Drogen, Glücksspiele, Lügen, Sex

Als der Mann besoffen in einem Gebüsch Hinterindiens eine schmuddelige Bäuerin schwängerte, verschwendete er wohl kaum einen Gedanken darüber, was er gerade zeugte. Das Hirn leidet bei Erektionen meist an Blutmangel. Doch nach der Statistik zu schliessen, war es eher unwahrscheinlich, dass er eine wissenschaftliche Koryphae, eventuell Nobelpreisträger, gezeugt hatte.
Mehr als zwanzig Jahre später bereicherte das Zeugungsprodukt durch sein Verhalten im Dorf meine Geschichten.
Dick vermittelte der Frau, sie lebte mit einem ihrer Söhne zusammen, Arbeit bei der Personenkontrolle im Flughafen.
Das mausarme Mädchen aus einem abgelegenen Bauerndorf verdiente mit seriöser Tätigkeit plötzlich viel Geld! In einem einzigen Monat mehr, als die Eltern in einem ganzen Jahr zur Verfügung hatten.
Aber die Frau wurde vergiftet vom Geruch des Geldes, süchtig nach weit mehr. Angestellte des Flughafens fahren jede Woche ins goldene Dreieck. Selten wegen Opium und synthetischen Drogen. Auf burmesischem Boden steht ein Casino, eine berühmt-berüchtigte Spielhölle. Dorthin bringen sie ihr leicht verdientes Geld, habgierig nach unendlichem Gewinn.

Eines Abends nahm Dicks Sohn einen Anruf entgegen:
„Liebster, ich komme heute leider nicht nach Hause. Ich übernehme eine weitere Schicht. Danach haben wir wichtige Besprechungen.“

Der junge Mann erhielt zuvor einen Hinweis auf eine bevorstehende Exkursion geldhungriger Angestellter. Er nahm ein altgedientes Fahrzeug und verfolgte den Minibus der Spielsüchtigen vom Flughafen bis ins Casino in Burma.

Thais rechnen nicht. Sie lernten es nie. Deshalb gab es im Casino kein halten, als die mitgebrachten Summen verspielt waren. Wozu gibt es Pfandleiher? Nach ihrer Rückkehr versetzte die Spielerin ihren Brautschmuck und ohne Rückfrage an den Besitzer – meine ehemalige Kamera samt Gummi und weiterer Linse. Er bemerkte es schmerzhaft, schwieg und verreiste darauf.
Nach einigen Wochen kehrte er gutgelaunt, frühmorgens zurück. Es war sehr kühl im winterlichen Chiang Mai. Er drängte rasch ins Haus. Ihm wurde extrem kalt, als er seine Lebensgefährtin mit einem Kerl im warmen Bett fand. Er schwieg, ging und verabschiedete sich ohne weitere Erklärungen von seiner Mutter. Wir vermissten ihn.

Die junge Frau äusserte sich bald, sie möchte ihren Wurzelmann zurück haben. Es sei ja eigentlich nichts geschehen. Kamera und Schmuck seien wieder im Hause. Der Beischläfer sei bloss ein harmloser Ladyboy gewesen. Das war im Juni 2013.

Die beiden rauften sich wieder zusammen. Die Frau fand einen neuen Arbeitgeber, weg vom Flughafen mit zahlreichen Exkursionen ins Spielcasino. Der Mann schnitzte oft im schattigen Garten des Gästehauses. Dick fand, die Leute sollten dort einziehen, weil immer wieder versucht wurde, ins möblierte, jedoch unbewohnte Gebäude einzubrechen.

Im letzten Sommer erkrankte der junge Mann. Mehrmals verreiste er ins Universitätsspital. Er besuchte uns öfters zwecks Rasenmähens oder zum Schneiden der Bäume. Er versuchte, seine Krankheit zu verheimlichen. Er hielt Gästehaus und Garten zu Dicks Zufriedenheit tadellos in Ordnung.
Die Lage änderte sich, als er vor einigen Wochen schwer krank ins Spital eintrat. Die niederschmetternde Diagnose; Krebs. Welche Art wissen wir nicht.

Seine Partnerin wechselte ihr Verhalten schlagartig. Sofort wurden der harmlose Ladyboy und einige seiner Kumpane Dauergäste in Dicks Haus. Es wurde zum Bordell und Drogentempel, Methamphetamine und Hanf, umfunktioniert. Der angebliche harmlose Ladyboy ist strammer Soldat. Er war es bereits vor drei Jahren, bei seiner ausserdienstlichen Tätigkeit als Bettflasche.

Zur Mittelbeschaffung für Drogen und das Zocken diente teilweise unser alter Wagen. Die Originalfelgen und Bereifung wurden durch Billigstangebote ersetzt. Reserverad, Werkzeuge, CD-Spieler und Radio fanden neue Besitzer.
Am 19. März wurde die Lady mit 36 Yaba Pillen beim Dealen im Dorf verhaftet. Sie wurde uns sogleich für 100‘000 Baht Kaution angeboten. Von unserer Seite bestand kein Interesse.
Die erzürnte Dame teilte darauf der Polizei mit, die ganze Familie sei Drogenabhängig. Dicks Reichtum und ihre Liegenschaften basierten auf Drogenhandel. Ihr Yaba hätte sie von Dicks Sohn.

Weitere Hintergrundinformationen in den Beiträgen:

https://hinterindien.com/2012/12/22/wurzeln/

https://hinterindien.com/2013/05/28/entwurzelt/

https://hinterindien.com/2013/05/31/wurzelterror/

Fortsetzung folgt

Arbeitslos – dank einträglicheren Geschäften

Dicks Bruder fährt in Chiang Mai einen Minibus. Die Wartezeiten auf Kundschaft sind länger, als die effektiven Fahrzeiten. Das Verhältnis Fahrzeug pro Kunde ist längst gestört, weil es zu wenig reisefreudige, vor allem depperte, Farang gibt. Wegen  Fahrzeugüberfluss, verbunden mit der in der Schule antrainierten Zahlenblindheit – Dyskalkulie, verdoppelte sich innerhalb von drei Monaten der Preis vom Flughafen nach Hangdong. Als wir unser Erstaunen darüber äusserten und bestätigten – wir möchten nicht mit einem Mini-Bus nach Chiang Rai, sondern mit einem Taxi nach Hangdong reisen, sagte die resolute Dame am Taxistand hilfreich, liebreizend und unfreundlich:
„Geld für das Fliegen haben die Leute. Nur für Taxis ist keines vorhanden.“ Sie verlor augenblicklich weitere Kunden. Gehören Taxibetriebe nun ebenfalls zu den tributpflichtigen Unternehmen, die Sch(m)utzgeld zahlen?
In Singapur wäre diese Angestellte postwendend gefeuert worden. Diskussionen um Fahrpreise gibt es nicht, Meter einschalten, fertig! In Malaysia fahren wir für denselben Betrag nicht zehn, sondern fünfzig Kilometer. Nachdem es in Bangkok gelang, den Fahrern den schwierigen Griff zum Meter einzuüben, wäre es endlich an der Zeit, in Chiang Mai dieses Verhalten zu kopieren.

Bruderherz bemühte sich dehalb um einen zusätzlichen Broterwerb. Die Aussage ist falsch. Hier isst man Reis, vor allem Klebreis. Das gesamte Geschäftsmodell Hinterindiens beruht auf Klebreis: Es sollte immer etwas kleben bleiben.
Er fand anständig bezahlte Arbeit bei einer Familie in der Nähe. Sie stellte konkurrenzlos dekorative Fliesen mit farbigen Motiven aus Zement her. Sogar Mowgli erhielt einen Anstellungsvertrag, weil er mit den Farben spielerisch neue Ideen entwickelte. Die Ware verkaufte sich zufriedenstellend. Für  weitere Geschäfte reiste der Chef angeblich einige Tage nach Hongkong.

Wir waren in Chiang Rai unterwegs. Währenddessen rief der Verwalter der Provinz Chiang Mai unseren Dorfobmann zu einer dringenden  Aussprache. Unwirsch teilte er ihm mit, seine vier selbst ausgesuchten Helfer seien alle in illegale Drogengeschäfte verwickelt. Das eine Gift hat viele Namen: Ice, Crystal, Meth, Yabaa, Crank, und N-Methylamphetamin.
Dem Obmann konnte kein fehlbares Verhalten nachgewiesen werden. Trotzdem wurde er des Amtes enthoben.  Unterdessen verhaftete die Polizei seine Mitarbeiter. Bei der Vernehmung stellte sich heraus, dass zwei Lieferanten des Stoffes im Dorf leben. Sie entzogen sich den Ordnungshütern, weil sie ihre Häuser – welch ein Zufall – bereits fluchtartig verlassen hatten.

Hotsprings, zwischen Chiang Rai und Chiang Mai

Hotsprings, zwischen Chiang Rai und Chiang Mai

Glücklicherweise kehrten wir am Dienstag zurück, sonst hätten wir uns als Abwesende in der Gerüchteküche ebenfalls verdächtig gemacht.

Offenbar verdiente der Fliesenproduzent trotz des guten Geschäftsganges nicht genug. Anhand der Liegenschaften und des Fahrzeugparkes war er gewiss kein Hungerleider. Kürzlich wurde er gefasst und abgeführt. Die Familie war ebenfalls in den Drogenhandel verwickelt. Seitdem sind mindestens zwei Personen arbeitslos.
Erstaunlich ist, wie ein so kleines Dorf sieben Händlern eine Geschäftsgrundlage bot. Wie viele Abhängige gibt es denn? Es wird klar, warum bereits Schulkinder mit Stoff vollgepumpt werden.
Warum kam es zu den Festnahmen? Grosshändler dulden keine Konkurrenz!

Lesen sie dazu: Einträgliche Geschäfte.
https://hinterindien.com/2013/02/18/eintragliche-geschafte/