Frittierter Transformator

Hier im milden Süden Thailands können die Einwohner kaum genug Kalorien zu sich nehmen. Deshalb wird alles stark gezuckert. Die Speisen, Fleisch jeder Art, Gemüse aller Gattungen, verschiedene Meeresfrüchte, werden in Fett und Oel schwimmend zubereitet. Damit all das Zeug richtig trieft und kräftigen Palmöl-Geschmack verbreitet, wird es zusätzlich paniert.
Eine weitere bekannte Zubereitungsart, besteht in den als Benzpyren-Schleudern konzipierten einheimischen, mit Holzkohle befeuerten, Grillgeräten. Die Holzkohle wird verbotenerweise aus Mangrovenholz hergestellt, während die See die ungeschützten Küstenlandschaften zernagt.
In Sonderangeboten verkaufen Grossmärkte in China gefertigte Elektrogrillgeräte, Stromfresser der Hochleistungs-Sonderklasse. Der Hit des Tages war: Beim Erwerb von zwei Geräten wird ein Drittes geschenkt.

Ich erklärte Dick, dass sie ihr Bügeleisen mit 2400 Watt Leistung und den Staubsauger mit 1600 Watt nicht an dieselben Steckdosen anschliessen könne. Die Sicherung würde die Stromlieferung sogleich unterbrechen. In diesem Land kennt man vor allem Wat, gleich Tempel. Der Ingenieur James Watt dagegen ist unbekannt.
Unsere Waschmaschine arbeitet an einer zusätzlichen Kabeldose mit Sicherung. Sie schaltet Ströme über 10 Ampere aus. Weil die Spannung am Netz zwischen 220 und 240 Volt schwankt, ist es möglich, dass die Sicherung beim sechzig Grad Waschprogramm und hoher Spannung ausschaltet. Das ist unangenehm, aber eher preisgünstig. Ein kurzer Blick auf mein Messgerät zeigt, ob die Spannung eher zu hoch ist.
In PhonPhat schwankte die Spannung zwischen 180 bis 240 Volt, mit zwei bis drei Totalausfällen pro Woche.

Ich sass in Satun im Raum, wo der Bügeltisch steht und betrachtete die Pflanzen im Garten. Einzelne Blätter erreichten eine Höhe von zweieinhalb Metern. Zahlreiche Schachteln sind dort gelagert, um Garantieausfälle zu verpacken und zurück zu senden. Dann roch ich es: Nachbarn frittierten einen Transformator. Von meinem Arbeitsort in Bern, war mir der Geruch vertraut. Schnell schaltete ich meine eigenen Elektronik-Einheiten aus. Es war eindeutig, der Gestank war importiert.

Noch am selben Abend lieferte mir Dick die Geschichte. Nachbarn benutzten eine Batterie von Grillgeräten. Die Isolationen der Leitungen in der Decke brannten. Die ganze Strom-Verteilerbox fing Feuer. Da musste zuvor ein sogenannter Fachmann, ein tüchtiger Spezialist, die Sicherungen überlistet haben, ganz ähnlich, wie die ihre Mopeds und andere Motoren frisieren.
Einzig den Grillgeräten passierte nichts. Die wurden nicht einmal heiss genug, um das Grillgut zu garen. Da war der Herr Professor Paul Scherrer an der ETH in Zürich vor sechzig Jahren wesentlich erfolgreicher. Mit zwei Kabeln, Bananensteckern und Krokodilklemmen, erhitzte er erfolgreich Würste an der Steckdose.
1-1510039421-18 Technisch ausgereifte, familienfreundliche Lösung!

https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Scherrer

Vergiftete Düfte und Träume

Warum verbrennt Low Zigaretten anstatt Räucherstäbchen? Beide Duftspender erzeugen Feinstaub. Zigaretten enthalten vorwiegend Tabak. Preisgünstige Räucherstäbchen in Thailand haben einen gefärbten, brennbaren Träger. Das duftspendende Material enthält Holzpulver, synthetische oder natürliche Glimmstoffe, Öle und Kleber. Räuchern von losem Räucherwerk auf Holzkohle oder Sieben ist aufwendig. Stäbchen sind einfacher anzuwenden. rattanakosin
Indische Räucherstäbchen werden durch Auftragen einer Paste aus Holzpulver, Harzen, Kräutern, Ölen, Wasser und Räucherwerk auf dünne Holzstäbe hergestellt. Preiswerte Räucherstäbchen enthalten synthetische Geruchsstoffe wie Moschus-Ambrette-Verbindungen. Die gesundheitliche Unbedenklichkeit ist nicht gesichert.

Die chinesischen Stäbchen werden oft „joss-sticks“ genannt. Es sind Glücks- und Schickssalsstäbchen. Sie dienen dazu, die Götter berechnenderweise gnädig zu stimmen.

Japanische Räucherstäbchen enthalten keine Trägerhölzchen. Die aus Wasser, Holzpulver und Duftstoffen hergestellte Paste, wird durch Düsen gepresst, geschnitten und getrocknet. Hochwertige Räucherstäbchen enthalten bis 20 Komponenten. Sie reifen mehrere Jahre lang.

Seit dem 7. Jahrhundert werden in Tibet Räucherstäbchen angefertigt. Sie enthalten Kräuter und werden von Hand gerollt. Die handgerollten Produkte ohne Trägerstäbchen sind sie wesentlich dicker und grobkörniger als die japanische Ware.

Der klassische Weihrauch ist das luftgetrocknete, teure Gummiharz, das in Muskat, Dhofar, Oman, aus dem Weihrauchbaum, Boswellia, gewonnen wird.

Das Abbrennen von Räucherstäbchen erhöht den Gehalt an Feinstaub. Krebserregende Stoffe wie Benzol und Formaldehyd werden freigesetzt. Der Rauch von Räucherstäbchen und anderem Räucherwerk kann mehr zellschädigende Substanzen enthalten als Tabakqualm. (2)
Ein im britischen Wissenschaftsmagazin New Scientist (Nr. 2302, S. 5) veröffentlichter Bericht erwähnte: in einem Tempel in Taiwan, in dem Räucherstäbchen abgebrannt werden, wurde eine 40fach höhere Konzentration krebserregender polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe als in Häusern von Rauchern gemessen. Eine dem Passivrauchen vergleichbare Gefährdung ist durch die Zusammensetzung des Rauches gegeben. Die gemessene Feinstaubbelastung in einer katholischen Kirche in Bayern entsprach der Belastung einer vielbefahrenen Straße oder einer verrauchten Kneipe. Ich will doch unsere Lan Na Hausgeister nicht vergiften!

Nach den Düften zu vergifteten Träumen.
Die Zahl der Crystal-Meth Abhängigen ist in der Stadt Neuenburg, Schweiz, am höchsten. Wie Untersuchungen der Universität Lausanne zeigten, wurden im Abwasser von Neuenburg 33.4 Milligramm gemessen. Zürich rangierte mit 21.8 Milligramm auf Platz zwei. Zürich weist dafür die höchsten Kokain Werte auf.
Ein Grund, warum die Droge im Welschland stark verbreitet ist, dürfte in den zahlreichen Thai Massagesalons zu suchen sein. Sie gelten als Umschlagplätze für die Thai-Pillen aus Metamphetamin. Einen ausführlichen Bericht brachte der Tagesanzeiger. (2)
Im Raum Chiang Mai oder Satun könnte der allgemeine Drogenmissbrauch schlecht nachgewiesen werden, weil es keine Abwassersammler gibt. Die ausgeschiedenen Stoffe gehen direkt in die Natur, sei es Boden oder Gewässer.

(1) http://www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Raeucherduft_ist_Krebs_erregend1771015585251.html
(2) http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/Neuenburg-ist-die-Hauptstadt-der-CrystalMethSuechtigen/story/22425146

Abwasserrohre

Hugo Loetscher wurde am 22. Dezember 1929 in Zürich geboren. 1964 wählte ihn die Weltwoche als Doktor der Literatur zum Redaktor des Feuilletons. Dies knapp ein Jahr nach dem Erscheinen seines Werkes «Abwässer – Ein Gutachten».
Herr Loetscher war kein Blogger. Seine Bücher sind auf echtes Papier gedruckt, verlegt von bedeutenden Häusern. Dennoch hatte Loetscher Probleme.
Dem Zürcher Germanistikprofessor Emil Staiger behagte zeitgenössische Literatur nicht. Staiger schrieb: «Wenn solche Dichter behaupten, die Kloake sei ein Bild der wahren Welt, Zuhälter, Dirnen und Säufer Repräsentanten der wahren, ungeschminkten Menschheit, so frage ich: In welchen Kreisen verkehren sie?»
Max Frisch, Manuel Gasser, François Bondy, Peter Bichsel und natürlich Hugo Loetscher selbst parierten den professoralen Angriff. Loetschers Wortmeldung fiel durch Sachlichkeit auf.

Meine Berichte stammen grösstenteils aus einem Land, wo das durchschnittliche Leben als Schau zelebriert wird, wo Uniformen, Hohlköpfe und Schminktöpfe einen höheren Stellenwert haben als Tugenden oder Moral. Professor Staiger würde sich Ärger ersparen und “Hinterindien“ mit Verachtung strafen, denn – in welchen Kreisen verkehrt der Autor?

Deshalb schreibe ich nicht über Abwässer, sondern über Abwasserrohre. Seit einigen Wochen wurden an der Hauptstrasse Wasserrohre verlegt. Mit welchem Zweck konnte ich nicht ergründen, weil die Leitung beim Strassenverkehrsamt weder einen definiert wichtigen Anfangspunkt, noch bei unserem Gässchen vorläufig ein sinnvolles Ende hat. Wahrscheinlich ist sie ein kleines Stück eines geplanten grossen Netzes.
Ich rechnete stündlich damit, dass uns jemand die Meldung übermittelt:
„In zwei Tagen oder morgen bleibt ihr Zugang zur Hauptstrasse wegen Leitungsbau gesperrt.“
Es gab keine Meldung, keine Signalisation oder Bauschranken, als am Samstag mit schweren Maschinen der Belag des Strässchens ohne jegliche Sorgfalt aufgerissen und auf Grundwassertiefe gegraben wurde. Vermessungsingenieure zeigten landesüblichen Umgang mit teurem Gerät. Kleinere Landschäden wurden mit Lächeln quittiert. Beachten sie bitte die farbig fröhlichen Schutzanzüge und die ultramodernen transparenten Helme.

Grabung
Grabung
Vermessungsingenieure, im Hintergrund Marktstände. Bei der Vermessung sah man, da sind echte Männer am Werk, Triangulation ist Nebensache. Die haben ihre Wasserrohre selbstverständlich jederzeit im Griff.
Vermessung
Genaue Markierung mit Spray und Messband
Markierung
Ramponierte Telefonkarten-Ladestation Ladestation

http://de.wikipedia.org/wiki/Hugo_Loetscher

Zürich – Singapur

Ich benötigte weder 105 Tage wie Fedor Jagor 1857, (1) noch 3 Tage mit Imperial Airways anno 1939, um die Strecke zu bewältigen. (2)
Eine Baustelle erschwerte in Zürich-Kloten den Zugang zum Check-in Nummer 2. Anstatt das Taxi vor dem Gebäude zu parkieren, brachte mich der Fahrer ins gegenüber liegende Parkhaus. Von dort ging es steil hinauf zur Strasse, über diese Strasse und danach ebenso steil hinunter. Ich schob meine Koffer in einem Caddy am Hang hoch und hatte leichte Probleme mit meinen Handgelenken.
Ein hilfsbereiter Mensch sah mich schieben. Er stellte seinen Wagen ab und half mir unaufgefordert bis zur Abfertigung. Noch vor zehn Uhr erreichte ich die Lounge.
Um mich auf die Bordverpflegung vorzubereiten, trank ich einen Pfefferminztee und kaute leise ein Gipfeli (Croissant ähnliches Gebäck der Helvetier).
Kurz nach elf Uhr erreichte ich die A380 der Singapore Airlines. Bevor ich mich über irgend etwas beschweren konnte, stand ein Glas Taittinger vor mir. Sekundengenau wurde die Maschine um 11 45 aufs Flugfeld bugsiert. Um 12 00 trat der Pilot voll aufs Gaspedal. Der Riesenvogel beschleunigte und hob ab. Danach kümmerte ich mich nur noch um Champagner, Chablis und die Verpflegung.

Vorspeise: Sate, (Satay) mit Zwiebeln, Gurke und Erdnuss Sauce.
Zwischengericht: Waldorfsalat mit Räucherlachs.
Hauptgericht: Lammkoteletts mit gefüllten Artischoken – Schinken, Ei und Sardellen,
kreiert von Carlo Cracco, Ristorante Cracco, Milano
oder: im Wok sautiertes Schweinefleisch mit Pilzen und gebratenem Reis.
oder: Gaeng Kiew Warn Kung, grüner Thai Curry,
oder: mit Spinat und Feta gefülltes Hähnchen mit Gnocci.
Dessert: Luzerner Mozarttorte. Ich wusste nicht, dass Mozart in Luzern Torten komponierte.
oder: Mövenpick Nuss-Ahornsirup Creme mit Orangencoulis
oder: Käse,
oder: Obstschale mit frischen Früchten,
Kaffe mit Konditorpralinen.

Anstelle von Wasser (Evian, Eau minérale naturelle), Bier oder Guiness gab es zum Trinken
Weissweine:
Champagner von Taittinger. Beim Flug in die Schweiz wurde zusätzlich Bollinger angeboten,
von Markus Molitor einen Riesling Kabinett Klosterberg 2012,
2 Chablis, einen von Jean Marc Brocard, Premier Cru de Vey 2011,
den anderen der Domäne William Fevre 2012.
Rotweine:
2010 Chateau Loudenne, Cru Bourgeois, Bordeaux,
2009 Marchesi de Frescobaldi, Tenuta di Castiglioni, Toscana IGT,
2009 Pago de los Capellanes, Ribero del Duero
und als Port: Taylors 10 year old tawny port.

Die gefüllten Artischocken alleine waren die Reise wert.
Speisen, trinken, schlucken und danach schreiben, dauerten fast fünf Stunden, geographisch bis in die Nähe von Mashhad in Persien.
Nach einem reichhaltigen Frühstück, Mitternacht Schweizerzeit – in Singapur um sechs Uhr früh, durften die Passagiere die Maschine verlassen. Zwei Stunden später sass ich bereits im Hotel in Johor Bahru, Malaysia.

(1) https://hinterindien.com/2014/03/10/hamburg-singapore-1857/
(2) https://hinterindien.com/2014/03/25/fruhe-flugreisen-nach-hinterindien/
(t) http://www.singaporeair.com/de_DE/flying-with-us/cuisinelanding/business/

Kühle Getränke in den Tropen

Ohne น้ำแข็ง, Nahm Kaeng, Ayer Batu, Es, Eis, kann man sich ein Leben in den Tropen nur schlecht vorstellen.
Im Artikel ‚Hamburg – Singapore 1857‘ (1) berichtete Fedor Jagor über seine Ankunft am Sonntag, den 27. September 1857 in Singapur:
Alles war so fremdartig, nicht eine europäische Kleidung war zu sehen, bevor wir das Gasthaus erreichten, wo wir den Abend mit Champagner, Chesterkäse und englischen Zeitungen beschlossen.“
Lange fragte ich mich, tranken die Reisenden den Champagner warm? Eine erste Kältemaschine war bereits 1851 patentiert worden. Leider war sie unbrauchbar.Bourbon11
Der Geschäftsmann Frederic Tudor begann 1806 in Neu England, USA, einen Eishandel. (2,3) Im Winter wurden Natureisblöcke aus Seen und Flüssen geschnitten und in riesigen Eishäusern gelagert. Seine Lieferungen im ersten Jahr betrugen nur 130 Tonnen. Am Höhepunkt des Handels um 1850 wurden von Tudors Firma jährlich über 140‘000 Tonnen Eis aus Massachusetts exportiert. Tudor verschiffte Eis von Boston in entfernte Häfen wie New Orleans, Charleston, Savannah, Calcutta, Singapore, Rio de Janeiro und in die ganze Karibik. Die Verluste auf dem Weg nach Kalkutta betrugen fünfzig Prozent. Von den anfänglichen Mengen konnten etwa ein Viertel verkauft werden. 1833 gelangten 90 Tonnen nach Kalkutta. Der Verkaufspreis betrug ungefähr 60 Baht für ein halbes Kilogramm Eis und ergab einen Profit von 253‘000 $.Bourbon12

Das Ende der Natureisexporte begann leise und unbemerkt 1851. Der Arzt und Erfinder John Gorrie aus Apalachicola in Florida, beantragte sein Patent für „die künstliche Herstellung von Eis.“
Seine unpraktische Kältemaschine konnte sich auf dem Markt jedoch nicht durchsetzen. Ein Franzose, Ferdinand Carré, entwickelte 1859 eine Ammoniak Kompressions-Kältemaschine. Sie produzierte pro Stunde 200 Kilogramm Eis.
Ab 1877 baute und vertrieb der Genfer Physiker Raoul Pictet Kältemaschinen. Pictet nahm als Sekretär des Schweizer Gesandten an der Eröffnung des Suez-Kanals 1869 teil. (4)
Dampfmaschinen trieben ab 1870 Apparate an, die zur Kompression der Gase von Kohlensäure, Schwefliger Säure oder Ammoniak benutzt wurden. Auf diese Weise erzeugte man Eis mit Kältemaschinen.
Hauptentwickler und Hersteller solcher Maschinen war die von Professor Carl von Linde geleitete Gesellschaft für Linde’s Eismaschinen AG. (5) Von Linde studierte ab 1861 in Zürich am 1855 gegründeten Polytechnikum, heute Eidgenössisch Technische Hochschule, ETH. Dort lehrte damals Rudolf Clausius, der Schöpfer des zweiten Hauptsatzes der Wärmelehre: ‘Wärme geht niemals von selbst von einem Körper niederer Temperatur zu einem Körper höherer Temperatur über‘.
Das merken alle, die lange vor einem kalten Getränk sitzen – man muss selbst Hand anlegen.
Das erste Eis in Bangkok produzierte um 1894 Lert Sreshthaputa, Nai Lert, alias Phraya Bhakdi Noraset. (6)
Durch die Eismaschinen entwickelten sich weltweit eigene Eis-Industrien. (7) Bis in die 1970er Jahre wurden Europas Kaschemmen noch teilweise mit Stangeneis beliefert. Gleichzeitig erfolgte endgültig die breite Einführung von Klein-Kühlgeräten. Erst sie ermöglichten ein komfortables Leben in den Tropen.

(1) http://wp.me/p2ljyL-1kL
(2) http://en.wikipedia.org/wiki/Ice_trade
(3) http://www.accountingin.com/accounting-historians-journal/volume-11-number-1/planning-and-control-in-the-19th-century-ice-trade/
(4) http://wp.me/p2ljyL-1lm
(5) http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_von_Linde
(6) http://en.wikipedia.org/wiki/Nai_Lert
(7) http://de.wikipedia.org/wiki/Eisfabrik

Reisewege nach Singapur

An einem trüben, nasskalten Wintertag Ende 1949, stand Professor Parkinson mit Schirm, Koffer und Melone in Londons Nebel auf der Strasse. Er war unterwegs nach Singapur, in die berühmte Raffles Universität. Ob er als Marinehistoriker eine mehrwöchige Seereise durch den Sues-Kanal nach Britisch-Malaya unternehmen durfte, oder ob er sich die Seekrankheit in wenigen Tagen in der Luft holte, ist mir nicht bekannt.
Ich weiss nur, wie er nicht reiste: mit dem Fahrrad.
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Ein junger Angestellter der schweizerischen diplomatischen Vertretung in Singapur trat seine Stelle in den 1960er Jahren per Fahrrad an. Er reiste über die Türkei, Pakistan und Indien in sechs Monaten, teils pedalend, von Zürich nach Löwenstadt. Für angehende Diplomaten ist Radfahren eine inspirierende Quelle. Gut schmieren, nach oben buckeln, nach unten treten!
Derzeitige Radler von Europa nach Südostasien verfassten bereits mehrere Berichte. (1)

Im Gegensatz zu heute war der Flugverkehr in den frühen 1950 er Jahren nicht sehr populär. Flugzeuge wurden von Propellern angetrieben. Druckkabinen waren rar. Flugreisen waren laut und wetterbedingt holprig. Häufige Zwischenlandungen zwecks Tanken verlängerten die Reisen. Fliegen war teuer. Nicht jeder konnte sich das verlockende Vergnügen leisten.
Wer das nötige Kleingeld hatte, buchte einen Sitzplatz bei BOAC. (2) Der Flugplan vom August 1952 nach Australien mit BA 704 und einer Maschine des Typs Canadair Argonaut, zeigte: (3)

London 0930 Day 1
Zurich 1200/1300
Beirut 2130
….Nightstop
Beirut 0945 Day 2
Karachi 2030/2300
Calcutta 0530/0645 Day 3
Singapore 1545
….Nightstop
Singapore 0800 Day 4
Jakarta 1030/1130
Darwin 2000/2245
Sydney 0700 Day 5 BOAC_C-4_Argonaut_Heathrow_1954 Der Landeplatz war Singapur-Kallang. (4) Der 1937 eröffnete Flughafen war eine Augenweide. Er bot beides, lange Piste für rollende Maschinen und Ankerplätze für Flugboote. Ein einziges, geniales Abfertigungsgebäude diente dem gesamten Luftverkehr. Ab 1955 wurde Kallang durch den internationalen Flughafen Paya Lebar ersetzt.
Die Alternative: BA 780

London 2130 Tu
Rome 0150/0250 We
Cairo 0930/1030 We
Basra 1600/1700 We
Karachi 0035/0235 Th
Delhi 0650/0750 Th
Calcutta 1140/1240 Th
Rangoon 1645 Th
…. nightstop
Rangoon 0800 Fr
Bangkok 1025/1125 Fr
Singapore 1600 Fr

1953 führte BOAC am 3. April Verbindungen mit einem vielversprechenden Jet namens Comet nach Tokio ein. Die Reisezeit verkürzte sich damit von 86 auf 33 Stunden. Das Unternehmen blieb von schweren Rückschlägen nicht verschont. 1954 explodierten am 10. Januar und am 8. April zwei COMET Jets in der Luft. Minutiöse Untersuchungen zeigten Materialermüdung an den Tragflächen. Die Comet Flotte blieb nach den Unfällen am Boden.

1959 nahmen Queensland and Northern Territory Aerial Services, QANTAS, den neuen Boeing Jet 707 in Betrieb. Diese Maschine war schneller als alles, beförderte mehr Passagiere und flog über turbulentem Wetter. Qantas wurde bereits am 16. November 1920 in Winton, Queensland von Paul McGinness, Hudson Fysh, Fergus McMaster und Arthur Baird, gegründet. (5) 2013 feierte Qantas den Beginn der Flugbootverbindungen
mit Singapur vor 75 Jahren.

Seitdem wurde der Luftverkehr nur noch schneller, komfortabler und preisgünstiger. Es gibt selbst-kasteiende Reisende mit fast pseudoreligiösem Hintergrund. Anstelle eines komfortablen Nonstop-Fluges, oder arschaufreibenden Tretens auf einem Sattel, suchen die Herrschaften geistige Selbstverstümmelung. Ihre Warterei ist Heldentum. Sie sind ahnungslos, dass vor Jahrzenten eine Flugreise nach Singapur annähernd eine Woche dauerte.
Wir alle leiden natürlich mit den plattfüssigen Schreiberlingen und unterbelichteten Verfassern von Reiseblogs. Sie fliegen unter dem Motto, Geiz ist grausam, über die Emirate. Pro eingesparten Euro gibt es eine Stunde Aufenthalt. Diese Zeit wird dazu benutzt, exotisch arabische Speisen wie Hamburger und amerikanische Pizza zu verschlingen. Die unter Strapazen schmachtenden, von Verstopfungen geplagten Wesen werden danach in den diversen Metropolen Hinterindiens abgesetzt. Nach Erholungsphasen von einigen Wochen starten sie ihre ganz individuellen Abenteuer gemäss Standard-Reiseführer. Den Rest dürfen sie in hunderten sich ähnelnden Blogs nachlesen.
„Unsere Reise geht so schnell und dauert gleichzeitig so lang, daß ich gar nicht mehr weiß, worüber ich berichten soll.“ (t)

(1) http://www.trittumtritt.com/2013/03/schweiz-singapur-17509-km-per-velo-wir.html
(1) http://uni.de/redaktion/Mit+dem+Rad+nach+Singapur
(2) http://en.wikipedia.org/wiki/British_Overseas_Airways_Corporation
(2) http://www.britishairways.com/travel/history-1950-1959/public/en_gb#
(2) http://forum.keypublishing.com/showthread.php?107572-1950-s-Archive-Part-11-BOAC
(3) http://de.wikipedia.org/wiki/Canadair_North_Star
(4) http://en.wikipedia.org/wiki/Kallang_Airport
(5) http://en.wikipedia.org/wiki/History_of_Qantas
(5) http://www.qantas.com.au/travel/airlines/history-jet-age/global/en
(t) http://wp.me/p2ljyL-1jO
(flugrevue) http://www.flugrevue.de/zivilluftfahrt/airlines/qantas-feiert-den-beginn-der-flugbootverbindung-nach-singapur-vor-75-jahren/518740
Filme:
(f) http://www.youtube.com/watch?v=WHU6X29z-xw BOAC promo film
(f) http://www.youtube.com/watch?v=6H2ol6SY3Ts Flying boats document
(f) http://www.youtube.com/watch?v=lIcltyMwJRg Flugboot Sunderland