Ein Zeitgemäss aromatisierter, schiefhängender Haussegen

Warum die Luftfeuchtigkeit in Satun geringer ist als in Chiang Mai begreift man rasch. Der Wind bläst zu neunundneunzig Prozent vom Südchinesischen Meer Richtung Andamanensee. Die hundert Kilometer über Land fressen allfällig hohe Feuchtigkeit weg. Die gemessene Feuchtigkeit im Haus liegt zwischen angenehmen fünfzig bis sechzig Prozent. Es fehlt nur noch ein Kohlekraftwerk im Raum Songkhla. Dann würden sich die Feinstaubwerte den Werten in Chiang Mai automatisch angleichen. Von der Andamanensee dagegen stammen unsere frischen Fische und Meeresfrüchte.

Dick bemerkte das Preisgefälle für getrocknete Garnelen. In Satun kostet ein Kilogramm ungefähr hundertvierzig Baht, während man in Chiang Mai fast das Zehnfache bezahlt. Sie kaufte getrocknete Goong und sandte sie per Post gewinnbringend in den Norden. Der Nachschub in Satun war beschränkt und stotterte.
Die Volksbefreiungsarmee ging unzimperlich mit den alteingesessenen Fischerfamilien um. Die uniformierten Würdenträger behaupteten, die Meerestiere würden durch die Fischer dezimiert. Sie beschlagnahmten Boote. Sie zerstörten einfache Garnelentrockner. Diese Fischer liefern ihre bescheidenen Erträge nicht in industrielle Tierfutterfabriken.
Menschen in Thailand, inklusive Buddhisten, haben bekanntlich nie genug. Dick überlegte kurz, wenn sie die Dinger selbst trocknen würde, könnte sie noch mehr Baht generieren. Sie übersah das kleine Problem beim Trocknen. Von einem Kilogramm verdunsten siebenhundertfünfzig Gramm unter Abgabe von Garnelendampf.

Ich war gegen eine Fischfabrik mit Geruchsbelästigung im Wohnhaus. Sie liess meine Einwände nicht gelten und brachte von Märkten Kiloweise Goong ins Haus. Wir sind nicht verheiratet. Meine Empfehlungen sind unverbindlich. Ich konnte sie dazu überreden, wenigstens die Kocherei vor dem Haus auszuüben.
Davonlaufen kann ich als Rollstuhlfahrer nicht. Hie und da mag ich einen bunt gemischten Crevetten-Cocktail mit schönen grossen Tieren. Dick brachte zwecks hoher Rendite, nur Kleinzeug ins Haus. Es roch so gewaltig, dass ich längere Zeit auf die Delikatessen verzichten kann. Sie gab zu, dass unsere Kühlboxe für Getränke während Reisen und sogar das Auto streng nach Goong riechen. Sie zeigte die Einsicht, dass bei einem Verkaufspreis von tausend Baht, kein grosses Geschäft winkt. Aber die Qualität, meinte Dick, sei unübertrefflich. Der Geruch auch, erwiderte ich.

Tip: Bei einem Todesfall liesse sich allfälliger Leichengeruch mit Garnelengeschmack oder Sambal Belacang, Malaysia – Singapur, ausmerzen. „When toasting belacan, be sure to open the windows and turn on the range hood or kitchen exhaust fan. The scent can be a little funky if trapped in the house. I usually toast my belacanin the summer when I can open the windows. A little peppermint and eucalyptus oil in a small candle lamp diffuser helps freshen up the place very effectively after the toasting.”

https://www.malaysianchinesekitchen.com/sambal-belacan/

Sturmwarnungen für den Süden

Gestern kamen Warnungen aus Bangkok für fünf Tage. Wie üblich ignorieren wir sie, denn sie betreffen die Ostküste. (1) Wenn die Wetterfrösche in Satun hie und da die Fenster öffnen würden, könnten sie ihre Falschmeldungen korrigieren. Aber die sitzen dösend an ihren Bildschirmen und sehen sich alles andere als Wetterkurven an.
Vor wenigen Wochen herrschten Sturmböen. Die Fernsehantennen krachten von den Dächern. Für das Betreten der Gärten empfahlen sich Schutzhelme. Die staatlich honorierten Spezialisten schwiegen dazu. Antennen
Die besten Wetterprognosen liefert von mir aus gesehen: http://www.yr.no/sted/Thailand/Satun/Satun/time_for_time.html

Das Wetter hielt uns nicht davon ab, weiter nach einem Tisch oder Tischblatt zu suchen.
Fast an der Grenze zur Provinz Songkhla betrat Dick einen Möbelladen. Ich äugte vom Wagen aus ins Geschäft. Das Gesehene riss mich nicht aus dem Sitz. Der Eingang in das Geschäft schien für Rollstuhlbenutzer lebensgefährlich. Wie transportieren die Arbeiter ohne Rampe schwere Möbel in diesen Raum?
Auf der Rückfahrt erzählte Dick Märchen. Da sei ein Tisch aus Rosenholz, zwei Meter lang, ein Meter breit. Zusammen mit den Stühlen koste das Ganze bloss zwanzigtausend Baht, inklusive Hauslieferung. Rosenholz, zu dem Preis – unmöglich. Das Holz ist sehr hart, schwierig zum Bearbeiten. Nageln und Schrauben geht nicht.

Ein Fabrikant in Hat Yai sollte uns ein Angebot machen. Ich will kein Rosenholz. Wir könnten die Tischbeine mit unseren bescheidenen Möglichkeiten nicht befestigen.
Dann erhielt Dick einen Telefonanruf der Sekretärin aus Hat Yai. Die Dame verlangte 45‘000 Baht für Teak. Ausgeschlossen. Am Tag darauf telefonierte Dick mit dem Chef. Er wollte für ein unbehandeltes Tischblatt von 5 x 100 x 150 Zentimetern 9‘600 Baht. Das schien vernünftig. Wir machten eine Anzahlung von 3‘000 Baht. Dann klingelte das Telefon jede Stunde. Bis um 15 Uhr kletterte der Preis auf 26‘000 Baht. Dick reiste in den Laden und verlangte die Anzahlung zurück.

Am nächsten Tag fuhren wir nach Westen ins Geschäft an der Grenze der Provinz. Dick dachte, ich kaufe die Rosenholz Möbel unbesichtigt. Hätte ich einen Schnaps gehabt, hätte ich mir am Eingang des Geschäfts Mut angetrunken.
Der beschwerliche Aufstieg mit vier Helfern rettete 20‘000 Baht und ich ersparte mir täglichen Ärger beim Anblick des Plunders. Die Stühle waren hässliche Geschwüre im Stil des satunschen Frühbarocks, entwickelt von schielenden und besoffenen Wegelagerern und Landstreichern. Das Holz war teilweise mit Lack bekleckert, teilweise beschmiert, nicht mit Pinseln, sondern offensichtlich mit Buttermessern aufgetragen.

Das Tischblatt war so zusammengefügt, dass in einigen Wochen exzellente Wohnquartiere für Insekten aller Arten und Grössen entstehen würden. Es war nicht zwölf Zentimeter dick, sondern schien durch einen schlecht angebauten Rahmen derart massiv. Alles war mit einer dicken, rötlichen, teilweise bereits leicht verkratzten Lackschicht überzogen. Ein kurzer Blick von unten zeigte die genagelte und geschraubte Wahrheit: Monkeypod, Regenbaum! (2)
Diesem Sturm – waren es Dummheit, Lügen oder Betrug – entkam ich erfolgreich.

(1) http://www.wochenblitz.com/nachrichten/bangkok/72188
(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Regenbaum

Umzug in die Kaulquappen-Lagune

Schlagartig wich unsere Freude am Fischtrog ernsthafter Besorgnis. Eine Mückenfarm vor dem Wohnzimmer wollten wir wegen Dengue- und Malaria-Gefahr nicht.
Dick hatte die Idee, die Dollar-Haie abzuwerten und sie positiv denkend, in der Kaulquappen-Lagune anzusiedeln. Gemeint war damit die zukünftige Unterkunft in den Zementröhren. Für die Umquartierung benötigten wir dringend Netze.
Wir fuhren in die Stadt und hielten vergeblich Ausschau. Kurz vor dem Abbruch unserer Bemühungen entdeckten wir auf den Treppen einer Bankfiliale prall gefüllte Beutel und Flaschen mit einzelnen bunten Kampffischen einer Fischhändlerin aus Songkhla. Sie arbeitete jeweils am Samstag in Satun.
Um unser Karma zu verbessern, stellten wir das Fahrzeug auf den gesegneten Grund von Wat Chanathipchaloem und pilgerten den Weg zur von Buddha persönlich gesandten Fischfachfrau. Natürlich bot sie ebenfalls kleine Netze an.

Im Fischtrog errichteten wir in der Nähe des bevorzugten Versteckes unserer nächtlichen Fleischfresser ein Mäuerchen aus Backstein. Danach pumpten wir fast die Hälfte des Wassers ab. Dick war im Umgang mit den Netzen sehr geschickt und erfolgreich.
Nach kurzer Zeit genossen die etwa fünfzehn Zentimeter langen Fische als Willkommensapéro erste Kaulquappen in der Lagune.
Wir füllten im Trog das Wasser wieder auf, entfernten die Mauer und setzten dann behutsam einige neue Zahnkarpfen, Guppy, aus. (6)
Das Verhalten der Fische im Trog änderte sich von hektisch auf beschaulich, als die Lebensgefahr beseitigt war.
In der Kaulquappen Lagune dagegen versuchten einige junge Frösche über die Wände zu entkommen. Seitdem die Chitala Ornata dort leben, laichten keine Frösche mehr, oder die Fische verzehrten spurlos Laich samt Fröschen. Nun müssen wir Futter importieren. Aber die Fische sind nicht wählerisch. Sie verschlingen auch Schnecken und Würmer.

Die Trilogie zeigt eindrücklich, wie kompliziert das einfache Leben in Thailand ist.
Die Wasserhyazinthe wurde als Problemfall am Fernsehen gezeigt. Niemand, ausser Betroffene, kümmern sich darum – und wenn – geschieht es auf bewährte, traditionelle Weise. Man schmeisst das Unkraut aus dem eigenen Teich in den des Nachbarn. Gleichzeitig befischt man sich dort für die Morgengabe!

Beim Einrichten eines Aquariums gilt, sich mit dem Lebensraum und den Eigenschaften der gewählten Fische vertraut zu machen, ist reine Zeitverschwendung und Luxus. Wenn die einen Fische andere auffressen, ist das ein Schauspiel ähnlich wie Thai Boxen. Wie viele Fische pro Liter Wasser Platz finden, wird in der Regel nur durch das Einkommen bestimmt.
Diese Denkweise gilt ebenfalls betreffend Familie, Mia Noi – das sind Nebenfrauen, Liebhaber triebgesteuerter aufgetakelter Fregatten, für technische Geräte wie Fernseher, Smartphones und Automobile. In zehn Jahren las ausser mir niemand die Beschreibung unseres Fahrzeuges, denn Verkehrsmittel funktionieren ohne all den Papierkram wie Ausweise und Versicherungen – oder fragen sie den sechs jährigen Verkehrsexperten mit Moped, nachdem er eine Alte, die nicht auswich, mit einem komplizierten Hüftgelenkbruch beglückte.
Die leidende Verunfallte hätte nun Zeit, eingehend das Wachstumsverhalten von Wasser-Hyazinthen zu beobachten und darüber einen detaillierten Report zu Handen des NCPO, National Council for Peace and Order, zu verfassen.

(6) http://de.wikipedia.org/wiki/Lebendgeb%C3%A4rende_Zahnkarpfen

Trojanische Pferde im Fischtrog II

Fischtrog WegweiserErste Fischlein fingen wir in den durch rücksichtslose Bauarbeiten übel zugerichteten Rinnsalen am Ta Li Klai. Dann holte die Vermieterin von einem Nachbarn einen Wasser-Schöpfer voller lebendgebärenden Guppys. (2) Es ist ein wundervoller Anblick, wenn ein knapp vier Zentimeter kurzes Fischweibchen mehrere Jungtiere ins Wasser setzt. Diese Fische hatten durch jahrelange Inzucht Grösse und Farben verloren. Abhilfe und frisches Blut sollten meines Erachtens einige Guppy aus einer Fisch-Handlung bringen.

Den optimalen Fisch-Besatz stellte ich mir mit zusätzlichen Gurami vor. (3) Die dekorativen Gurami sind einheimische Fadenfische. Sie sind durch ihr Labyrinth-Atmungsorgan an warmes, sauerstoffarmes Wasser gewöhnt. Es gibt sie in allen Spielarten und Grössen, bis zum riesigen Speisefisch. Berühmt sind die küssenden Gurami. Am aggressivsten sind die farbenprächtigen kleinen Kampffische. Ich wünschte blau marmorierte Fische zwecks Farbe, blassrote und silbrige Fadenfische, jugendlich schwarz gestreift, zum späteren Verspeisen.
Wir suchten während Tagen ein Geschäft mit Zierfischen. In Satun gibt es keine Aquarienhandlung. Man nimmt ein Netz und holt sich den Bedarf im nächsten Gewässer. Das einzige verfügbare Netz im Haus war das Stromnetz.

Der wohlwollende Gemahl der Vermieterin überreichte Dick auf dem Markt einige Plastiksäcke mit Fischen aus Hat Yai. Als sie mir die Geschenke präsentierte, murmelte ich: „Zu viele Tiere! Das Wasser wird grün. Wir haben keine Filter.“
Der erste Beutel enthielt einen farbenfreudigen, vielversprechenden Schwarm von Guppy. Im zweiten Behälter schwammen durch den Transport erblasste blau marmorierte Fadenfische. Ein Quartett junger Speisegurami war im nächsten Sack.
„Zu viele Fische für die paar Kubikmeter“, dachte ich. Ich sah den letzten Behälter und erbleichte. Da war ein Pärchen „Tausend Dollar“ Fische, Chitala Ornata. Gute Nacht! (4,5)
Chitala Ornata, Pla Klaey, sind scheue, schuppenlose Fische. Sie leben in den Gewässern Thailands und einiger Nachbarländer. Der Name „Tausend Dollar“ stammt möglicherweise von den eingeprägten Nullen auf dem schlanken Körper. Die Tiere verstecken sich während des Tages. In der Dämmerung und in der Nacht werden sie aktiv, das heisst, sie jagen und fressen alles, was ins Maul passt. Die Tierlein wachsen schnell bis zu einer Länge von einem Meter. Das Gewicht liegt dann bei sechs Kilogramm. Mit der Grösse dieser Fische nimmt deren Appetit zu.
Zum Schutz der Guppy und Fadenfische fütterten wir zusätzlich Kaulquappen aus dem Garten. Frösche legen täglich Eier in Pfützen von zwei Zementröhren. Dennoch schwänzten eines Morgens bereits etwa die Hälfte der Guppy den Frühstücksapell. Einen Tag später konnte man die Überlebenden an einer Hand abzählen. In wenigen Tagen würden Guppys zum Vertilgen der Mückenlarven fehlen. Wenn die Fadenfische nicht schnell genug wachsen, werden sie selbst zu Fischfutter. Diese „Tausend Dollar“ Fische sollten Vegetarier imitieren und sich von Wasser-Hyazinthen ernähren. Dann wären gleichzeitig mehrere Probleme gelöst.
Bitte schenken sie uns keine Fische oder nur in Form tiefgefrorener, panierter Dorsch-Filets, dazu ein bekömmliches Fläschchen Lebertran – AOC, selbstverständlich.

(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Guppy
(3) http://de.wikipedia.org/wiki/Fadenfische
(4) http://de.wikipedia.org/wiki/Tausenddollarfisch
(5) https://hinterindien.com/2012/08/20/kein-fischerlatein/