Ein gewisses Verständnis für die Wahl eines hochheiligen Ortes zwecks Ordination und anschliessender Beförderung, weit weg vom Fussvolk der Kinder-Mönche Bangkoks, kann ich als Rentner aufbringen.
Menschen, die über Leben und Wirken des Siddharta Gautama informiert sind, vielleicht Hermann Hesse (1) gelesen haben – und eine gewisse Bewunderung, eventuell Verehrung empfinden, könnten sich durch Bodhgaya abgestossen fühlen. Buddha lehrte Einfachheit und Verzicht. Von all dem ist in Bodhgaya nichts zu spüren.
Die prunkvolle Stätte liegt in einem der ärmsten, zugleich überbevölkerten Gebiete Indiens. Bihar hat mit über 100 Millionen Einwohnern eine Analphabeten Rate von fast 40 Prozent. 83 Prozent der Einwohner Bihars sind Hindus. Eine größere Minderheit von Muslimen macht 17 Prozent der Bevölkerung aus. Die übrigen Religionen, inklusive Buddhisten, sind mit einem Anteil von 0,3 Prozent kaum präsent.
Bihar ist äußerst dicht besiedelt. Auf einem Quadratkilometer leben durchschnittlich 1‘102 Bewohner. Das erklärt, warum gewisse Hygiene-Probleme vorhanden sind.
Die pro Tag gebildete und ausgeschiedene Stuhlmenge variiert von Mensch zu Mensch. Sie hängt von der Ernährung ab. 100 bis 500 Gramm pro Tag sind als physiologisch anzusehen. Kleinere Mengen findet man bei schlackenarmer Kost wie Fastfood, größere bei zellulose- und ballaststoffreicher Ernährung von Vegetariern. Bei einem Mittelwert von bloss 250 Gramm, fallen pro Tag allein in Bihar 25‘000 Tonnen Kot an. Anders gerechnet ergibt das bei 1100 Menschen je Quadratkilometer täglich 275 Kilogramm pro Flächeneinheit.
Indische Linsengerichte wie Dhal, (2) können sich bei Belastung durch Bakterien, speziell Salmonellen, teilweise wie Expresszüge durch die Eingeweide bewegen. Sanitäre Einrichtungen sind Mangelware, vergleiche: https://hinterindien.com/2013/01/03/inder-besitzen-mehr-handys-als-toiletten/. (3) Im armen Bihar dürften Handys und Smartphones nicht sehr verbreitet sein. Bedürfnisanstalten gibt es noch weniger. Daher kann es vorkommen, dass durch die unmittelbare Verrichtung der Notdurft an unvermuteten Stellen, Tretminen für die Allgemeinheit gesetzt werden. Lawinenartige Verbreitung von Darmerkrankungen sind dadurch programmiert.
Nitish Kumar ist ein indischer Politiker, Mitglied der Janata Dal Partei. Seit November 2005 ist er Chef Minister von Bihar. Ihm bereiten nicht nur fehlende Toiletten Kopfschmerzen.
Ihre Hoheit, Thailands Königin Sirikit, möchte 100 Kilogramm Gold nach Bodh Gaya spenden, um dort eine einzigartige Kuppel über dem buddhistischen Tempel zu errichten.
Aber Bihars Chef Minister hat Angst vor der Annahme dieses glitzernden Geschenks. Nitish befürchtet, dass ein Tempel mit einer goldenen Kuppel Probleme in der heiligen Stadt schaffen könnte, weil es schwierig würde, die Struktur ausreichend zu bewachen.
Deshalb antwortete Bihars Regierung noch nicht auf den königlichen Vorschlag aus Thailand, der bereits vor sechs Monaten unterbreitet wurde.
(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Siddhartha_(Hesse)
(2) http://www.chefkoch.de/rs/s0/indische+linsengerichte/Rezepte.html
(3) http://www.tagesspiegel.de/zeitung/klos-fuer-indien-heldin-der-hygiene/6220210.html