Das Unkraut der Superlative, die Dickstielige Wasserhyazinthe

Wasserhyazinthen im Fischtrog Diese Wasserhyazinthen, Eichhornia, stammen ursprünglich aus dem Amazonasgebiet in Brasilien. Um 1880 kultivierten europäische „Experten“ das Unkraut als Zierpflanze! Sie siedelten ihr Produkt auf der Insel Java an. Der wissenschaftliche Gattungsname Eichhornia ehrt den ehemaligen preußischen Kultusminister Johann Albrecht Friedrich von Eichhorn (1779–1856).

Als König Rama V., Chulalongkorn, 1901 Java besuchte, erfreute ihn die blaue Blütenpracht. Er brachte Wasserhyazinthen, Eichhornia crassipes, unter dem Namen Phak Tob Chava nach Thailand. Zwecks schnellerer Verbreitung wurde sie wohl auch gestohlen.
Bereits nach wenigen Jahren entpuppten sich die Pflänzchen als rasch wachsende Wucherpflanze. Als invasiver Neophyt verdrängt sie einheimische Gewächse. Sie verstopft Klongs und weitere Gewässer. Die Hyazinthe entzieht anderen Wasserpflanzen das Licht. Sie sterben ab. Im Wasser fehlt der Sauerstoff. Fische, Schildkröten, sowie zahlreiche Lebewesen verenden als Folge des gestörten biologischen Gleichgewichts. Dafür vermehren sich Stechmücken um so erfolgreicher.

König Rama VI. erkannte die Gefahr. Schon 1913 erliess er eine Verordnung, Wasserhyazinthen seien Schädlinge, gemeines Unkraut und müssten bekämpft werden.
Zahlreiche Anweisungen und Gesetze, sogar die einfachsten Regeln des Buddhismus (1) werden kaum befolgt. Eine spezielle Lachnummer ist die Helmtragpflicht für Motorradfahrer. In den südlichen Unruheprovinzen sind Helme verboten.

Die königliche Verordnung von 1913 dürfte längst vergessen sein. In Satun wuchsen die dicksten Hyazinthen-Teppiche auf Gewässern neben staatlichen Gebäuden und Amtsstellen.
Pro Tag erzeugt diese Pflanze drei bis vier Ableger. Das ergibt im Monat hundertzwanzig Ableger. In zwei Wochen verdoppelt sich der Platzbedarf. Einzigartig positiv ist, dass Wasser-Hyazinthen angeblich metallische Schadstoffe und Ölfilme absorbieren können. Nur müssten nach fünf Monaten ältere Pflanzen entfernt werden. Sonst sterben sie ab und verunreinigen dadurch das Wasser erneut.

Viele Länder sind von der Plage betroffen. Dummheit ermöglichte sie. In Afrika ist der Viktoria See stark verkrautet. Die schwimmenden Pflanzen behindern die Schiffahrt im Hafen von Kisumu. Äthiopiens Gewässer leiden unter dem Unkraut.
In Asien verbreiteten sich Wasser-Hyazinthen in mehreren Ländern. Im Tonle Sap in Kambodscha gedeiht Eichhornia crassipes bestens.

Die Alarmglocken läuteten bei mir, als mir Dick in Satun gleich zwei verschiedene Sorten Eichhornia für den Fischtrog brachte. Aber nur die dickstielige Hyazinthe ist invasiv aggressiv.
Beim Abendessen Ende Februar am Mae Tha Chin strömten Hyazinthen faszinierend endlos Richtung Meer. Als Stunden später die Flut einsetzte, floss das versammelte, vergammelnde Unkraut stromaufwärts.

Die Kamera der Filmemacherin lag im Zimmer. Deshalb dokumentierte die zweite Garnitur die treibenden Hyazinthen mit drittklassigem Material, dem Zenfone, in der Dämmerung durch die Glasscheiben des Restaurants.
Die Qualität der Aufnahme ist entsprechend bescheiden, vermittelt dennoch einen Eindruck der Naturkatastrophe. Wie beständig der Pflanzenteppich war, zeigte ein von Wasser-Hyazinthen eingefangener, im grünen Gewimmel mitschwimmender, ausserordentlich stabil gebauter Kratong, denn Loy Krathong wurde am 6. November 2014 gefeiert.

(Video) https://www.youtube.com/watch?v=olcDwLrDw6c

(1) http://www.buddhanet.net/e-learning/budethics.htm
(t) http://de.wikipedia.org/wiki/Wasserhyazinthen
(t) http://de.wikipedia.org/wiki/Dickstielige_Wasserhyazinthe
(t) http://www.onlinezeitung24.de/article/4999
Meine neueren Beiträge zur Wasserhyazinthe
(b) https://hinterindien.com/2015/05/08/wolkenbruche-wohnungsnot-und-gesang/
(b) https://hinterindien.com/2015/04/18/umzug-in-die-kaulquappen-lagune/
(b) https://hinterindien.com/2015/04/15/trojanische-pferde-im-fischtrog-ii/
(b) https://hinterindien.com/2015/04/12/trojanische-pferde-im-fischtrog/
(b) https://hinterindien.com/2015/03/03/wahrnehmungsunfahigkeiten/

Wolkenbrüche, Wohnungsnot und Gesang

Tropische Regenfälle sind spektakulär. In Nordthailand, im Dorf am letzten Reisfeld warnen stürmische Windstösse vor bevorstehenden Schauern. Alte, oft stark geschminkte Weiber versuchen dann, herumwirbelnde Wäschestücke zu retten, während bösartige Böen bunte Röcke schamlos anheben. Sogar wenig betagte Säufer bemerken nichts von allem und starren teilnahmslos in ihre Schnapsgläser oder auf die Glasfronten der Fernseher.
Plötzlich prasselt der Regen. Während Minuten weigern sich heisse Dächer und asphaltierte Flächen nass zu werden. Das zischt und dampft zusätzlich wie Wasser auf heissen Herdplatten. Doch dann siegen die Fluten. Es kommt vor, dass die Teiche überlaufen. Unsere Fische weiden wie Kühe im Garten unter Sträuchern und im Gras.

Aussergewöhnlich starke Regenfälle erlebten wir erst in Langkawi und im Haus in Satun. Die Gewalt des Wassers ist mächtig. Sie lässt jede Sprache verstummen. Die Blitze jagen sich, der Donner kracht. Es trommelt auf den Dächern. Die relative Luft-Feuchtigkeit im Haus steigt schnell auf achtzig Prozent. Zeitungen kleben an Armen und Händen. Falschgeld-Drucker wie ich, müssen pausieren. Das gesamte Wirtschaftsleben erlahmt. Keiner besucht Kneipen.
Nur die Fische wandern aus ihren überbevölkerten, mit Wasser-Hyazinthen verstopften Rinnsalen und Teichen. Die Tiere suchen neue Gewässer. Beim ersten grossen Regen trafen wir auf Strassen und in Gärten zahlreiche Kletterfische, Anabas testudineus. (1) Wasser-Hyazinthe
Nach der zweiten Sintflut besuchte Dick den Markt in Klong Khut. Sie kaufte Grünzeug und einen Fisch. Während des Rückmarsches von ungefähr hundertfünfzig Metern erfolgte ein weiterer Wolkenbruch. Sie sah im Wasser am Strassenrand einen Fisch von etwa einem Kilogramm. Er kämpfte um sein Leben. Motorradfahrer sahen das Tier in der Dämmerung nicht. Dick fing den Fisch von Hand und brachte ihn in einem Plastik-Beutel nach Hause. Die Beute einer Nachbarin waren vierzig Fische. Sie bot das Fleisch in ihrem Restaurant an.

Ums Haus quakten wie gewohnt die Frösche. Da setzte zusätzlich in der linken Ecke ein Bass einen Akzent. Nur Sekunden später erfolgte die Antwort eines gewaltigen Basses von rechts. Aus der Mitte, jenseits der Mauer, erschallte für drei Sekunden ein Kontra A. (2) Der erste Bass hatte Spass und wiederholte seinen Beitrag. Die Runde quakte wechselnd munter weiter. Jenseits der Mauer warteten hunderte von teilnehmenden Sängern. Die Lautstärke wurde überwältigend. Sie übertraf die Schlusstakte eines grossen Symphoniekonzerts. (3) Die meisten Frösche arbeiteten bis Sonnenaufgang. Dann wurde es ruhig, bis zur Nacht des nächsten Wolkenbruchs. Mit voller Lautstärke gab der Chor der Bassisten seine Anwesenheit bekannt.
Ich erwog den Ankauf von Ohrenpfropfen, um in Zukunft ruhig schlafen zu können. Nach einem weiteren kräftigen Regenguss blieb in der dritten Nacht der Chor stumm. Die Mitglieder waren inzwischen wohl alle verheiratet, mit häuslichen Pflichten beschäftigt und durften nicht in den Ausgang.

(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Kletterfische_und_Buschfische
(2) https://www.youtube.com/watch?v=iNKSEctlLfs
(3) https://www.youtube.com/watch?v=GvyJZoqzw-8

(mp3)

Die Aufnahme mit einem Smartphone enttäuschte mich. Die Höhen sind überbewertet. Die Bässe fehlen. Zur Korrektur fehlte mir ein leistungsfähiger Equalizer.

Umzug in die Kaulquappen-Lagune

Schlagartig wich unsere Freude am Fischtrog ernsthafter Besorgnis. Eine Mückenfarm vor dem Wohnzimmer wollten wir wegen Dengue- und Malaria-Gefahr nicht.
Dick hatte die Idee, die Dollar-Haie abzuwerten und sie positiv denkend, in der Kaulquappen-Lagune anzusiedeln. Gemeint war damit die zukünftige Unterkunft in den Zementröhren. Für die Umquartierung benötigten wir dringend Netze.
Wir fuhren in die Stadt und hielten vergeblich Ausschau. Kurz vor dem Abbruch unserer Bemühungen entdeckten wir auf den Treppen einer Bankfiliale prall gefüllte Beutel und Flaschen mit einzelnen bunten Kampffischen einer Fischhändlerin aus Songkhla. Sie arbeitete jeweils am Samstag in Satun.
Um unser Karma zu verbessern, stellten wir das Fahrzeug auf den gesegneten Grund von Wat Chanathipchaloem und pilgerten den Weg zur von Buddha persönlich gesandten Fischfachfrau. Natürlich bot sie ebenfalls kleine Netze an.

Im Fischtrog errichteten wir in der Nähe des bevorzugten Versteckes unserer nächtlichen Fleischfresser ein Mäuerchen aus Backstein. Danach pumpten wir fast die Hälfte des Wassers ab. Dick war im Umgang mit den Netzen sehr geschickt und erfolgreich.
Nach kurzer Zeit genossen die etwa fünfzehn Zentimeter langen Fische als Willkommensapéro erste Kaulquappen in der Lagune.
Wir füllten im Trog das Wasser wieder auf, entfernten die Mauer und setzten dann behutsam einige neue Zahnkarpfen, Guppy, aus. (6)
Das Verhalten der Fische im Trog änderte sich von hektisch auf beschaulich, als die Lebensgefahr beseitigt war.
In der Kaulquappen Lagune dagegen versuchten einige junge Frösche über die Wände zu entkommen. Seitdem die Chitala Ornata dort leben, laichten keine Frösche mehr, oder die Fische verzehrten spurlos Laich samt Fröschen. Nun müssen wir Futter importieren. Aber die Fische sind nicht wählerisch. Sie verschlingen auch Schnecken und Würmer.

Die Trilogie zeigt eindrücklich, wie kompliziert das einfache Leben in Thailand ist.
Die Wasserhyazinthe wurde als Problemfall am Fernsehen gezeigt. Niemand, ausser Betroffene, kümmern sich darum – und wenn – geschieht es auf bewährte, traditionelle Weise. Man schmeisst das Unkraut aus dem eigenen Teich in den des Nachbarn. Gleichzeitig befischt man sich dort für die Morgengabe!

Beim Einrichten eines Aquariums gilt, sich mit dem Lebensraum und den Eigenschaften der gewählten Fische vertraut zu machen, ist reine Zeitverschwendung und Luxus. Wenn die einen Fische andere auffressen, ist das ein Schauspiel ähnlich wie Thai Boxen. Wie viele Fische pro Liter Wasser Platz finden, wird in der Regel nur durch das Einkommen bestimmt.
Diese Denkweise gilt ebenfalls betreffend Familie, Mia Noi – das sind Nebenfrauen, Liebhaber triebgesteuerter aufgetakelter Fregatten, für technische Geräte wie Fernseher, Smartphones und Automobile. In zehn Jahren las ausser mir niemand die Beschreibung unseres Fahrzeuges, denn Verkehrsmittel funktionieren ohne all den Papierkram wie Ausweise und Versicherungen – oder fragen sie den sechs jährigen Verkehrsexperten mit Moped, nachdem er eine Alte, die nicht auswich, mit einem komplizierten Hüftgelenkbruch beglückte.
Die leidende Verunfallte hätte nun Zeit, eingehend das Wachstumsverhalten von Wasser-Hyazinthen zu beobachten und darüber einen detaillierten Report zu Handen des NCPO, National Council for Peace and Order, zu verfassen.

(6) http://de.wikipedia.org/wiki/Lebendgeb%C3%A4rende_Zahnkarpfen

Trojanische Pferde im Fischtrog

Trotz oder wegen des grassierenden Irrsinns erfreuten wir uns in Lanna Land an den beiden Teichen im Garten und ihren Bewohnern, Pflanzen und Tieren. Hie und da bereicherte ein frischer Fisch unsere Speisekarte.
In Satun errichtete man ausserhalb des Wohnzimmers einen L-förmigen Trog, der eigentlich als Zierbecken mit Springbrunnen und Lichteffekten dienen sollte. Das Gebilde leckte und soff mehr Wasser, als die Wasserpumpe liefern konnte. Reparieren wollte es keiner. Der Trog war deshalb mit Kitsch aus Ton und Kunststoff gefüllt, ein veritables südthailändisches Krempelarium.
Zur Reduktion der nachmittäglichen Hitzeeinstrahlung ins Wohnzimmer wäre ein mit Wasser gefüllter Trog weit wirksamer gewesen, als die ausserordentliche Sammlung von pseudo-exotischem Kitsch.
Ich beharrte bei der Vermieterin auf einer Reparatur und drohte, bei der nächsten Rechnung in Zahlungsverzug zu geraten. Meine Aussage bekräftigten wir dadurch, indem wir fleissig Mietshäuser in der Umgebung besichtigten.
Gezwungenermassen investierte sie in Zeit, Zement und Silikon. Das Werk wurde zusehends dichter, von GPM, Gallonen pro Minute auf LPS, Liter pro Stunde.

Eines Tages begeisterte ich meine Mitbewohner zu einer biologischen Exkursion zum Flussgebiet des Affenfelsens. Wir packten Säcke, Eimer und Töpfe in den Wagen. leider vergassen wir Werkzeuge wie Pickel und Schaufeln. in wenigen Minuten reisten wir an den Ta Li Klai. Die Landschaft hatte sich dramatisch verändert. ta li klai Der Fluss wird von hier an in ein enges Betonkorsett gezwängt. Trotzdem fanden wir im Morast schöne, einheimische Pflanzen. Drei Personen arbeiteten zu Hause dann während Tagen. Mowgli wusch Sand. Sogar die Vermieterin zeigte ihr Interesse und wirkte mit. Der Trog wurde systematisch begrünt. Die Königin der Seerosen, Buah Luang ist vetreten. Ein kleines, extrem wachstumsfreudiges gelbes Röschen bildet täglich Blätter und Blüten. Schilf gedeiht. Als Sauerstofflieferanten dienen wenige Triebe Wasserpest. Dick brachte eine schwimmende Pflanze mit hübschen blauen Blüten. Neugierig fragte ich nach dem Namen: „Wasserorchidee!“ Trog
Es war die berüchtigte Wasser-Hyazinthe. Einst aus Brasilien importiert, verstopft das Unkraut nun im ganzen Land die Gewässer. Sie verdoppelt ihren Lebensraum innerhalb von zwei Wochen. Ein halbvoller Teich ist vierzehn Tage später zugewachsen. Dann sterben die erdrückten, vom Licht abgeschotteten Wasserpflanzen, ebenso die Fische an Sauerstoff-Mangel. Ich sah im März am Mae Tha Chin, Provinz Nakhon Pathom, wie eine grüne Flut unzähliger Wasser- Hyazinthen die gesamte Oberfläche besetzte und stundenlang Richtung Meer strömte. (1)
(1) https://hinterindien.com/2015/03/03/wahrnehmungsunfahigkeiten/

Fortsetzung folgt