir gleich. Wir machen einen Schnelltest“.
Da wird keine Bakteriologie betrieben. Seuche und Erreger bleiben namenlos.
Die Resultate nach drei Minuten sind: „Leukozyten – viele, Blut – positiv.“
Dann wird hurtig ein Antibiotikum gegen einen unbekannten Erreger verordnet. Der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Bei ungefähr fünf Prozent der Erkrankungen treten keine Symptome auf.

Gegen Gonorrhoe, umgangssprachlich bekannt als Tripper, eine weltweit verbreitete Geschlechtskrankheit, wirkt gegen die Bakterie Neisseria-Gonorrhoeae das einst erfolgreiche Cephalosporin nicht mehr! Alles andere ist Husten-Medizin. Die WHO warnt, in absehbarer Zeit gebe es für Millionen Infizierte keine Heilung mehr.
Eine weitere bittere Erkenntnis ist: Wenn ich als definierter Haus- und Herd-Triebtäter ohne externe Salon- oder Mia Noi-Besuche erkranke, müsste mich meine langjährige Bettgenossin angesteckt haben. Dieser Nachweis wäre allerdings nur mit bakteriologischen Befunden möglich.
Allfällige letzte Hilfsmittel sind: Schnaps, Hanfstrick oder Faustfeuerwaffe, in Pattaya mit Balkonsturz.

Aus Gründen des Personenschutzes nannte ich keine Namen, sondern stellte mich als Hauptdarsteller gleich selbst zur Verfügung.

Weitere Informationen über Antibiotika, Bett- und Pillen-Akrobatik: https://wahnsinnausdemwok.wordpress.com/2012/06/25/hurlaub-am-kliff-von-gonorrhoea-vorbei-am-antibiotikum/

Kein Stuhl und dennoch hundert Pfeifer

Vor allem auf dem Land suchen wir in Häusern der Einheimischen vergeblich Stühle. Das ganze Leben findet auf dem Boden statt. Schlafen, trinken, essen, kochen, zeugen, gebären und sterben. Stühle sind für die Katze – Hundeschutz.
Beim Bechern mit Lao Khao und anderen geistigen Getränken in Bodennähe, wirken sich die Fallgesetze der bösartigen Farang Galilei und Newton weniger krass aus. (1) Apfelbäume um das Haus gibt es ohnehin keine.
An heissen Tagen räkelten sich früher meine hübschen und die weniger reizvollen Besucherinnen mehr oder weniger entblösst auf den kühlen Fussböden. Die waren anfänglich aus Teakholz, später aus Keramik. Sofa, Seiden-Kissen und Stühle fanden keine Beachtung.
Auf manchen Märkten, ausgenommen sind Grossstädte, sitzt die Mehrzahl der AnbieterInnen auf dem Boden. Eine weitere Ausnahme ist in unserer Nähe der Kad Farang. Da wird seit zehn Jahren gebaut, abgerissen und erneut aufgebaut. Meine eingebaute, bauernschlaue, schnapsgeschädigte Sensibilität meldete: Geldwäsche pur.

Kad Farang  -  Teilansicht 2007

Kad Farang – Teilansicht 2007


In der anfänglichen Blütezeit gab es sechs Restaurants, Thai, Italienisch, Französisch, alles was verwöhnte Mägen begehrten. Bloss ein einziger Betrieb überlebte. Die anderen wurden abgerissen. Es gab museumsartige Ausstellungshallen für gestohlene und gefälschte Kunstobjekte, vorwiegend im Thai oder Khmer Stil. Die grosszügigen Räume, sowie die schwergewichtigen Luxusobjekte, verschwanden praktisch über Nacht. Jetzt wird wieder gebaut, protzig, zweistöckig, ein neuer Kad Farang.
Wo gebaut wird braucht es Arbeiter. Einer der Vorarbeiter lebt mit seiner gesamten Truppe in einem grösseren Haus im Dorf.
Es könnte zehn Tage her sein und es war aussergewöhnlich heiss. Der Mann kam  kurz nach siebzehn Uhr von der Arbeit zurück. Er betrat Khun Poos ‘Tante Emma Laden‘. Poo war vor vielen Jahren meine geschätzte Haushälterin. Er verlangte trockenen Halses mit brüchiger Stimme eine Flasche `hundert Pfeifer`. 100 Pipers ist ein populärer, äusserst preisgünstiger Scotch. Ich empfehle ihn speziell zum Entfernen von Öl- und Fettspuren an Fahr- und Motorrädern. Auf dem bunten Etikett der Flasche prangen Dudelsackpfeifer, nicht ganz hundert, wie der Name vortäuscht.

In Thailand wurden um 1921 auf Wunsch des Königs Rama VI in Grossbritannien Dudelsäcke bestellt. Er wollte damit seine marschierende Sua Pa, das `Wilde Tiger Korps` ausrüsten. Sua Pa war eine königliche Garde Einheit, die bisher die Oboen-artige ‘Pi Chawa‘ benutzte.
Die Dudelsäcke wurden prompt und inklusive Bedienungsanleitungen geliefert. Aber keiner der wilden Tiger war fähig, ein fremdartig kompliziertes Instrument zu benutzen. Der Fagottist Khun Saman Siang-prajak besuchte die Britische Gesandtschaft und lernte von anwesenden Soldaten das Sack-pfeifen. Danach wurde er Pfeifen-Instruktor der Truppe. Sie existiert noch heute, spielt Thai und Schottische Melodien und übt an der Rama VI Hochschule, auch ‘Vachiravuth High School‘ in Bangkok.

Die hundert Pfeifer begleiteten den Arbeiter nach Hause. Weil es keine Stühle im Hause gab, setzte sich der Mann im ersten Stock zum Trinken auf die Balustrade des kleinen Balkons. Er liess die Füsse und die Seele baumeln und war mit sich und der Welt im Reinen.
Gegen zweiundzwanzig Uhr erschien er wieder bei Khun Poo. Er verlangte eine weitere Flasche Scotch Hochland Saft auf anschreiben. Als guter Kunde erhielt er einen günstigen Kredit für ein hochprozentiges Destillat.
Er wanderte zurück zum Balkon mit Balustrade und Aussicht auf das Sternenmeer. Mit genügend Scotch im Kopf vernahm er Dudelsack-Klänge und in weiter Ferne sah er, sich im Wind wiegende Palmen am Meer. Die feinen Musikklänge vermischten sich mit dem Rauschen der Wellen. Dann knallte es gewaltig. Ein Paukenschlag!
Er fiel von der Balustrade auf ein geparktes Fahrzeug. Arbeiter erwachten, gestikulierten und brachten den Vorgesetzten ins Bezirksspital. Er wurde kurz angeschaut, geröntgt und ohne Befund, höchstens mit Paracetamol versehen, wieder nach Hause entlassen.
Am nächsten Morgen konnte er sich nicht erheben. Das Bezirkskrankenhaus sandte den Verletzten an die Universitätsklinik in Chiang Mai. Die Ärzte diagnostizierten immerhin zwei gebrochene Wirbel. Der Mann liegt noch im Krankenhaus. Möglicherweise besucht ihn Khun Poo und bringt ihm zur Genesung eine Pulle 100 Pipers.

(1) http://www.mahag.com/buch/sch.php
(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Balustrade
(Amazing Grace) http://www.youtube.com/watch?v=0syjecXN_no

Heisse Tropen-Fieber-Träume

Jahrelang empfahl ich allen Bewohnern und Gästen beim Betreten unserer Häuser in LanNa Land:
“Bitte die Moskitogitter unverzüglich schliessen. Mücken sind nicht nur unangenehme Blutsauger. Sie übertragen Krankheiten wie Chikungunya, (1) Dengue (2) und Malaria (3).“
MückeNik
Das Chikungunya-Virus wird durch den Stich verschiedener Stechmücken wie der Malariamücken Anopheles, Aedes, Culex und Mansonia übertragen. (4) Das Krankheitsbild ähnelt teilweise dem Dengue-Fieber oder dem Gelbfieber. Das Chikungunya-Virus ist mit dem O’nyong-nyong-Virus aus Ost- und Zentralafrika verwandt.

Bei Dengue existieren vier verschiedene Untergruppen des Virus. Die Krankheit zeigt häufig unspezifische Symptome oder solche, die einer schweren Grippe ähneln. Die Symptome umfassen Fieber bis 40 °C mit Schüttelfrost, Lichtempfindlichkeit der Augen und starke Kopf-, Muskel- und Gliederschmerzen. Ein heftiger Krankheitsverlauf tritt bei „Hämorrhagischem Denguefieber“ mit inneren Blutungen auf. Es gibt ein Dengue-Schock-Syndrom.
Gegen Dengue Erkrankungen gibt es zur Zeit weder Impfung, noch eine spezifische antivirale Behandlung.

Malaria, auch Sumpffieber oder Wechselfieber genannt, wird durch einzellige Parasiten der Gattung Plasmodium hervorgerufen.
Die Symptome der Malaria sind hohes, wiederkehrendes und periodisches Fieber, Schüttelfrost, Beschwerden des Magen-Darm-Trakts und Krämpfe.
Die Behandlung wird zusehends schwieriger, weil viele der Medikamente gegen die Erreger unwirksam sind (Resistenzbildung).

Ich erklärte oft:
„Ich litt bereits zwei Mal an Dengue. Es gibt verschiedene Arten. Der nächste Stich könnte tödlich sein“.
Mowgli und Dick hörten sich meine Warnungen, wenn wieder ein Gitter offen blieb, reaktionslos an. Die Mücken mögen mein Farangblut. Sie, die Einheimischen, werden seltener gestochen.
Weil sich keiner um den Schutz bemühte, wurde ich unfreundlich und beendete in den letzten Wochen meine Sprüche mit:
„Hoffentlich sticht Euch die nächste Anopheles- (Tiger-) Mücke!“

Ende Oktober hatte ich extreme Muskelschmerzen. Wegen der Augen mied ich das Licht. Die Körpertemperatur war normal. Das liess mich an meine Dengue-Erlebnisse denken.
Mehrere Mücken beglückten mich.
Wenn ich überall sprayte und salbte, stachen mich die Viecher in die Finger. Es kann vorkommen, dass mein Uhren-Armband etwas locker auf der Haut liegt. Ein frecher Blutsauger benutzte die Gelegenheit und stach unter das Armband.
Es gibt verschiedenste Mücken Sprays. Unter vielen fand ich Citronella, auf der Basis von Zitronengras. Mit der Zeit gab es Hautreaktionen. Dann wechselte ich auf ein anderes Präparat. Dick hat zwei Parfums, die komischerweise und unbeabsichtigt Schutzwirkung zeigen.

Im Dorf grassiert gegenwärtig eine Dengue-Epidemie.
Seit vier Tagen hatte Mowgli hohes Fieber mit Schüttelfrost. Der erste Bluttest war ergebnislos. Fehldiagnose im Spital. Zwei Tage später wussten wir, es ist Dengue-Fieber.
Der Oberarzt war wütend, als er die Schludrigkeit der ersten Blut-Analyse entdeckte.
Das Distrikt Spital ist gegenwärtig voller Dengue Patienten. Wirksame Medikamente gibt es keine, ausser Paracetamol gegen das Fieber.

Im laufenden Jahr, bis zum 6. November 2013, seien in Thailand 129 Menschen an den Folgen von Dengue-Fieber gestorben. Insgesamt erkrankten 139’681 Menschen. Alle die Opfer, welche keine Ärzte sahen und alle die Ärzte die Dengue nicht diagnostizieren konnten, verfälschen die genauen Angaben, die man getrost mit 1,987 multiplizieren kann.

Ich gönne Mowgli die neue, schmerzhafte Erfahrung, denn in seiner Behausung installierten wir die sinnvollen Gitter vergeblich.
In spätestens vier Wochen vergisst er seine Krankheit und meine Hinweise. Der ermüdende Gitterkrieg wird fortgesetzt.
Moskito Gitter sind für die Einheimischen unnötiger Luxus. In vielen Häusern stehen mehrere Fernsehgeräte. Die paar Baht für Gitter fehlen. Und wenn man Gitter hätte, müsste man lernen, sie zu benutzen.
Gegen Mücken schützen in Hinterindien Amulette. Die holt man sich nicht in der Apotheke, sondern im Tempel. Die Gelbröcke dürften weder Amulette herstellen, segnen, noch verkaufen. Der Handel floriert. Die heiligen Dinger schützen nicht nur vor Mücken, sondern wirken ebenso gegen HIV, Mundgeruch und Verkehrsunfälle!

Norbert Blüm schrieb in der Süddeutschen Zeitung vom 7. Oktober 2003:
„Die Pharmaindustrie gibt weltweit doppelt so viel Forschungsmittel im Kampf gegen Haarausfall und Erektionsschwächen aus wie gegen Malaria, Gelbfieber und Bilharziose. Das ist marktwirtschaftlich konsequent, denn die Kunden mit Erektionsschwächen und Haarausfall haben in der Regel mehr Kaufkraft als die Malaria- und Gelbfieberkranken.“

(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Chikungunya-Virus
(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Denguefieber
(3) http://de.wikipedia.org/wiki/Malaria
(4) http://de.wikipedia.org/wiki/Anopheles
(n) http://www.20min.ch/wissen/news/story/Tigermuecken-Eier-noerdlich-der-Alpen-nachgewiesen-10191306
(n) http://www.thailand-tip.com/nachrichten/news/thailand-droht-eine-der-groessten-dengue-fieber-epidemien/

Neujahr

Neues Jahr

wünsche ich allen Leserinnen und Lesern,
den wenigen Freunden
und den lieben Angehörigen in der Ferne.

Das Bild wurde nicht auf einer Schrotthalde, sondern auf dem Parkplatz der Central Airport Plaza in Chiang Mai, am 24. Dezember 2012, aufgenommen. Die höchst bewundernswürdige Karosserie-Reparatur stammt aus einem kaum ISO qualiltäts-zertifiziertem Hinterhofbetrieb, wie ich ihn in http://wp.me/p2ljyL-xw erwähnte. Auf  Menschen übertragen, entspricht das in etwa dem auf Paracetamolstandard basierenden, allgemeinen Gesundheitswesen.

Allgemeine Verunsicherungen 3

Reizwort Magnetresonanztomographie, MRI (1)

Unser Pflegesohn brach in einem Schullager bewusstlos zusammen. Wir wurden anfänglich belogen. Jeder versuchte, die wirklichen Ereignisse zu verschleiern.   Wir fanden eine gute Neurologin. Sie wusste, es ging um die Zukunft eines Kindes und sie wollte über die Ursache Gewissheit haben.
Am Schluss blieb nur noch eine Untersuchung: Magnetresonanztomographie, MRI. Die Schulversicherung weigerte sich, die Kosten zu übernehmen. Man müsste das genau überprüfen. Die Abklärung hätte mehrere Wochen in Anspruch genommen und war reine Zeitverschwendung. Die Zeit drängte. Also finanzierte ich die Untersuchung.

Ein junger Motorradfahrer hat einen schweren Unfall mit Rückenverletzungen. Eine sofortige Magnetresonanztomographie könnte darüber entscheiden, ob der Verletzte wieder gehen kann, oder ob seine Zukunft im Rollstuhl verbringt. Den Versicherern hierzulande ist das egal. Die bezahlen zwecks Gewinnoptimierung und wegen des Shareholdervalues “teure“ Untersuchungen für Normalbürger nicht. Wesen ranghöherer Kasten wie, Polizei, Armee und degenerierte Spitzenpolitiker sind privilegiert. 

Verantwortliche Manager und herzlose Mathematiker sollte man an den nächsten Strassenbeleuchtungen aufknüpfen, oder noch besser, deren Rückgrat zwecks Stimulierung der grauen Zellen mit einem Vorschlaghammer bearbeiten. Preisgünstig: Ein Schlag genügt! 

Dick verletzte sich vor Jahren an einer Schulter. Sie schlug unglücklich an eine Kante dieser Wendeltreppe. Der anfängliche Schmerz verschwand schnell. Im Laufe der Zeit entstand jedoch eine kleine Geschwulst, ein Tumor.
Am Ende der Reise in Malaysia schmerzte die Stelle. Ich empfahl, sofort das beste Krankenhaus in Chiang Mai zu konsultieren.
Der Arzt war nicht nur versierter Medizinmann. Er kannte die Versicherungen. Dick hatte neben der üblichen dreissig Baht Versicherung eine staatliche Kranken- und Unfallversicherung.  Der Arzt empfahl ihr aber, die Unfallversicherung ihrer Bank zu benutzen. Die würden die Kosten problemlos übernehmen.
Und so war es. Sie bezahlten für Ultraschall, Röntgen, Histologie. Aber nicht für MRI. Keine der Versicherungen war da zuständig. So griff Low einmal mehr auf seinen Sparbatzen zurück.
Zwei Versicherer wollten den Dienstweg einhalten. Drei Wochen intensive Therapie im Gemeindespital mit einem halben Pfund Paracetamol. Sofern erfolgslos und wenn Leber inklusive Nieren nicht kollabierten, erfolgt die Überweisung an die Universitäts-Klinik. Die Wartezeiten sind beachtlich, ein bis zwei Tage bis zur Eintrittsuntersuchung. Danach verordnete Standard-Untersuchungen mit entsprechenden Wartezeiten. Sobald die Versicherung nach ungefähr einer Woche das Wort MRI vernimmt, winkt sie ab, oder beteiligt sich nach brutalem Feilschen grosszügig mit maximal fünfundzwanzig Prozent.

Zweimal vernahm ich das Klopfen in der Röhre in Helvetien. Letztmalig vor zwölf Jahren. Weigerungen der Versicherungen, diese Untersuchungen zu bezahlen, gab es nie.
Buddha und das Nibbana warten in Hinterindien unter dem Motto: Weil du arm bist, musst du früher sterben. 
Den unbefriedigten, leicht angerosteten Geist in der eisernen Wendeltreppe hörte ich nachts übermütig trällern:
“Ach, ich hab‘ sie ja nur auf die Schulter geküsst.“ (3)

(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Magnetresonanztomographie
(3) http://www.youtube.com/watch?v=LZBXSoTKdfY&feature=related

Düstere Zukunft: (30 Baht …)
http://www.bangkokpost.com/learning/learning-from-news/322038/hospital-budget-freeze

Via Mala II

Wenige Wochen genügten, um aus einem hoffnungsvollen Kind einen dorfüblichen Durchschnittstrottel zu formen. Sein Englischwortschatz ging überraschenderweise komplett verloren!

Anstelle, daß er zusätzlichen Stützunterricht erhielt, unterrichtete er kleinere Kinder.Für diese Niedertracht bezahlten wir. Als wir den Knaben nicht mehr zur Abendschule sandten, behielten andere Eltern ihre Kinder ebenfalls im Haus. Die Schule schloß so schnell, wie sie entstanden war. Sie war bloss ein behender Nebenerwerb bedürftiger halbschlauer Lehrkräfte. Sie verloren das Gesicht. Sie zogen aus. 

Liebe Leute und ein noch lieberer Onkel erklärten dem Knaben während unserer Abwesenheit, wir seien zu hart mit ihm. Ein Kind müsse täglich mindestens 8 Stunden fernsehen. Knatternde Bleispritzen, hysterische Schreie, hektoliterweise Blut, topfweise Schminke und grellbunte Kostüme anstelle von Hirn, das sei Kultur. Hausaufgaben seien nur für extreme Dummköpfe. Zum Lernen gebe es die Schule. Die Unkrautsamen fielen auf fruchtbaren Boden.

Als drittklassiger Ausländer und Wissensvermittler hatte ich dank der uneigennützigen Aufklärung vollständig verspielt. Der Knabe demonstrierte seine neuen Kenntnisse durch absolute Interesselosigkeit. Der Kopf nickte bei den Monologen wie ein Sekundenzeiger, Fragen beantwortete er nicht mehr, langsam bis gegen drei Zentimeter über die Tischplatte. Bat ich ihn, etwas zu berechnen, zeichnete er. Wenn er eine Zeichnung anfertigen sollte, legte er sich aufs Ohr. Auf Schritt und Tritt zeigte er mir meine Ohnmacht. Ich bestrafte ihn höchstens durch Ignorieren seiner Unaktivitäten und schenkte ihm weder Essen noch andere Aufmerksamkeiten.

Er versuchte, die Bettruhe zu umgehen und verstopfte sich mit teurem Tütenfutter. Er vergaß sämtliche Tischmanieren und heuchelte Appetitlosigkeit.  Während Wochen bemühten wir uns, die Beziehungen zu normalisieren.

Gänzlich unhaltbar wurden die Zustände, als sich zusätzliche Personen aus der lieben Familie im Beauty Salon niederließen. Unkontrolliert nächtelang Fernsehen und schändliche Computerspiele wurden der ganze Lebensinhalt eines Kindes. Hilflos und betrübt sah ich dem Treiben meist schweigend zu. Er beobachtete durch sogenannte Respektspersonen ausgeführten Diebereien im Dorf. Familienmitglieder und Großmutter beklaute den Eindringling, den Farang, erfolgreich und folgenlos. 

Die Einbrüche zwei Jahre nach erfolgter Hirnwäsche waren nur die logische Fortsetzung des Dramas. Gedankenlos pokerte er, um zu gewinnen. Er verlor seine Gesundheit erneut. Als er beim Essen bleich und müde etwas von Schlafstörungen faselte, brachte ihn Dicks Sohn gleich ins nächstgelegene Krankenhaus. Die Ärzte verordneten wie üblich, reichlich Paracetamol. Nach wochenlangem nächtlichem Computergebrauch flackerten seine epileptischen Symptome wieder auf. Zwölf Stunden pro Nacht am PC schaffte er leicht. Er spielte, bis er in der Schule zusammenbrach. Als die Lehrer handelten, einer schlug fast zufällig seine Krankengeschichte auf, brachten sie ihn in die richtige Klinik. Keck belog er die Ärzte. Er spielte bis zu unserer Rückkehr mit wenigen Ausnahmen jede Nacht. Dicks Sohn entdeckte eines Abends eine Ursache des Leidens und verprügelte den dummen Einbrecher. Das half nicht einmal vierundzwanzig Stunden. 

Er gab nichts zu. Er leugnete alles. Ein Gefiederter aus der Familie der Chromstahlspechte pickte an der Stahlstange, bis sie wie ein dürrer Ast brach! Dann behauptete er, er hätte nur meinen PC benutzt. Nach einer Woche kleiner Reparaturen im Hause, bemerkte ich das Fehlen einer Seitenverkleidung an Dicks PC. Sorgfältig startete ich das Gerät und mußte das Datum des Einbruchs um einen Tag vorverlegen. Computer zeichnen dummerweise fast alles auf, vor allem beim Installieren von Programmen. Die Einträge zeigten, daß er am 25. Mai um 16 58 eine Installation von Sun, Oracle beendete und dann bis am 26. Mai 04 18 mit der Maschine beschäftigt war. Die temporären Dateien enthielten noch sämtliche Files, die er anschaute. Da er die Pornofilme auf Mutters Maschine schlecht wiedergeben konnte, wechselte er am Tag darauf auf meinen PC, obwohl sein Laptop für Filmwiedergaben aller Art geeignet war. Dort wirkten wohl Viren. 

Dick berichtete niemandem über die Delikte. Es könnte ja ein schlechtes Licht auf uns werfen. Gleichzeitig liess sie sich von den Lehrkräften erpressen und besucht jeden Freitagnachmittag die Schule, angeblich um mit dem Knaben zu arbeiten. 

Den Ärzten im Spital geht sie aus dem Weg, um keine Aussagen machen zu müssen. Statt dessen sendet sie ihren Sohn mit dem Übeltäter in die Klinik. Sie kontrolliert jedoch den Bengel spät Abends und morgens um sechs, ob er schläft, oder die Schule besucht. Wie lange dauert es, bis sie begreift, dass das Vertrauensverhältnis zerstört ist. Mit vierzehn Jahren ist es reichlich spät für erzieherische Maßnahmen in einem schlecht geeigneten Umfeld. Solange er nicht ehrlich sämtliche Taten zugibt und bereut, sehe ich keine gemeinsame Zukunft. 

Während der Rückreise diskutierten wir, dem Knaben noch eine Gelegenheit zu geben. Fehler begehe schlußendlich jeder. Ich war bereit, zu verzeihen und einen Neubeginn zu wagen. Die angetroffene Situation lässt vorläufig eine erneute Zusammenarbeit nicht zu. 

Ich schaue mir das Trauerspiel wortlos an und passe auf, daß ich nicht versehentlich unter einen LKW gerate oder plötzlich Rattengift im Essen habe. Die harten Gepflogenheiten im Dorf sind mir bekannt. Besondere Vorsicht ist empfohlen, weil da ein einst vermögender, nun skrupellos gieriger Onkel unsichtbar im Hintergrund irgend welche Fäden zieht. Die halbe Familie, eingeschlossen Hundezüchter und Großmutter, dient in Onkels Truppe. 

Die Geschichte ergänzt meinen Artikel “Vertrauen“ vom 23. Mai 2012. Ich verlor einige Illusionen. An deren Stelle häufte sich zusätzlich Mißtrauen an.