Fehlinvestitionen

Die dreifaltige Fahne der Moral im Dorf heisst Party. Die Steigerung heisst Tempelfest.
Fromme Prozessionen mit Geldbäumen zum Wat in frühen Morgenstunden. Umrundung der Heiligtümer. Weihrauch-Schwanden. Gebete. Chanten der Mönche. Worte des Abtes. Tiefschlaf der Anwesenden. Brüskes Erwachen durch Spritzer der Weihwasserwedel. Mittagsverpflegung. Rauchopfer amerikanischer Art, Nikotinspargeln. Chaotischer Rückzug mit anschliessendem Besäufnis am Reisfeld. Zum Nachtisch gibt’s Drogen. (1)(2)

Gedanken einer süchtigen Mandeläugigen in knisternder Nachthitze:

Der Tanga String ist mein Banner
und wenn er nicht will, dann kann er…
Lieber länger als breit
und mehr als zu zweit.

Danach tröpfelte Feuchtigkeit.
Die Begleichung der Schulden war abgeschlossen.

Vor langer Zeit betrieb Dick mit Angestellten rund vierhundert Kilometer südlich von Chiang Mai einen florierenden Schönheitssalon. Wenn sämtliche Haartrockner heulten, während andere Frauen unter Hauben hockten und irgend jemand zusätzlich einen stromfressenden Staubsauger einschaltete, sank die Spannung an den Steckdosen gegen hundertfünfundsechzig Volt.
Weil die Elektrizitätslieferanten die Zähler nicht an den Häusern montieren, sondern im Freien an ihre Strommasten hängen, zahlen die Kunden nicht nur die Energie, welche die Geräte verheizen, sondern ebenfalls die Verluste auf den Zuleitungen. Mowgli und ich massen Spannungsabfälle und berechneten daraus, bei hoher Last kann der Energieverlust im Dorf pro Hausanschluss je nach Kabelqualität und Durchmesser fünfundzwanzig Prozent und mehr erreichen. Die Verluste sind proportional zur Stromstärke.Zähler Tel

Fachgerecht hängende Strom-, Internet-, und Telefonanschlüsse

Das kümmerte Dicks Kundinnen nicht. Solange die Geräte ihre Zwecke erfüllten, war ihre kleine Welt in Ordnung. Die Stromversorgung wurde erst kritisch, als ein Sohn im Nebengebäude einen Computer-Laden eröffnete. Die empfindlicheren Kisten entwickelten bei horrenden Spannungsschwankungen Grippe- und Virus-ähnliche Symptome.
Der junge Mann mit Freundin benötigte dringend 100‘000 Baht. Ich schrieb einen Wisch und erklärte, das Geld sei ausschliesslich für die Stromversorgung vorgesehen, Investitionen in Fahrzeuge oder andere Unternehmungen seien nicht gestattet.
Der Zähler war mindestens fünfzig Meter entfernt. Hundert Meter grosskalibrige, schwere Qualitätskabel bedingten Leitungsmasten. Teile der Hausinstallation sollten ebenfalls ersetzt werden. Eine einzige Sicherung von über dreissig Ampere schützte sämtliche Anschlüsse.

Der Kampf im ländlichen, kleinen Dorf um IT Kunden war hart. Die Polizei eröffnete wenige Meter entfernt einen Internet-Shop mit PC Verkaufsstelle. Der Junge warf das Handtuch, schloss sein Geschäft und benutzte das Geld für eine Hundezucht. Weil er auf dem Lande den Bauern keine Köter andrehen konnte, zog er zwecks erfolgreicheren Hundehandels in die Grossstadt Chiang Mai.
Beim näheren Betrachten der Wege und Strassen, hätte er an den Kegeln bereits etablierter Vierbeiner abschätzen können, dass dieser Markt, genauso wie die Wege, bereits gesättigt ist. Als hochqualifizierter Faulpelz wollte er sich zudem bloss auf den Hundehandel spezialisieren. Für die Drecksarbeiten, wie misten und füttern, benötigte er Angestellte. Das schmälerte den Geschäfts-Ertrag und führte schnell zur Aufgabe dieser Tätigkeit.

Damit er für vier Nächte als Gelbrock im Tempel aufgenommen werden konnte, musste er mich zwei Stunden vor der Prozession um Vergebung anflehen. Er versprach:
„Nach dem Tempelaufenthalt werde ich ein besserer Mensch.“
Mit zweihundert Gästen in seinem Gefolge war ich erpressbar. Buddha schenkte ihm die Gnade des Vergessens – inbegriffen eine Finanz-Demenz.

(1) Bild Geldstaude: https://hinterindien.com/2013/07/30/teures-nibbana/
(2) https://hinterindien.com/2013/07/18/programmiertes-chaos/

Falsche Ansichten

Es gelang mir mathematisch und im realen Leben schlecht, die Sanukfaktoren (Triebhaftigkeit, Gier, Unfälle, Verbrechen) der einheimischem Bevölkerung und der lustbetont Zugereisten mit meinen primitiven Vorstellungen eines geruhsamen Lebensabends zu verknüpfen.
Warum stolpere nur ich immer wieder über nichtlineare Ereignisse? Ich hatte Bekannte, deren Leben war mit Skat, Golf, Kegeln, Kino und Bierabenden dermassen angereichert, dass sie weder buddhistische Feiertage kannten, noch bemerkten, wie ihre angetrauten Peinlichkeiten sich täglich anderweitig begatten liessen und sie die Schmarotzer gar mitfinanzierten.
Sie hatten scharenweise erfolgreiche Freunde, mit Villen für zig Millionen und zwanzig Badezimmern, dafür ohne Bibliotheken. Bücher sind Staubfänger und als Insektenfutter in den Tropen veraltet. Heute döst man unter multimedialer Berieselung.
Die palmengesäumten Wege zu den Palästen waren mit Nobelkarossen aus Deutschland und England überstellt. Die studierenden Sprösslinge bevorzugten italienische Sportschlitten mit unaussprechbaren, unverständlichen Namen, wie Alko Romeo oder Bucatini alla matriciana.
Wir brüskierten diese Menschen, wenn wir Einladungen zu Glamour-Parties und Fress-Orgien per Drahtesel, immerhin Tesco DeLuxe, folge leisteten.
Ich lebe in einem bescheidenen Haus mit bloss zwei Türen in einem Armenviertel ohne biedere Bewacher. Draussen vor der Tür stehen ein alter Toyota und ein roter Flitzer von Yamaha. Trotzdem wurden bei dringenden Verbindlichkeiten, das heisst tieffliegenden Pleitegeiern über Unterkünften und Fahrzeugen, nicht die Multi-Milliardäre, sondern ich angepumpt. Sofern sie besoffen genug waren, versuchten sie es. Das hatte den Vorteil, sie konnten sich nicht erinnern, ob sie selbständig oder durch Fremdeinwirkung die Treppen hinuntersegelten.
LatSmall Andere Langnasen pedalten in frischer Morgenluft und sahen überall fröhliche Kinder. Fromme Mönche sammelten indessen reihenweise Essen und Geschenke. Die Radler fuhren auf sauberen, frisch geteerten Wegen. Wenn ich dieselben Strassen benutzte, wich ich Schlaglöchern aus. Abfälle garnierten Fahrbahn und Ränder. Fäkalien in verschiedenen Formen und Reifestadien zählte ich nicht. Für mich verblieben in frisch gebügelten Uniformen übermüdete, schläfrige, gähnende, auf einen Schulbus wartenden Knirpse.
Mönchen und Nonnen begegnete ich in Grossverteilern wie Big-C, Makro, und Tesco wie sie sich anstelle stiller Meditation an Hoch-Regalen selbst bedienten. Die Novizen dagegen studierten an Ständen Hehlerware für ihre Bildschirme. Sie suchten nicht nach heiligen Pali Tripitaka Texten und verliessen die Anbieter höchst zufrieden mit mir unbekannten hochreligiösen Titeln wie: ‚Assassins creed‘, ‚Final Fantasy‘, ‚Inglourious Basterds‘ und ‚The Cabin in the Woods‘.

(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Assassin%E2%80%99s_Creed
Auf einschlägigen Internetseiten tauchten Wochen vor der offiziellen Veröffentlichung illegal kopierte Versionen auf.
(3) http://de.wikipedia.org/wiki/Final_Fantasy
Bisher verkauften sich weltweit über 100 Millionen Einheiten, Raubkopien nicht gerechnet.
(4) http://de.wikipedia.org/wiki/Inglourious_Basterds
(5) http://en.wikipedia.org/wiki/The_Cabin_in_the_Woods

Als einarmiger Bandit, andere Möglichkeiten habe ich leider nicht, erlaubte ich mir,
den Aufsatz 1778 vom 13. März 2012 zu überarbeiten und warte auf bessere Zeiten.