Hunde sind ergebene Freunde. Eingeborene dagegen flattern wie Schmetterlinge.

Die weltweite Seuche grassiert weiter. Einschließen und meiden von Kontakten werden weiterhin empfohlen. Aber viele Menschen sind unzufrieden und wollen sich in Gruppen ballen. Deshalb werden Städte oft Ballungszentren genannt, wo in sportlichen Gruppen Balance-Sex betrieben wird. Einige meinen, Einsamkeit schade der Gesundheit. Man benötige lebenswichtige Kontakte wie  Vitamine. 

In Europa vernahm ich immer wieder, wie treu Hunde seien. Anders als in Hinterindien in den Reisdörfern, wo die unerzogenen, pelzigen Kläffer in Strassen-Mitte duftige  Kegel setzen und dir höchstens für Häppchen nachlaufen. Die oft schlitzohrige Damenwelt ist für Treue und Sesshaftigkeit weniger bekannt. Sie gleichen flatterhaften Schmetterlingen, welche in Eile von Blüte zu Blüten wechseln. Hier schweigt des Sängers Höflichkeit. . .

Dazu eine wahre, unglaubliche Geschichte eines guten Menschen aus unserem Dorf.  Echte Schriftsteller könnten ein mehrbändiges Epos darüber schreiben, ähnlich dem stillen Don.  Der stille Don, russisch Тихий Дон, ist das Hauptwerk des Schriftstellers Michail Alexandrowitsch Scholochow, * 24. Mai 1905 auf dem Gehöft Kruschilin, Station Wjoschenskaja, heute Oblast Rostow; † 21. Februar 1984 in Wjoschenskaja. Scholochow begann das gewaltige, vierbändige Werk 1928 und schloss es erst 1940 ab.

Mitten in den Reisfeldern, etwas abgelegen, in der Nähe eines munter plätschernden Baches, steht ein neueres, schmuckes Haus. Dort arbeitet ein fleissigiger Mann und lebt mit Sohn und Tochter zusammen. Nur selten ist die Mutter anzutreffen. Auf den ersten Blick eine intakte, alltägliche Familie. Nach seiner Ausbildung arbeitete der junge Mann als Postbeamter. Er hauste bescheiden mit seinen Eltern in einem Nachbardorf. Er teilte seinen Lohn mit der ganzen Familie. Die Leute vegetierten eher schlecht als recht. Doch seine drei Geschwister erhielten fundierte Ausbildungen.  Zwei davon arbeiteten als Staatsbeamte im Beamtenstaat. Ein Bruder studierte Medizin und praktizierte in Bangkok.

Auf der Post begegnete er vor fast dreissig Jahren einer bezaubernden Angestellten, die ihm flugs den Kopf verdrehte. Die Liebe seines Lebens. Er heiratete die schönste Frau, die er sich vorstellen konnte. Er war der glücklichste Postbeamte der ganzen Welt. Man wagt sich kaum vorzustellen, wie lustvoll er infolge dessen die Briefmarken befeuchtete! Hier im Dorf kauften sich die jungen Eheleute ein Häuschen und bissen sich mit ihren kargen Löhnen daran fast die Zähne aus. Sie quittierte den mager bezahlten Postdienst und bildete sich zur Friseuse weiter.

Er dagegen liess sich vom Chef skrupellos ausbeuten, verfasste bemerkenswerte Vorträge für dienstliche Kolloquien in ausgesuchten Nobelherbergen der Postoberen und verzichtete dabei regelmässig auf fünfzig Prozent seiner Gratifikationen zu Gunsten eines gnädigen Vorgesetzten, denn der hätte sich weit gewinnbringender bedienen können.

Seine Frau machte als Friseuse das grosse Geld. Aber sie war stets zu müde um sich um ihre Kinder und den Haushalt zu kümmern. Als gefragter Gast zahlreicher glanzvoller Parties gewann sie unzählige Trophäen, wie den vergoldeten Kochlöffel in einem Packet Instant Nudeln, ein Set gezinkter Spielkarten, das leere Schnapsglas mit speziellem Gruss an die Leber, die gläserne Som Tam Schüssel mit programmiertem Sprung, das silberne Karaoke Mikrophon mit falschen Diamanten, eine Ehrenurkunde mit Prädikat und Schleife als regionale Klatschtante von nationaler Bedeutung und als Zugabe die leidigen Fettpolster in der Hüftgegend. Diese bedeutungsvolle nächtliche Sozialarbeit forderte die dauernde Abwesenheit von der Familie.

Deshalb erledigte der Postbeamte vor und nach seinem Job während Jahren die Pflichten des Haushalts und sorgte für die Kinder und deren Ausbildung. Als seine betagten Eltern starben, fand er heraus, dass die einen riesigen Grundbesitz besassen, den niemand je erwähnte. Auf einem kleinen Teil dieses Grundstücks erstellte er danach sein neues Haus. Mehrere Rai seines Landes möchte der mittlerweile selbständig Erwerbende verkaufen und den Erlös daraus mit seinen Geschwistern teilen.

Mit den umfassenden häuslichen Pflichten, wie kochen, waschen, bügeln, reinemachen, Kindererziehung nebst beruflicher Tätigkeit im neuen Schönheitssalon, fühlte er sich schlicht ausgenutzt. Er war die eigentliche Frau im Hause, während die seine nur durch Abwesenheit mit Fremdenverkehr glänzte. Er litt unter dem Arbeitsdruck und einer spürbar wachsenden Vereinsamung.  Kläffenden Köter fehlten offenbar. Männerbeziehungen brachten ihm Abwechslung, Freundschaften und in wenigen Fällen eine lange nicht mehr verspürte Liebe.

Trotz allem liess er sich auf Wunsch der Kinder nicht scheiden. Die Mutter besucht die Familie einige Tage im Jahr.  Dann spielen sie zu viert die Seifen-Oper: „Intakte Familie.“ Die Mutter führte ihre  minderjährige Tochter in ihre hohe Gesellschaft des Karaoke singenden Proletarier-Adels ein. Wenige Monate darauf trat das Mädchen der nicht existierenden Vereinigung: „Schwangere Bräute ohne Väter“ bei.

Der alte Herr liess für das törichte Töchterchen einen Coffee-shop, Tea-Room oder wie sie es immer nennen möchten, errichten. Sie zeigte kein Interesse für das hübsche Werk. Die junge Frau, ihr Kind und ihr Bruder warten noch heute auf ihr Erbe. Dieser  Mann schenkte mir in seinem Garten den eindrücklichsten Gottesdienst meines Lebens. Er organisierte die Veranstaltung zu Ehren seiner verstorbenen Eltern. Als es mir vor 10 Jahren sehr schlecht ging, ich lag im Chiang Mai RAM Hospital, versprach er, als Künstler würde er bei meinem Ableben für die Blumengedecke besorgt sein. Deine Blumen sind eine Ehre für mich, aber ich möchte nun nicht mehr zu lange warten. Danke!

Der Meister beim Verschönern junger Damen

Ich begann mit diesen Aufzeichnungen im Januar 2010.  Die damaligen Kommentare waren alle auf Abwegen.  Bedaure, Scholochow produzierte in kürzerer Zeit mehr Literatur! Das Rinnsal im Reisfeld ist jedoch nicht mit dem Don zu vergleichen.

Wege zum Ruhm

Rum beschaffen wir uns in Flaschen. Durch Wiederholungen werden meine Beiträge nicht besser. Aber kopieren entlastet mich und meine Finger. Der Aufsatz #1562, mit leichten Korrekturen, stammt vom 18. August 2011. (t)

Im Buch `Der Rolltreppeneffekt`, verriet der Autor Felix R. Paturi, daß Schriftsteller ihre Arbeiten auf möglichst dickem Papier mit großer Schrift veröffentlichen sollten. (1) Nur auf diese Weise seien großformatige, umfangreiche und eindrückliche Folianten möglich.
Als ich mein Büchlein aus Phuket betrachtete, sah ich den sauberen Druck und bemerkte die aufwendige Typographie der Titel.
Doch die Wucht eines großen, ledernen Einbandes fehlte. Äußerlich wirkte es, wie eine alte, mißratene Ausgabe eines Monatsheftes von Readers Digest!

Im Fernsehen verfolgte ich vor Jahren öfters ein witziges, kontroverses Programm, das literarische Quartett, betreffend Bücher und Autoren mit seiner Hoheit, dem Literaturpapst, Marcel Reich-Ranicki, MRR, selbst. (2)
Der Herr der Bücher donnerte los wie eine Artilleriestellung. In kürzester Zeit zerriß er ein Werk, in welchen unbescholtene Schreiberlinge die schönsten Jahre ihres Lebens, genüßliche Fortpflanzung, einen lukrativem Lebenserwerb im Topmanagement und ungezählte Freundschaften opferten.
MRR klaubte rein rhetorisch schöne, glaubwürdige Sätze zusammen, die er theatralisch in die Mikrofone geiferte, während sein Gesicht und seine Gestik Bände des Unglaubens, der schieren Verzweiflung und der absoluten Verständnislosigkeit demonstrierten.
Der nicht unbestrittene MRR hatte zeitweise ein schwieriges, abenteuerliches Leben, genug Stoff für ein mehrbändiges Werk.
MRR arbeitete als Übersetzer, Lektor, Schriftsteller und Publizist. Er hatte die Gnade der Gabe der rasier-messerscharfen Kritik. Diese praktizierte er als gehobene Unterhaltung in einer eher kulturarmen, kommerzialisierten Fernsehwelt.

Neulich demontierte mich MRR im Traum. Ich war Gast in seiner Sendung und nippte leicht nervös an meinem Selters, während ich gespannt das Schlachten erster Opfer verfolgte. Bedaure, ich meinte natürlich die Besprechung der neuen Bücher.

MRR:
„Am heutigen Abend begrüßen wir einen Gast aus den fernen Reisfeldern Nordthailands, Herrn Low.“
Bescheidener, freundlicher Applaus.
„Guten Abend.“
„Herr Low verfaßte Erzählungen aus einem gänzlich unbedeutenden Dorf und schilderte Land und Leute. Dies tat er erst im Internet und nun in diesem, glücklicherweise bescheidenen kleinen Band.“ Fitze Hinterindien
MRR fuchtelte ein Sekunde mit der Lektüre in der Luft herum, als wäre sie mit Blitzen geladen.
„Herr Low, das ist kein Buch, das ist kein Büchlein. Das ist bereits vom Aussehen her vergleichbar mit Schund in Reinkultur. Namen nenne ich keine, oder kennt jemand von ihnen John Kling oder Jerry Cotton?“
Applaus.
MRR wandte sich gnädigst an mich:
„Herr Low, hatten sie und ihre Gattin, welche nicht ihre Gattin ist, eine angenehme Reise?“
„Ja, danke Herr MRR.“
„Herr Low, Sie sind überheblich und verglichen ihre Erlebnisse in den Reisfeldern mit den Erzählungen eines Autors vom Format eines Albert Bitzius, Gotthelf genannt, aus dem schweizerischen Emmental.“
„Die Ähnlichkeit der Geschehnisse waren frappant, Herr MRR. Die Mentalität der Menschen entsprach etwa Gotthelfs Schilderungen der Zustände vor hundertfünfzig Jahren. Sie werden zusätzlich zu Alkoholika und Drogen von den meisten technischen Errungenschaften materiell und geistig dauernd überfordert.“
„Herr Low, sie scheuten sich nicht, sogar Friedrich Dürrenmatt …“
Dürrenmatt – der Name zerfloß MRR richtiggehend auf der Zunge.
„ – …Friedrich Dürrenmatt, einen Autor von Weltklasse, einen der ganz Grossen, – zu zitieren.“
„Das ist richtig, Herr MRR. Dürrenmatt liegt zeitlich näher. Seine angepaßte Sprache zeigt Spuren der Rhetorik eines Seelsorgers. Sein Vater war, wie Gotthelf selbst, Pfarrherr im Emmental. Dürrenmatts Sohn Peter ist Pfarrer.“
„Herr Low, versuchen sie nicht, sich in die Theologie zu flüchten. Ihre teilweise gewagten Aufsätze beweisen das Gegenteil.“
„Danke, Herr MRR. Die einfachsten und schönsten Predigten von Dürrenmatt sind meines Erachtens `Der Verdacht`und `Der Richter und sein Henker`. Sein Psalm auf das Leben heißt `Grieche sucht Griechin`.“
„Herr Low, sie sind nicht hier, um das Werksverzeichnis eines bedeutenden Autors wie Friedrich Dürrenmatt vorzutragen. Sie erklärten am Anfang ihrer Geschichten, sie schreiben, um ihre Sprachkenntnisse nicht zu verlieren?“
„Das ist richtig, Herr MRR.“
„Herr Low, da hätten sie aber nicht viel zu entbehren! Ich überflog ihre Texte kurz. Nicht alle. Einige wenige genügten mir.“
Er betrachtete mich furchterregend, eindringlich.
„Und ich weiß, daß sie inmitten von Reisfeldern wohnen. Deshalb hege ich folgenden begründeten Verdacht:
In den Reisfeldern leben und arbeiten diese urtümlichen, gewaltigen Tiere, genannt Wasserbüffel.“
„Richtig, Herr MRR.“
„Nun, diese Wasserbüffel, wie auch die Reisfelder selbst, produzieren das Klimagift Methan.“
„Richtig, Herr MRR.“
„Herr Low, dieses Giftgas namens Methan stieg ihnen in den Kopf. Anstatt es einfach durch einige Flatulenzen entweichen zu lassen, vermüllen sie Literatur und unsere Umwelt mit ihrem Krempel. Guten Abend, Herr Low.“
Stürmischer Applaus.
Wem galt der Applaus? Der Kenntnis der Chemie? Dem geschickt eingefädelten Abgang?
Ich blieb anständig, dachte an die teure, durch MRR finanzierte Reise und sagte:
„Danke sehr, Herr Reich-Ranicki. Guten Abend,“ und trollte mich, wie vom Winde verweht.
In Wirklichkeit rollte ich mich in Chiang Mai schnarchend im Bett von einer Seite zur anderen.

(t) http://forum.thailandtip.info/index.php?topic=1225.msg1015570;topicseen#msg1015570
(1)
Der Rolltreppeneffekt, Felix R. Paturi
• Verlag: Rowohlt TB-V., (Januar 1985)
• ISBN-10: 3499168995
(2)
http://de.wikipedia.org/wiki/Marcel_Reich-Ranicki

Reis

Sehr wahrscheinlich hat die Tastatur einen Virus, meine Finger funktionieren nicht richtig oder umgekehrt. Auf dem Bildschirm erscheinen nur selten die Buchstaben, die ich anschlagen wollte. Deshalb grub ich eine alte Geschichte, # 1283 vom 09. November 2010, aus. (1)

Wir ernähren uns nicht nur von Brot, Kartoffeln, Pasta und Polenta. Unsere bescheidenen Reisvorräte in beiden Häusern gingen zur Neige. Wir hatten die Qual der Wahl, neuen Reis zu besorgen.
Als ich die Geschichte verfasste, erhielt man in Thailand noch echten Duftreis. Der Reis duftet schon lange nicht mehr, obwohl die Verpackungen mit “Hom Mali“ das Gegenteil behaupten. Bei sinkender Qualität stiegen nur die Preise. Wheelchair ticket
Rollstuhl-Ticket für die Bahnfahrt – zusätzlich zum üblichen Fahrschein.

Ich erinnerte ich mich an meine erste Bahnfahrt zu Beginn der siebziger Jahre von Bangkok nach Butterworth, Malaysia. Der Express dieselte in den frühen Morgenstunden mit knapp vierzig Kilometern pro Stunde im Süden Thailands durch Reisfelder, deren grün ich nie vergass. In Penang sagte ich mir, diese relativ unangenehme, vor allem lange Bahnreise, mache ich nie wieder.
Der Kluge reist im Zuge; der Gescheite nutzt den Flieger für die Weite.
Dennoch bestätigten zwei weitere Bahnreisen meine frühere Beobachtung. Es gibt im Norden viele Reisfelder. Die Intensität der Farben ist aber, ähnlich den Lichteffekten in der Provence, nicht vergleichbar. Unvergessliche Farbkleckser im Süden wie im Norden dagegen waren die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Reisfeldern. Schon deren Hüte sind beachtenswert. Getragen werden Spitz-Hüte, die in der Seitenansicht einem Dreieck ähneln. Sie sind von China über Vietnam bis nach Indonesien verbreitet. Weiter beobachtete ich grosse geflochtene, sombreroartige schattenspendende Kopfbedeckungen.
Den Thai-Superhut mit eingebauter Klimatisierung sah ich im Reisfeld eher selten. Dagegen tragen ihn die Frauen auf den schwimmenden Märkten öfters. Ein geflochtenes Gestell auf dem Kopf trägt einen wundervoll geformten Schattenspender. Das entstehende Luftkissen zwischen Hut und Kopf wirkt äusserst angenehm. Dieser Hut wurde in den Weingärten des Lavaux getestet und eindeutig als Sieger beurteilt.
Ich hatte verschiedentlich die Gelegenheit, die faszinierenden Arbeiten in den Reisfeldern von Indonesien bis Thailand zu beobachten, vom Setzen der Pflanzen bis zur Ernte und dem Dreschen. Wenige Bilder, diese Diapositive wurden leider mit etwa 15 000 anderen entsorgt, sind nur noch im Kopf vorhanden:
Im Vordergrund ein kleiner Bauer mit zwei mächtigen Wasserbüffeln an der Leine im Schlamm, auf einem schmalen Damm trippeln einige Frauen in Sarong Kebaya und Kinder als Farbtupfer in Einerkolonne, im Hintergrund grüsst statisch die kolossale Tempelanlage von Borobodur.
Während in den ersten Jahren hier am Dorfrand noch von Hand gedroschen wurde, benutzten die Leute bald Maschinen für die harte Arbeit.

Reis wird aus der Reispflanze, Oryza sativa, gewonnen. Das deutsche Wort Reis stammt aus dem mittellateinischen risum, das dem lateinischen oriza entspricht.
Im chinesischen Mandarin wird Reis dào oder mifàn genannt. Das erste Wort ist die botanische Bezeichnung. Das zweite bezeichnet den Reis als Nahrungsmittel.
Die Wichtigkeit von Reis im täglichen Leben in China läßt sich aus dem Gruss:
„Che fan la ma,“ essen reis, Vergangenheit la, Frageform ma, erahnen. Etwas verständlicher, weg vom chinesischen Telegrammstil : „Hast du Reis gegessen?“

(1) Geschichten aus Hinterindien, Thailand TIP Forum

Bescheidene Brötchen, Halbpfünder

Reis ist das tägliche Brot Hinterindiens. Wie ein unzerstörbarer Diamant blieb ein eindrückliches Bild in meinem Kopf gespeichert. Im Vordergrund des riesigen Borobudur Tempels (Indonesien) bearbeitete ein Bauer mit Wasserbüffeln in meiner Nähe sein Reisfeld. Ich filmte die Szene vor vierzig Jahren und vertonte das Ganze mit: Reis – das Brot Indonesiens!
Vor einigen Jahren gab es zusätzlich zum Reis zur Abwechslung einheimische Teigwaren, wie Mee, ferner Nudeln aus Reis oder Mungo-Bohnen. Heute werden anstelle von lokalem Mee oft preisgünstigere importierte Spaghetti-Sorten verwendet. Die Gerichte sehen ähnlich aus wie früher, schmecken jedoch anders. Ich bevorzuge die schlabbrigen, breiten China-Nudeln anstelle der Spaghetti.

Europäer fühlen nach mehreren Jahren in der Fremde öfters eine unbändige Lust auf ein Stücklein Brot. In Grossstädten wie Bangkok und Chiang Mai, gibt es zahlreiche Bäcker, die gutes Brot herstellen. Brot wird ebenfalls in Grossmärkten in Satun angeboten. Dieses Brot zu essen versuchen, sollte man unterlassen. Es hat weder Biss, Kruste, noch Geschmack.
Geschmackvolles dunkles Brot gab es kürzlich in Cenang auf Langkawi im Bistro „Red Tomato“.

Nach zwei brotlosen Jahren in Satun, begannen wir Backöfen zu besichtigen. Wir schauten uns nach Angeboten für Mehl und Hefe um. Für zwei Personen brauchen wir keinen grossen Backofen. Mehr als ein Pfund Brot würden wir in drei Tagen ohnehin kaum verzehren. Schon von der Leistung her, schien ein Gerät unter zweitausend Watt sinnvoll, weil die Drahtdurchmesser der Zuleitungen in den Häusern oft gering sind.

Mir gefiel eine Konstruktion besonders gut, weil das Gerät eine gewölbte Oberfläche aufweist. Frauen könnten keine hitzeempfindlichen Gegenstände auf den Apparat stellen, denn ausreichend schützende Isolation im Backofen fehlt.
Die technischen Daten:
House Worth HW 8085
Inhalt: 28 Liter
Leistung 1600 Watt (2)
Preis: unter 2‘000 Baht

Wir machten einen ersten Backversuch und verarbeiteten:
500 g Mehl, White Swan
200 g Wasser
100 g Milch
20 g Trockenhefe
1 Esslöffel Zucker
1 Teelöffel Salz
1 Esslöffel Olivenöl
10 g Butter

Dick mischte und knetete den Teig während 20 Minuten.
Danach gewährten wir ungefähr eine Stunde Ruhezeit bei Raumtemperatur, erneutes kneten.
Die eine Teighälfte formte sie zu einer Kugel.
(Den Rest des Teiges stellten wir für das zweite Brot während zwanzig Minuten in den Kühlschrank).
Backblech mit Backpapier belegen, mit etwas Mehl bestreuen, die Teig-Kugel aufs Papier legen.

20 Minuten warten. Danach 40 Minuten bei 200 °C backen. Der Ofen benötigt fünf Minuten um 200 °C zu erreichen.

Herrliche Düfte nach Hefeteig füllten die Räume. Wir verwenden relativ viel Hefe, weil ich den Geschmack, auch im Champagner, mag.
Der Thermostat schaltete ungefähr alle 35 Sekunden. Das Brot bräunte gleichmässig. Es wies eine knackige Kruste von ungefähr vier Millimetern Dicke auf. Die Haltbarkeit war ohne speziellen Brotkorb problemlos drei Tage. Brot

(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Borobudur
(2) Abbildung Backofen: https://hinterindien.com/2016/02/10/bilder-aus-ban-klong-khut/

ÄNDERUNGEN: 24.Nov.2017

Das Husten des Kleptomanewitsch

Mehr als fünf Monate keine Meldungen über unsern Lieblingsnachbarn Kleptomanewitsch führten beinahe zu Entzugserscheinungen. Zurück im Dorf am letzten Reisfeld, war ich erleichtert, als ich ihn eines Morgens husten hörte. Der hätte ja längst an seinem Hochofen zur Stahlgewinnung und unermesslichem Reichtum tot umfallen können. (1)
Das Verhältnis zwischen Kleptomanewitsch und Dick entspricht etwa der Freundschaft zwischen Dagobert Duck – Scrooge McDuck – und der Panzerknackerbande. Noch aggressiver ist die Feindschaft zwischen diesem Nachbarn und einem von Dicks Söhnen.

Kürzlich sah der betrunkene Kleptomanewitsch in der Nähe des Marktes von HangDong ein bekanntes Gesicht. Im Suff glaubte er, es sei besagter Sohn und wollte ihn, dank den Illusionen seines Alkohol-Pegels, verprügeln. Er liess seinen verbeulten Kleinlaster rücksichtslos mitten auf der Fahrbahn stehen, verfolgte diese Person und begann mitten im Getümmel eine üble Prügelei. Die Verkehrsteilnehmer und Marktbesucher waren erzürnt wegen der blockierten Strasse. Sie schlugen ebenfalls auf Kleptomanewitsch ein, bis dieser K.O., knocked out, zu Boden sank. Sie transportierten den leblosen Körper ins Spital. Jeder dachte, der Kerl ist hinüber, über den Jordan oder näher liegend, über den Mae Ping. Diagnose: Schädelbruch. Er blieb eine Woche im Krankenhaus.
Die Ermittlungen der Polizei am Tatort verliefen ergebnislos. Keiner hatte etwas gehört oder gesehen. Wieder vernehmungsfähig, gab Kleptomanewitsch als Täter Dicks Sohn an. Da hatte er Pech. Der Herr war leider zur Tatzeit an einer Hochzeitsfeier in Phitsanulok. (2) Kleptomanewitsch blieb der Husten im Halse stecken.

(1) https://hinterindien.com/2014/01/21/kleptomanewitsch-wird-reich/
(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Phitsanulok

Hausbesitzer schwindeln nicht

Sie sagen auch nicht die Wahrheit. Sie trennen sich gegen schnödes Entgelt von ihrem wertvollsten Besitz und wenn das streng genommen alter Plunder und billiger Schrott ist. Daran änderte die wiedergewonnene Freude der Bevölkerung im Land des gebeutelten Lächelns, der Militärregierung sei Lob und gebührender Dank, nichts. Die Diktatur der Hausbesitzer blieb ungebrochen. Die Gier nach Baht und noch mehr Baht jedenfalls ist unverändert. Das erste Gebot lautet:
„Horte Baht, wo immer Du sie kriegen kannst, ohne jemanden umzubringen!“

Dazu muss ich ergänzen, ich würde meinen Besitz, möbliert oder nicht, keinem Einheimischen vermieten. Das schafft nur Ärger. Entweder wird alles geklaut, oder der ehemalige Palast wird zur Baustelle umfunktioniert. Im einen Badezimmer wird ein niedliches rosafarbenes, fröhlich quiekendes Schweinchen gemästet. Aus Veranda und Vorplätzen entstehen ohne jegliche Rückfrage, weitere Zimmer für mindestens zwanzig Personen. Das entdeckte ich, anfänglich leicht verwundert, in den Dörfern an den Reisfeldern.

Bevor wir den Mietvertrag in Satun unterzeichneten fragte ich naiv: „Sofern etwas nicht funktioniert, wer kommt für die Behebung der Schäden auf?“
„Selbstverständlich ich,“ erklärte die Dame.
Sie verkaufte – vermietete – uns, mit einer heissen und einer kalten Hinterbacke, zwei defekte Kühlschränke. Wenn Farang Pampe aus tiefgefrorenem Salat nicht fressen mögen, ist das ihr Problem. Die Kühler lärmten, bezogen Strom, folglich funktionierten sie, auch wenn das Bier aus dem Zweitgerät warm war. Ersatz ausgeschlossen. Cotto
Beim ersten Transfer aufs WC murmelte ich:
„Die Schraube rechts ist nicht aus Kunststoff, sondern aus Kaugummi. Sie bricht bald.“
Sie brach.
In Hinterindien sind keine einzelnen Ersatzschrauben vorhanden. Es gibt nur Gesamtpackungen:
„Zwei Muttern, zwei Schrauben, Sitz und Deckel.“
Ich wusste, es müssten irgendwo Ersatzschrauben herum liegen. Es wäre eine Art technisches Wunder, wenn zwei Schrauben gleichzeitig ihr Dienstverhältnis aufgeben,
sofern nicht speziell zerstörerische Kräfte am Werk sind.
Dick telefonierte. Die Vermieterin – ihr Mann ist an einem Geschäft für Sanitäranlagen beteiligt – behauptete:
„Keine Ersatz-Schrauben. Wir hatten in diesem Haus noch nie Probleme mit WC Sitzen. Da brach noch nie kein Schräubchen. Sie sind die Ersten, die meinen teuren Kloschüsseln mit schweren Ärschen Gewalt antun.“
Das gibt es also ebenfalls: Kloschüsselmasochisten, Kunststoffsitzvergewaltiger und perverse Schraubenfetischisten.
Die Realität sah anders aus. Die drei WCs sind von Cotto. Zwei der heissen blauen Stühle haben Sitze von SB, einem Dritt-Anbieter. Das bedeutet, die zwei Garnituren wurden bereits mindestens einmal ersetzt. Aber wir sind zu blöd, um solche Kleinigkeiten zu bemerken.

Thai – Reis

Bevor ich Thailand verliess, wurde Reis zum täglichen Gesprächsthema. Die Regierung Yinglak übernahm die Reisernte von den Bauern. Die Bezahlung sollte später erfolgen. Die durch Intrigen aufgeschobenen Zahlungen trieben mehrere verarmte, verzweifelte Landwirte zum Selbstmord, bis Generäle die Schatzkiste übernahmen und die Schulden endlich beglichen.
Nicht sämtlicher Reis wurde fachgerecht gelagert. Tausende Tonnen verschwanden oder wurden gar nie angeliefert, sondern bloss verbucht. Viel gespeicherter Reis verdarb, verschimmelte, wurde von Nagern gefressen und verunreinigt. Gammelreis soll gegenwärtig zu Biosprit verarbeitet werden.

Die Reispreise verdoppelten sich innerhalb eines Jahres, während die Qualität im Einzelhandel sank. Der durch seinen Duft berühmte Jasmin-Reis, Hom Mali, existierte nur noch als Werbung auf den Verpackungen. Der zarte Duft ging verloren oder es wurde geschummelt und minderwertiger Reis abgefüllt. Darauf kauften wir in Chiang Mai den wesentlich besseren und teureren Basmati Reis aus Indien.

Ein junges Ehepaar besuchte uns im Dorf am Reisfeld. Als Gastgeschenk brachten sie einige Kilogramm Reis. Der junge Mann studierte Biologie. Er erarbeitete seine Bachelor- und Master-Diplome mit viel Interesse, Freude und Begeisterung.
Die Schwiegermutter ärgerte sich, als der frisch diplomierte Biologe, anstatt in den lukrativen Staatsdienst zu treten, um sein Dasein fortan in einem klimatisierten Büro zu gestalten, sich die Hände beschmutzte, den Rücken krümmte und Reis auf biologischer Basis anbaute. Zusätzlich betrieb er eine eigene Reismühle.
Trotz Ratgeberin Schwiegermutter will er sich weiterbilden, zusätzlich an einem Doktortitel arbeiten und sein Leben ganz dem Reis widmen.

Seinen vorzüglichen Reis setzten wir mit zwei Teilen Wasser an und kochten das Gemisch während etwa 45 Minuten auf leichtem Feuer. Es waren drei verschiedene Sorten, weiss, rot und schwarz gemischt.
Der Reis hatte ansprechende Aromen und war immer noch ‘al dente‘. (1) Leider konnte ich mich nicht mehr über die verschiedenen Sorten informieren, denn mein Reisetermin rückte näher. Der Preis dürfte bei fünfzig Baht pro Kilogramm liegen, plus Postversandkosten. Mehr erfahren Sie aus der Abbildung. Reis
Vollkornreis ist eine irreführende Bezeichnung für Reis, der unpoliert gegart und gegessen wird. An ihm haften Silberhäutchen und Embryo. Deshalb sind Vitamin-, Spurenelement- und Eiweißgehalt wesentlich höher als beim polierten Reis. Gedroschene Reiskörner sind ungenießbar und könnten, besonders bei Kleinkindern, zum Erstickungstod führen.

(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Al_dente

Endlich: Grüne Regierung in Thailand!

Meine einzige, äusserst vorsichtige Frage ist: Werden die mannigfaltigen Anliegen des Umweltschutzes jetzt durchgesetzt?
Ich arbeitete bereits einige Tage an einer meiner seltenen politischen Äusserungen. Die sorgfältig recherchierten Begebenheiten veralteten noch auf der rotierenden Festplatte durch radikale Massnahmen hochdekorierter Generäle. Solche Artikel sind relativ heiss, besonders wenn zweifelhafte Freunde im Hintergrund heulen und auf einen Fauxpas eines feixenden Frührentners und fabulierenden Frauenfeindes lauern.

Meine Rückkehr nach der Sabah-Rundreise in den Norden Thailands war unsicher. Die politischen Unruhen im Land und die Kälte in Chiang Mai warnten mich eindringlich. Es gab nur einen Grund zur Reise. Die benötigte Medizin erhielt ich kurzfristig weder in Singapur noch in Malaysia. Das Zeug war aber im Häuschen im Dorf an den einstigen Reisfeldern vorrätig. Der Reis verschwand grösstenteils. Dafür gibt es jetzt drei grosse Sportplätze. Wozu benötigt man Reis, wenn es besser mundende, kalorienreichere, amerikanische Schnellimbisse gibt?
Die nächtliche Kälte ab dem 19. Januar war Gift für meine alten, angeschlagenen Schulter- und Handgelenke. Innerhalb weniger Tage wurde ich vom Para- zum Tetra-Plegiker. Meine Arme funktionierten nicht mehr. Transfers Rollstuhl-WC, -Bett, -Auto wurden unmöglich. Ebenso das Öffnen von Flaschen oder Getränkedosen.
Gegenwärtig arbeite ich an meiner bescheidenen Unabhängigkeit. Es geht leicht besser. Aber die entscheidende Kraft fehlt immer noch. Deswegen kann ich nicht reisen. Spätestens im November benötige ich eine Unterkunft in einem Land mit gemässigterem Klima. Eine weitere Kälteperiode in Nordthailand überlebe ich wegen der Arme, mit oder ohne Armee, nicht. Stichwort Armee:

Ausgehverbote werden in der Region kaum eingehalten. Am Morgen der Machtergreifung segneten Mönche ein Haus ein. Danach feierte das Dorf. Noch um dreiundzwanzig Uhr zerrissen Karaokefetzen die Nachtruhe und störten die Konzerte der Frösche im Garten.
Auf der Strasse 108 in die Stadt bemerkten wir am Samstag kein Militär. In Chiang Mai gab es täglich Demonstrationen, neulich mit Schüssen und Verhaftungen. In unserer Gegend wurde wieder bis gegen Mitternacht lautstark gefeiert und über leistungsstarke Lautsprecher gejohlt, unter dem Motto:
„Wo man singt, da laß‘ dich ruhig nieder,
böse Menschen haben keine Lieder.“ (2)

Aus meinem, durch die Ereignisse überholten Politthriller, stammen folgende Zeilen:
Einschlägige Gesetze wurden seit Jahrzehnten nicht befolgt. Wohlhabende Kreise sühnten Untaten und Verbrechen nie. Sie standen und stehen über den Gesetzen.
Der einstige Vize Premier und allgegenwärtige Rädelsführer wurde öfter verurteilt und zur Verhaftung ausgeschrieben. Dennoch bewegte er sich sogar im Regierungsviertel frei, eskortiert und beschützt von machtlosen Polizeistatisten. Er zeigte seine Autorität und hielt mit seinen Anhängern sogar Sitzungen in Parlamentssälen ab.
Das ganze Leben in Thailand besteht aus Schauspiel und Farce. Als billigst Fernsehunterhaltung findet solches Verhalten überall Nachahmer. Die Menschen unterscheiden zwischen Spiel und Wirklichkeit schon lange nicht mehr. Die Feststellung, ich lebe in einem Dorf voller unzuverlässiger Menschen, Lügnern, Betrügern und Dieben, die nicht einmal erröten, wenn sie auf frischer Tat ertappt werden, wurde für mich schwer verdaulich.

Die Gesetzlosigkeit zeichnet sich ebenfalls im thailändischen Buddhismus ab.
Der oberste Sangha Rat, geführt vom eingesetzten Patriarchen, hätte Pflichten und Rechte, um Regeln und Vorschriften zu erlassen. Die Sangha Verwaltung wird vom Nationalen Büro des Buddhismus, als Sekretariat des Obersten Sangha Rates unterstützt. Dieses Amt wäre für die Versorgung der Mönche und Klöster, die finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln und die Unterstützung von Sangha Offiziellen in ihren administrativen Aufgaben zuständig.
Vom rechten Pfad der Lehre abgewichene Mönche und Äbte wurden nur auf außerordentlichen Druck der Presse verwarnt und selten bestraft. Die Regeln des Tripitaka scheinen im Gremium der alten, gleichgültigen, teils vollgefressenen Diabetiker und dementen Religionsfürsten nicht mehr zu existieren.

Die nicht geahndeten, selbstherrlichen Verhöre und finanziellen Erpressungen des PDRC, des ‘Volksdemokratischen Reformkomitee‘ – Mönchs Luang Pu Buddha Issara zeigen, wie unsäglich die edlen Ideale des Tripitaka an Bedeutung verloren haben. Die hemmungslose Prügeltruppe des Mönchs schlug mehrere Menschen spitalreif. Luang Pu wäre als brutaler Leiter einer Kampfsportschule besser vorstellbar, als in der Position eines ursprünglich barmherzigen, mildtätigen Gelbrockes. (3)

(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Fauxpas
(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Gottfried_Seume
(3) http://www.bangkokpost.com/news/local/412222/protest-monk-denies-rebellion-blocking-polls

Tränendes Mandel-Auge im Land des Lächelns

Es gibt realistisch-pessimistische Aussagen, welche über den Welt-Religionen stehen. Józef Teodor Nałęcz Konrad Korzeniowski * schrieb 1899 seinem Freund Robert Cunninghame Graham:
„Der Mensch ist ein bösartiges Tier. Seine Bösartigkeit muss organisiert werden. Das Verbrechen ist eine notwendige Bedingung der organisierten Existenz. Die Gesellschaft ist ihrem Wesen nach kriminell, sonst würde sie nicht existieren. Der Egoismus rettet alles – absolut alles –, was wir hassen, was wir lieben.“

Solche und ähnliche bittere Erfahrungen waren im Dorf in den Reisfeldern plötzlich alltäglich. Vorher lebte ich glücklicherweise in einem Wahn streng begrenzten wissenschaftlichen Fortschritts, der meine Gedankenwelt – ähnlich wie Religionen und Opium, vernebelte und schützte.
Aber ich blieb meinen tief verwurzelten Ideologien treu und arbeitete in globaler gratis Wissensvermittlung: Algebra, Technologien und Fremdsprachen. Begrenzte Lernfreude und Fähigkeiten der Schüler bremsten meinen Enthusiasmus. Bald bemerkte ich, alles was kostenlos ist, ist in Lan Na Land nichts wert, seien es Geschenke wie Bücher, Kameras, Radios, Telefone, Uhren oder Unterricht. Je teurer, desto besser. Ich gab die hoffnungslose Zeitverschwendung auf und widmete mich weit sinnvolleren Tätigkeiten wie Steintischphilosophien, Foren! oder Blogs!! LOL

Gelegentlich liess ich mich überreden, wieder zu unterrichten: „Sie ist eine gute und fleissige Schülerin, aber müsste dringend Konversation üben. Sie würde auch regelmässig und pünktlich erscheinen.“ Mein Hirn registrierte: regelmässig unpünktlich – und hatte recht. Weil ich durch extraordinäre Erfahrungen vorsichtiger wurde, unterrichtete ich lernwillige Frauen nur mit Begleitung.

Wir lasen Zeitungen. Ich erklärte die gelesenen Sätze; den Sinn aneinander gehängter Worte. Obwohl sie fliessend lesen konnten, verstanden die Jungen meist nichts. Darauf durften die Schüler eigene, kurze Erlebnisse schildern. Das überforderte sie bereits. Ich machte es noch einfacher.
„Schreibe wie du eine Suppe kochst“, bat ich die fast fünfzehn Jahre junge Dame.
„Ich kann nicht kochen“, antwortete sie.
„Dann schreibe wie deine Mutter Suppe kochte!“ Mutter benutzte Ka-nor Würfel und Wasser.
ka nor Ein Problem der Schülerin ist, sie lebt bei ihrem Vater. Sie flüchtete wenige Jahre zuvor, als ein neuer Freund der Mutter sie als zweites Objekt seiner Begierden missbrauchen wollte.
Die gegenwärtige Partnerin des Vaters ist etwa zehn Jahre älter. Sie stammt aus einer reichen chinesischen Familie. Dort wirkten Scharen von Dienstboten fürs Kochen, Waschen, Bügeln, allgemeine Hausarbeiten und als Gärtner im Park.
Die junge Frau studiert standesgemäss an der Universität. Sie war zur Ausbildung in Amerika und spricht fliessend Englisch. Für Anliegen des Mädchens hat sie keine Zeit. Kochen kann sie nicht. Um nicht zu verhungern, benutzt sie ihr iPhone. Nummern von KFC, MacD‘s und Pizza Kurier sind gespeichert. Fürs Waschen und Bügeln telefoniert sie ebenfalls. Die Schülerin, wenig Taschengeld, Baht sind Mangelware, besorgt ihre Wäsche selbst. Sie lebt am Tropf, während die Herrin des Hauses Überfluss geniesst. (Siehe Gebrüder Grimm, Aschenputtel)
Anstatt ihrem Herrn Sohn die Rübe zu stutzen, fing Dick an, Aschenputtel mit Kopfkissen, Matratze und so weiter zu unterstützen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Weil selbständiges Denken und Schreiben die Jugendlichen überforderte, lasen wir und betrieben eifrig Konversation. Beim Lesen fiel mir auf, meine Schülerin benutzte Thai-Englisch. In Thai wird L als N ausgesprochen. ‚Beautiful school girl‘ mutiert zu ‚buitifun scun gön‘. In einem einzigen dreisten Satz waren drei Endungen mit L. Ich liess die Leserin anhalten, las die Worte langsam und bat sie, den Satz zu wiederholen.
Nach der dritten Unterbrechung, öffnete der Herr des Universums und der Schönen die Schleusen zwecks Sintflut. Ich gab mich geschlagen und beendete den Unterricht.

Am Abend, beim gemütlichen biologischen Kokosdrink aus der eigenen Plantage – mit Rum, erzählte ich Dick von abgebrochenen Koch- und Schulstunden und meinte:
„Sie kommt nicht wieder!“
Spät nachts, nach diversen Hausbesuchen, sagte mir Dick: „Sie möchte lernen und kommt morgen pünktlich.“

Um zwei Uhr wartete ich vergeblich auf Schüler. Gegen halb drei kam eine junge Frau. Die Haare waren wunderbar gepflegt, Aufwand mindestens zwei Stunden. Das Gesicht war mit ausgiebig Schminke künstlerisch zugekleistert. Wollte sie mich in die Peking Oper einladen?
Erst an der Stimme erkannte ich meine Besucherin – draussen vor der Tür. Sie stammelte: „Heute habe ich viel zu tun, Hausarbeiten, Wäsche waschen, danach bügeln. Leider kann ich nicht zum Unterricht kommen und danach erst nächstes Wochenende wieder. Aber ich würde gerne Hausaufgaben machen.“
„Dinge wie Konversation und Vorlesen sind als Hausarbeiten schlecht möglich“, erwiderte ein herzloser, alter Farang. „Der Unterricht ist für mich damit zu Ende. Dschogg dee khrap!“

* Joseph Conrad

Affenkäfige

Bei Tierliebhabern möchte ich gleich eine Entschuldigung anbringen: Ich wollte keine Affen beleidigen!  Aber als altem Einfaltspinsel fielen mir für die Trilogie keine besseren Titel ein als: Affenkäfige, Affentheater und Affenliebe.

Als neugieriger Knabe stand ich öfters fasziniert vor Affenkäfigen. Das war jedes Mal ein Riesenspektakel, denn häusliche Flimmerkästen gab es noch nicht. Die lustigen Tiere lümmelten sich im Geäst, hingen an Seilen, oder sassen auf Schaukeln, während dem sie teures, für mich seltenes Futter, wie Orangen und Bananen grosszügig vergeudeten. Einige Biester betrieben, die Zähne bleckend, Fellpflege und lausten sich gegenseitig. Affenmütter hüpften gestresst mit winzigen, angeklammerten Jungtieren durch das betriebsame Getümmel.
Einige Äffchen hatten lange rote Bleistifte. Sie benutzten sie nicht zum Zeichnen oder Schreiben. Sie rieben und fummelten erregt mit Fingern an ihrem Büromaterial herum. Ähnliche Reaktionen sah ich kürzlich wieder, als junge Leute ihre Smartphones, ebenfalls Büromaterial, befingerten.
Öfters steckten die Affen diese roten Dinger ihren Kollegen in den Hintern. Das war sehr interessant. Ich war ahnungslos. Anstatt mich aufzuklären, grunzte Grossvater grimmig:
„Komm, wir verziehen uns zu den Vögeln, da gibt es einen Papagei – der spricht.“

MonaAls ich im Dorf an den Reisfeldern ankam, klärten mich freundliche Frauen über den Umgang mit Eingeborenen auf. Dabei waren sie selbst Fremde in einer Retortensiedlung, eingewandert aus dem Grossraum Bangkok. Die meisten Lan Na Speisen behagten ihnen nicht. Es gibt Kräutlein, die stinken so, dass die Haare himmelwärts stehen, während die restlichen Organe welken und den Gesetzen der Schwerkraft folgen. Die Sprache der Alteingesessenen verstanden sie schlecht.
Gutgläubig hörte ich den wohlgemeinten Belehrungen zu. Ich döste meine Träume von fremdartig geformten, bunten Tempeln, heiligen Mönchen in gelben Roben, buddhistischer Reinheit der Herzen, von langhaarigen mandeläugigen sanften Verführerinnen und kräftig gewürzten Thai-Häppchen, eine Art Reisekatalog-Eintopf eben.

Es dauerte Jahre, bis ich mich selbst in einem Affenkäfig wiederfand, mit gekauften Orangen, aber eigenen bio Bananen im Garten.
Der Affenkäfig der Jugendzeit war Wahrheit. Das Affentheater im Dorf um Anstand, Sitte und Moral war ein falsches Spiel mit löchrigen Fassaden.
Das Rätsel um Gottheiten mit vierzig Armen löste sich, als ich mir eingestehen musste, ich verfüge nicht über genügend Hände, um all die dargebotenen sekundären und primären Geschlechtsteile läufiger Dorfkatzen zu stimulieren.

Abenteuerlustige Kollegen verprassten gleichzeitig ihr Unvermögen in schummrigen Trinkhallen und schäbigen Hotelzimmern mit professionellen Dirnen. Vergeblich versuchten sie, mich zu schalem Bier und schlüpfrigen Vergnügungen in die Stadt zu schleppen.
Ich war zu faul, in der Stadt zweifelhaftem, öffentlich angebotenem, lackiertem Fleisch in Mogelpackungen nachzuhängen. Speziell darum, weil mich vernachlässigte Dorfschöne besuchten und mir in meiner Einsamkeit reichlich Trost und Liebe spendeten. Dabei bildete ich mir nie ein, die Mandelschlitzäugigen besuchten mich bloss, wegen meinen strahlend blauen Augen.

Fortsetzung folgt