In fernes, unbekanntes Land

Mowgli verbrachte die ersten Lebensjahre bei verschiedenen Onkeln und Tanten in einer Art Dämmerzustand im wilden Osten der Provinz Phitsanulok. Unter Ausnahme von tristem Fernsehgeflimmer aus uralten, mit Spinnweben dekorierten Kästen und dem Bangen um die nächste Mahlzeit, gab es ausser dem weit entfernten Dorftempel, wenig Erbauliches.
Später trugen die Lehrer in der Schule stets wohlgefüllte Flachmänner in sämtlichen Taschen und Täschchen. Die Pädagogen stanken gegen den Wind nach Fusel. Sie kümmerten sich kaum um die Kinder. Die durften tagelang aus Heften und Büchern abschreiben. Die älteren Bengel verlustierten sich am Quälen der Kleinen. Sie stahlen ihre Mahlzeiten, oder dekorierten ihr Essen mit Ungeziefer und Schmutz. Die Autoritäten sahen stillschweigend zu, bis eines Tages bemerkbar Teller fehlten, weil damit missbräuchlich Frisbee gespielt wurde. Mowgli verpetzte die hirnlose Bande.

Es war die Chance seines Lebens, als der Knabe nach Chiang Mai kam. Die Tagesabläufe waren weniger chaotisch. Er hatte plötzlich Menschen um sich, die sich um ihn kümmerten und gleichzeitig zur Selbstverantwortung erzogen. Er ging in HangDong gerne zur Schule und lernte meistens zufriedenstellend.
Er entgleiste einige Male, teils selbst verschuldet, teils durch fiese Ratschläge bosärtig-dummer Mitmenschen. Er schaffte den steinigen, mit Hindernissen gespickten Weg, vom ausgebeuteten Dorftrottel am Rande des Niemandslandes, wo früher Kommunisten den Regierungstruppen Schlachten lieferten, zum Klassenersten. Ehrlich gesagt, Mowgli ist keine Leuchte am Firmament des Wissens. Aber er war weniger faul als alle seine Kameraden und löste sogar Hausaufgaben.

So viel Einsatz musste belohnt werden. Schon aus dem Grund, weil ich mit meinen angeschlagenen Gelenken von Prügelstrafen absehen musste. Von Nordthailand kommend, kaum in Satun angekommen, luden wir ihn zum Verbringen seiner Ferien ein. Bereits zwei Tage später sollte er den ersten Flug seines Lebens, von Chiang Mai nach Hat Yai, geniessen. Danach reiste er mit einem Minibus nach Satun. Am nächsten Tag lernte er weitere, bisher unbekannte Verkehrsmittel kennen, die Fähren von Satun nach Langkawi.
Offiziere von Polizei und Militär liessen aus Sicherheitsgründen die Passagiere warten. Im Maschinenraum des ersten Bootes aus Kuah fanden sie eine Pfütze mit Dieselöl oder Dieseltreibstoff. Das sei lebensgefährlich, entschieden die Herren mit den schneidigen Mützen und Reihen bunter Orden an der Brust. Die Reisenden müssten auf das nächste Schiff warten. Und sie warteten. Hafeneinfahrt Satun
Diese Fähre legte in Tammalong endlich an. Unzählige Passagiere, die meisten Einheimischen mit reichlich Schmuggelware eingedeckt, zwei junge Frauen schleppten über vierzig Gepäckstücke – Koffer, Schachteln, Ballen, Säcke – verliessen gemächlich das Boot.
Danach inspizierten die vereinigten thailändischen Offiziere das malaysische Schnellboot, aus einem eng befreundeten Nachbarland, ferner Mitglied der ASEAN. Die Experten entdeckten mehr Öllachen als im ersten Boot. Sie diskutierten lange über Sicherheitsfragen und die Explosions- und Brandgefahr von Dieselöl.
Die Herren entschieden, das erste Boot sei weniger gefährlich. Wir Passagiere durften
nach über zwei Stunden herumsitzen endlich an Bord. Diesel kann unter Umständen als Schmiermittel verwendet werden.
Eine Woche später bemerkten wir auf der Rückreise, dieses Diesel-Dussel-Spiel wird munter weiter betrieben. Fähren von Thai Eigentümern gelten als sicher und müssen nicht kontrolliert werden.

http://de.wikipedia.org/wiki/Dieselkraftstoff

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